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Wir laden Sie herzlich ein, mit uns über zentrale Herausforderungen aber auch Chancen für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands und Europas zu diskutieren. Angesichts derzeit stagnierender Wachstumsraten und neuer globaler Dynamiken stellt sich die Frage, wie wir wirtschaftliche Innovation und Stabilität zurückgewinnen können. Im Mittelpunkt steht dabei – wie gewohnt – der Arbeitsmarkt: Welche Reformen sind notwendig, um Beschäftigung, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern?

Der rapide technologische Wandel – von Künstlicher Intelligenz bis hin zu CO2-freien Energien – bietet die Chance auf erhebliche Produktivitätssteigerungen und damit mittel- und langfristig auf Wohlstandsgewinne. Grundsätzlich sind Deutschland und Europa hierfür gut aufgestellt. Voraussetzung für eine positive Entwicklung ist allerdings, dass sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene grundlegende wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Weichen gestellt werden.

Wie diese aussehen sollen, möchten wir mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft diskutieren.

Das Problem ist sattsam bekannt: Demografie-bedingt verlassen viel mehr Ältere den Arbeitsmarkt, als jüngere Jahrgänge nachrücken. Müssen wir also, wie einige fordern, noch länger arbeiten, um die Sozialsysteme zu stabilisieren und einem drohenden Arbeitskräftemangel zu begegnen? Brauchen wir in Wahrheit die Rente mit 70 statt mit 67? Müssen wir die abschlagsfreie Rente mit 63 für langjährig Versicherte wieder abschaffen? Andere warnen vor den sozialen und gesundheitlichen Folgen einer solchen Politik. Viele Beschäftigte, so das Argument, könnten gar nicht länger arbeiten, der gern bemühte Dachdecker lässt grüßen! Für diese Menschen sei ein höheres Rentenalter nichts anderes als eine verkappte Rentenkürzung. Was also tun? Welche Wege lassen sich finden, damit Beschäftigte tatsächlich länger arbeiten können und wollen? Und wie lassen sich Großkonzerne in Krisenzeiten davon abhalten, einen Teil ihrer älteren Belegschaft – häufig mit deren Einverständnis – in Frührente zu schicken? Und wie lässt sich eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit so realisieren, dass soziale Härten vermieden werden? Diesen Fragen wollen wir mit Fachleuten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft auf den Grund gehen.

Deutschlands Industriestärke steht vor neuen Herausforderungen: Billige Energiequellen schwinden, Chinas Wirtschaft schwächelt, und globale Transformationen drängen.

Energiewende, Mobilitätswende, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz – die Herausforderungen sind gewaltig. Die digitale und ökologische Transformation setzt Staat und Unternehmen unter massiven Anpassungsdruck. Die Zeit drängt – auch weil Deutschland bei vielen Entwicklungen um Jahre zurückliegt, etwa beim Ausbau der regenerativen Energieerzeugung oder der Digitalisierung von Schulen und Behörden. Zugleich fehlen uns in einer alternden Gesellschaft vielfach die Fachkräfte, die Windräder und Wärmepumpen aufstellen und bürokratische Abläufe digitalisieren sollen. Die Bundesregierung kann die Rahmenbedingungen verbessern, aber die Transformation kann letztlich immer nur vor Ort gelingen. Was dabei oft übersehen wird: Die Erfolgsvoraussetzungen für die digitale und ökologische Transformation sind von Region zu Region sehr unterschiedlich: So differieren etwa die Wirtschaftsstruktur und die kommunale Finanzkraft je nach Region erheblich.

Hinzu kommt: Auch durch Unterschiede in der Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials, veränderte Wertschöpfungsketten und Strukturwandel werden die wirtschaftlichen Potenziale zwischen den Regionen neu verteilt. Demnach ist jede Region in ganz unterschiedlicher Weise mit den Chancen und Risiken der Transformation konfrontiert. Resultieren daraus auch unterschiedliche regionale Anpassungsstrategien? Wie effektiv ist regionale Wirtschaftsförderung? Und führen die Transformationsprozesse im Ergebnis dazu, dass der Abstand zwischen strukturstarken und strukturschwachen Regionen weiter wächst - oder sogar verringert werden kann? Kann es etwa eine Stadt wie Nürnberg schaffen, sich im Schatten der Boomregion München als räumlicher Innovationspol zu profilieren? Diese Fragen wollen wir mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutieren. 

Deutschlands Industriestärke steht vor neuen Herausforderungen: Billige Energiequellen schwinden, Chinas Wirtschaft schwächelt, und globale Transformationen drängen.

Deutschlands industrielle Basis galt jahrzehntelang als Wohlstandsgarant und verhalf dem Land zu dauerhaft hohen Exportüberschüssen und zahlreichen gut bezahlten Industriearbeitsplätzen. Verglichen mit vielen anderen Ländern entfällt hierzulande noch immer ein überproportional großer Anteil der Wertschöpfung auf das Verarbeitende Gewerbe. Offen ist, ob dies auch in Zukunft in gleichem Maße der Fall sein wird.

Über Jahrzehnte hinweg profitierte die deutsche Industrie von billiger Energie aus Russland und vom stetig wachsenden Export von Kraftfahrzeugen und hochwertigen Industriegütern für den boomenden chinesischen Markt. Doch die Zeiten billiger Energie sind vorerst vorbei, und Chinas Wirtschaft kommt nur schwer aus der Talsohle. Zugleich muss sich Europa für geopolitische Krisen stärker wappnen und die starke Abhängigkeit von Importen bestimmter Rohstoffe und Produkte reduzieren, was vielfach zu höheren Kosten führt. Schlechte Nachrichten für die deutsche Industrie, die gerade erst begonnen hatte, sich von den Nachwehen der Corona-Krise in Gestalt teils dramatischer Lieferengpässe zu erholen. Auch die zunehmenden protektionistischen Tendenzen im Welthandel setzen der deutschen Industrie zu. Nicht zuletzt droht hier ein internationaler Subventionswettlauf. So hat US-Präsident Biden mit dem „Inflation Reduction Act“ das größte Klimaschutzprogramm der US-Geschichte auf den Weg gebracht. Zugleich machen die dortigen Energiekosten nur einen Bruchteil der deutschen aus. Mithin droht Deutschland ein Exodus energieintensiver Teile der Industrie. Überdies steht Deutschland vor der doppelten Herausforderung der digitalen und ökologischen Transformation. Auch da drohen Teile der hiesigen Industrie ins Hintertreffen zu geraten. Beispiel Elektroautos, wo Tesla, aber auch chinesische Hersteller der deutschen Autoindustrie wachsende Marktanteile abjagen. Deutschlands Industrie, so scheint es, verliert rapide an Wettbewerbsfähigkeit.

Angesichts dieser Gemengelage wird der Ruf nach dem Staat immer lauter. Ohne eine staatliche Industriepolitik, so das Argument, drohten ganze Wirtschaftszweige aus Deutschland zu verschwinden. Vor diesem Hintergrund wird in der Politik etwa die Einführung eines stark subventionierten „Industriestrompreises“ diskutiert, mit dem energieintensive Betriebe solange unterstützt werden sollen, bis flächendeckend günstiger Strom aus regenerativen Energiequellen zur Verfügung steht. Kritiker hingegen befürchten eine höchst kostspielige und wenig effektive Dauersubvention. Ähnlich umstritten ist, ob der Staat Steuermilliarden in die Hand nehmen soll, um internationale Konzerne dazu zu bewegen, Produktionsstätten in Deutschland zu errichten. So bezuschusst der deutsche Staat den Bau einer Chipfabrik bei Magdeburg mit 10 Milliarden Euro. Doch während die einen diese Summe als gute Zukunftsinvestition für den Standort Deutschland betrachten, sehen die anderen darin eine Verschwendung öffentlicher Gelder. Unterm Strich, so das IW Halle, kostet jeder dort neu geschaffene Arbeitsplatz den Bund eine Million Euro. So stellt sich die generelle Frage, welche industriepolitische Strategie sinnvoll ist, um langfristig Wohlstand und Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.

Große Sozialreform, alter Wein in neuen Schläuchen, oder gar ein Rückschritt gegenüber der früheren Grundsicherung? Am sogenannten Bürgergeld scheiden sich die Geister.

Große Sozialreform, alter Wein in neuen Schläuchen, oder gar ein Rückschritt gegenüber der früheren Grundsicherung? Am sogenannten Bürgergeld scheiden sich noch immer die Geister. Union und Ampel hatten sich nach zähem Ringen auf die neue Leistung verständigt, die in wesentlichen Teilen zum 1.1.2023 in Kraft trat – und damit das bis zuletzt sehr umstrittene „Hartz IV“ ablöste. Während die Bundesregierung von „mehr Chancen und mehr Respekt“ spricht, stellen andere die bange Frage, ob sich Arbeiten für Geringverdienende überhaupt noch lohnt. Wieder anderen geht die Reform nicht weit genug, sie halten auch das Bürgergeld keineswegs für armutsfest. Dahinter stehen grundsätzlichere Fragen: Ist das Spannungsverhältnis zwischen Solidarität und Eigenverantwortung im neuen System richtig austariert? Und welches Menschenbild steht dahinter? Wichtige Fragen, die es zu diskutieren lohnt. Zugleich geht es darum, konkreten Verbesserungsbedarf bei einzelnen Elementen des neuen Bürgergelds auszuloten. Dies betrifft insbesondere die folgenden Neuerungen:  

  • Höherer Regelsatz
  • Vollständige Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe im ersten Jahr
  • Höheres Schonvermögen
  • Höhere Hinzuverdienstgrenzen
  • Kooperationsplan löst die bisherige Eingliederungsvereinbarung ab
  • Förderung der beruflichen Weiterbildung
  • Abschaffung des Vermittlungsvorrangs
  • Umfassendes Coaching
  • Lockerung der Sanktionen

Diese Aspekte wollen wir mit hochkarätigen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren.

Einführung

  • Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg

Podiumsgäste

  • Hermann Gröhe (MdB), Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • Peter Lysy, stellvertretender Leiter kda Bayern (Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt) und Pfarrer
  • Dr. Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin des Bereichs „Förder- und Geldleistungen“ in der Bundesagentur für Arbeit und ehemalige Geschäftsführerin des Jobcenters Dortmund
  • Prof. Dr. Ulrich Walwei, Vizedirektor des IAB und Honorarprofessor am Institut für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie der Universität Regensburg

Schlusswort

  • Prof. Bernd Fitzenberger, Ph.D., Direktor des IAB

Noch bis vor Kurzem erschien dies schwer vorstellbar: Im Mai 2022 erreichte die Inflationsrate in der Bundesrepublik mit fast 8 Prozent ein neues Allzeithoch. In Folge von Lieferengpässen und exorbitant gestiegenen Energiekosten klettern die Preise auf breiter Front und in bisher ungekanntem Tempo – eine grundlegende Trendumkehr, geschweige denn eine Rückkehr zu stabilen Preisen ist derzeit nicht in Sicht. Da die Löhne bislang mit der Teuerung nicht Schritt halten, sinken die Reallöhne deutlich. Im August taxierte das Statistische Bundesamt das Minus bei den Reallöhnen auf 4,4 Prozent. Viele Haushalte stehen im Winter vor der Frage, ob sie Ihre Strom- und Gasrechnung noch bezahlen können. Zugleich treibt die Inflation die Produktionskosten der Betriebe nach oben, was unter Umständen sogar die Existenz mancher Unternehmen und der dort angesiedelten Arbeitsplätze gefährdet. Damit bergen explodierende Preise gleichermaßen ökonomischen wie sozialpolitischen Sprengstoff.

Die Bundesregierung versucht – wie schon in der Corona-Krise – mit milliardenschweren Entlastungspaketen entgegenzusteuern. Doch sind diese selbst nicht unumstritten. Wer soll überhaupt entlastet werden? Nur die ärmeren Haushalte oder auch die viel beschworene „arbeitende Mitte“? Inwieweit bedürfen auch Unternehmen, deren Geschäftsmodell durch exorbitante Preissteigerungen bedroht ist, der staatlichen Unterstützung? Und sind die Entlastungspakete in ihrer Wirkung ausreichend oder braucht es dauerhafte Entlastungen, weil die Inflation auch in den kommenden Jahren hoch bleibt? Und wie sollen die Entlastungen gegenfinanziert werden? Braucht es doch Steuererhöhungen oder eine Lockerung der „Schuldenbremse“? Last but not least: Sind die Pakete geeignet, den Inflationsdruck zu mindern oder verschärfen sie diesen eher?

Fraglich ist auch, wie sich die Inflation perspektivisch auf den Arbeitsmarkt auswirkt – und umgekehrt. Droht uns eine Phase der Stagflation wie Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre – also eine Kombination aus hoher Inflation und stagnierendem Wachstum über mehrere Jahre hinweg? Wird es zu einer Pleitewelle kommen, die am Ende auch den Arbeitsmarkt in Mitleidenschaft zieht? Inwieweit soll die Europäische Zentralbank mit Zinserhöhungen reagieren – und damit möglicherweise auch eine Rezession in Kauf nehmen? Welche Rolle kommt den Tarifpartnern zu? Droht uns eine Lohn-Preis-Spirale, auch weil der Arbeitskräftemangel den Inflationsdruck zusätzlich befeuert? Oder erleben wir vielmehr eine Gewinn-Preis-Spirale, weil viele Unternehmen ihre Preise weit stärker erhöhen, als es der Anstieg ihrer Einkaufspreise rechtfertigt? Und wie kann eine neue Angebotspolitik am Arbeitsmarkt angesichts des Arbeitskräftemangels aussehen, welche dazu beiträgt, die Krise einzudämmen und die Reallöhne zu sichern?

Diese und weitere Fragen wollen wir mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitsverwaltung diskutieren. Die Veranstaltung wird von der Bundesagentur für Arbeit — unter Federführung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung — und der Stadt Nürnberg ausgerichtet.

Es ist eine Furcht, die nicht nur die Unternehmen umtreibt: Deutschland drohen auf breiter Front die Arbeitskräfte wegzubrechen. Schon jetzt herrschen in vielen Bereichen Engpässe. Mit 1,69 Millionen erreichte die Zahl der offenen Stellen bereits im vierten Quartal 2021 – also mitten in der Corona-Krise – ein Allzeithoch. Dabei steht uns die volle Wucht des demografischen Wandels erst noch bevor. Denn es gehen sehr viel mehr Ältere in Rente, als Jüngere nachrücken – eine Schere, die sich in den nächsten Jahren immer weiter öffnet. So umfasst der geburtenstärkste Jahrgang – 1964 – derzeit knapp 1,4 Millionen Menschen. Zum Vergleich: Bei den 2011 Geborenen, dem bislang geburtenschwächsten Jahrgang, sind es nur gut 700.000. „Wir werden vom demografischen Wandel überrollt“, fürchtet denn auch Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA). Zugleich braucht Deutschland mehr Fachkräfte denn je: So sollen in naher Zukunft Abertausende von Solardächern montiert, Windrädern aufgestellt und Wohnungen neu gebaut oder energetisch saniert werden. Wer soll Ältere und Kranke pflegen? Doch woher sollen all die Arbeitskräfte kommen? Die Klimawende – und nicht nur sie – droht am Personalmangel zu scheitern. Die Herausforderungen sind ebenso zahlreich wie schwierig: Wie können Ältere länger im Erwerbsleben gehalten werden? Wie schaffen wir es, dass Frauen ihre Arbeitszeit erhöhen? Wie lassen sich die vielen Langzeitarbeitslosen wieder in Lohn und Brot bringen? Wie kann Inklusion im Arbeitsmarkt verbessert werden? Doch selbst wenn all dies gelingen sollte – es wird nicht reichen. Es braucht deutlich mehr (qualifizierte) Zuwanderung als bisher, laut BA-Chef Detlef Scheele 400.000 mehr Zuzüge als Fortzüge – und dies jedes Jahr. Doch wie kann Deutschland mehr begehrte Arbeitskräfte aus dem Ausland anlocken, um die heimischen Lücken zu füllen? Hinzu kommt: Jahr für Jahr kehrte eine Million Menschen unserem Land den Rücken. Wie lassen sich diese Menschen dazu motivieren, in Deutschland zu bleiben? Diese und weitere Fragen wollen wir mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitsverwaltung diskutieren.

Das duale Ausbildungssystem, einst ein Aushängeschild der deutschen Wirtschaft, steckt in der Krise. Schon vor Corona drohte eine schleichende Auszehrung des Systems. Zum einen nimmt die Zahl junger Menschen aus demografischen Gründen bereits seit Jahren deutlich ab, zum anderen entscheiden sich immer mehr Jugendliche für ein Studium oder eine schulische statt für eine betriebliche Ausbildung. Schließlich gelingt es gerade junge Menschen aus sozial benachteiligten Familien häufig nicht, einen Ausbildungsabschluss zu erwerben.

Allerdings nahm angesichts zunehmender Fachkräfteengpässe in den letzten Jahren vor der Corona-Krise das Ausbildungsplatzangebot wieder zu – und damit das Problem unbesetzter Ausbildungsplätze.

Mit der Corona-Krise hat sich die Situation stark verändert. Das betriebliche Ausbildungsplatzangebot ging bis zum Frühjahr 2021 deutlich zurück, insbesondere in kleineren Betrieben. Auch wenn das Ausbildungsplatzangebot inzwischen wieder deutlich angestiegen ist, liegt es noch immer deutlich unter dem Vorkrisenniveau.

Noch dramatischer sind die bewerberseitigen Rückgänge seit Ausbruch der Pandemie. Die Zahl der im August gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber ging von 2019 bis 2021 um insgesamt 15 Prozent zurück. Auch kommen Angebot und Nachfrage vielfach nicht zusammen: Im Jahr 2020 ging die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Gleichzeitig nahm die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen zu. Besonders betroffen: das Handwerk – dem damit ein sich verschärfender Engpass an Fachkräften und in der Folge erhebliche Qualitätsverluste drohen.

Doch was tun? Konnte die von der Bundesregierung ausgelobte Ausbildungsprämie den coronabedingten Einbruch abfedern? Und wie können Ausbildungsberufe, auch finanziell, wieder attraktiver werden, ohne die betroffenen Betriebe zu überfordern? Braucht es „abgespeckte“ Ausbildungsberufe für leistungsschwächere Jugendliche? Muss die Berufsorientierung ausgebaut werden? Und droht ein Ausbildungsplatzmangel, wenn junge Menschen nach der Coronakrise wieder verstärkt auf den Ausbildungsmarkt drängen?

„Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.“ Mit diesen Worten kündigte Bundesfinanzminister Olaf Scholz Im Juni 2020 ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm an. Es war neben der massiven Ausweitung der Kurzarbeit eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Folgen der Corona-Krise für Wirtschaft und Arbeitsmarkt aufzufangen. Heute, im Frühjahr 2021, lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Wie effektiv waren die Hilfen tatsächlich? Sind sie überhaupt da angekommen, wo sie ankommen sollten? Waren sie vielleicht sogar kontraproduktiv, weil sie kranke Unternehmen künstlich am Leben erhalten haben? Und inwieweit ist es gelungen, die Beschäftigung zu stabilisieren und einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern? Wie gut konnten die am stärksten betroffenen Branchen und Gruppen, etwa Gastronomie, Einzelhandel und Solo-Selbstständige, geschützt werden? Wie gut hat das Ausbildungssystem die Krise bislang überstanden? Und wie wirkt sich der staatliche Geldsegen langfristig aus? Hat er Deutschland fitter gemacht für die doppelte Herausforderung der digitalen und ökologischen Transformation? Diese Fragen möchten wir mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Arbeitsverwaltung diskutieren.

Immer mehr Menschen sehen die soziale Marktwirtschaft durch Profitgier diskreditiert und verbinden unser Wirt­schaftssystem mit wachsender sozialer Spaltung, Klima­kollaps, Raubbau an der Natur und Ausbeutung der Drit­ten Welt. Der „Ehrbare Kaufmann“, so scheint es vielen, hat ausgedient. Grund genug, über eine neue Wirt­schaftsethik nachzudenken, die wieder den Menschen und seine Lebensgrundlagen in den Mittelpunkt stellt. Doch wie kann diese aussehen? Und wie kann sie verbindlich um­gesetzt werden? Darüber diskutierte eine hochkarätig besetzte Podiumsrunde bei den Nürnberger Gesprächen.