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Ein Blick zurück – aus der Geschichte des IAB

Gründung

Das IAB wurde am 1. April 1967 mit der Bestellung seines ersten Direktors, Dieter Mertens, gegründet. Einen Monat später nahm es mit der Einstellung der ersten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seine Arbeit auf. Für die Gründung des Instituts innerhalb der damaligen Bundesanstalt für Arbeit (BA) gab es zunächst keine gesetzliche Grundlage. Ausgelöst wurde die Gründung wesentlich, wenn nicht gar ausschließlich durch die kontroverse Automationsdebatte. Dabei ging es um den Zusammenhang von technischem Fortschritt und der wirtschaftlichen wie sozialen Entwicklung. Fachleute befürchteten damals beträchtliche Freisetzungen oder zumindest bisher nicht gekannte Brüche in Erwerbsbiographien infolge der voranschreitenden Automatisierung der Produktion. Mit der Gründung des IAB wollte die Bundesanstalt durch gut fundierte Forschungsergebnisse einen Beitrag zur Beantwortung von Fragen des strukturellen Wandels leisten.

Die BA-Spitze stellte deshalb bereits zum Jahreswechsel 1964/1965 konzeptionelle Vorüberlegungen an, die erstmals die Ziele und Möglichkeiten einer Arbeitsmarkt- und Berufsforschung thematisierten. Die Überlegungen mündeten in den Arbeitskreis „Strukturwandel der Wirtschaft“ mit namhaften Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Dieser Arbeitskreis entwickelte Vorschläge zu Aufgaben, Arbeitsweise und Organisation der Arbeitsmarktforschung. Diese wurden von der Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit, namentlich dem Ausschuss „Technischer Fortschritt und Arbeitsmarkt“, aufgegriffen. Der Ausschuss brachte dann Ende 1965 einen Arbeitsplan zur Errichtung des IAB auf den Weg. Erst vier Jahre später wurde die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als Aufgabe der Bundesanstalt im 1969 verabschiedeten Arbeitsförderungsgesetz verankert.

Die Gründung des IAB fiel in eine Zeit, in der die Politik bestrebt war, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen soweit wie möglich wissenschaftlich zu unterfüttern. Insbesondere die 1960er und frühen 1970er Jahre waren deshalb geprägt von Forschungsanstrengungen vieler Ressorts, was zum Entstehen zahlreicher wissenschaftlicher Einrichtungen führte. Zu nennen sind hier das Deutsche Jugendinstitut, das Bundesinstitut für Berufsbildung, das Deutsche Institut für Urbanistik oder auch das Institut für Bevölkerungswissenschaften beim Statistischen Bundesamt. Ein weiterer Ausdruck des Beratungsbedarfs von Politik war die Gründung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Entwicklung der Forschungsarbeit

In der frühen Gründungsphase stand – anders als heute – nicht eine breite Politikberatung im Vordergrund, sondern die Aufgabe, die Vermittlungs- und Beratungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit durch wissenschaftlich fundierte (Berufs-)Prognosen zu unterstützen. Jedoch wuchs schon bald die Bedeutung der Arbeitsmarktforschung. Nachträglich legitimiert wurde dies durch das Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Das Gesetz formulierte den Forschungsauftrag an das IAB umfassender als dies in der Bundesanstalt vorgesehen war. Arbeitsmarktforschung sollte danach das wissenschaftliche Fundament für den Einsatz arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen legen und zu deren Optimierung beitragen.

Um seinem Forschungsauftrag gerecht zu werden, richtete das IAB bereits Mitte 1967 Bereiche ein, die ein weites interdisziplinäres Spektrum umfassten – etwa Makroökonomie, Soziologie und Berufsforschung. Im Vordergrund stand seinerzeit die Projektion der kurzfristigen und langfristigen Arbeitsmarktentwicklung sowie die Frage nach den Ursachen der beobachteten Veränderungen national und international. Die Rolle der Technik im Produktionsprozess sowie der Qualifikationen und Berufe in der individuellen Arbeitsmarktintegration waren ebenfalls Gegenstand wichtiger Forschungsstränge.

Ein weiterer Schwerpunkt in den 1990er Jahren waren die makroökonomischen Politikanalysen mit dem sogenannten „Sysifo-Modell“. Darin wurden mit Hilfe von Simulationsrechnungen die Wirkungen politischer Maßnahmen auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene abgebildet. Im Ergebnis entstand ein „Strategiebündel für mehr Beschäftigung“, welches in der Selbstverwaltung der BA und im politischen Raum – etwa dem Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit – große Resonanz fand.

Zwei große Langzeiterhebungen wurden am IAB in den 1990er Jahren ins Leben gerufen. Bereits seit 1989 misst die IAB-Stellenerhebung repräsentativ und statistisch valide die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Arbeitskräftebedarfs und untersucht den betrieblichen Rekrutierungsprozess im Detail. Im Rahmen des IAB-Betriebspanel, das 1993 in Westdeutschland und 1996 auch in Ostdeutschland an den Start ging, werden jährlich Betriebe aller Wirtschaftszweige und Größenklassen zu einer Vielzahl beschäftigungspolitischer Themen befragt. Beide Langzeituntersuchungen liefern bis heute wertvolle Informationen zur Nachfrageseite des Arbeitsmarktes.

Nach der Jahrtausendwende kam eine große organisatorische Veränderung auf das IAB zu: War das Institut bislang eine Abteilung der Hauptstelle der BA, erhielt es nun den Status einer „Besonderen Dienststelle“. Die international vergleichende Forschung wurde in einem eigenen Forschungsbereich zusammengefasst, ebenso wie die Themen Bildung und Ausbildung. Zudem wurde das Kompetenzzentrum Empirische Methoden geschaffen.

Auch die Regionalforschung erhielt in dieser Phase durch die Schaffung eines Regionalen Forschungsnetzes mit bundesweit insgesamt 11 Standorten einen neuen Stellenwert. Aber nicht nur der Austausch mit den Regionen wurde forciert. Das Forschungsdatenzentrum (FDZ) der Bundesagentur für Arbeit im IAB hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2003 zu einem der wichtigsten Datenanbieter für die internationale Forschungsgemeinschaft entwickelt, wenn es um die Erforschung des Arbeitsmarkts geht. Es bietet Forschenden im In- und Ausland den Zugang zu vertraulichen Mikrodaten der Bundesagentur für Arbeit und des IAB an. Durch transparente, standardisierte Regeln und technische Maßnahmen stellt das FDZ dabei sicher, dass der Datenschutz gewahrt wird und die Analysepotentiale der Daten dennoch hoch sind.

Eines der wohl umfassendsten und zugleich umstrittensten Reformprojekte der deutschen Nachkriegszeit, die Agenda 2010, sorgte in den Nullerjahren für hitzige Diskussionen in der öffentlichen Debatte. Während der Entwicklung der vier Hartz-Gesetze war das IAB wiederholt beratend tätig. Kern der Agenda 2010 waren dabei vor allem Arbeitsmarktmaßnahmen, die in der BA grundlegende Reformen auf institutioneller und instrumenteller Ebene in Gang setzten.

Das 2005 in Kraft getretene Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), das den wesentlichen Teil des vierten Hartz-Gesetzes ausmacht, zog am IAB die Schaffung neuer Forschungsbereiche nach sich. Diese beschäftigten sich beispielsweise mit der Effektivität und Effizienz von Leistungen oder mit Analysen rund um den Niedrigeinkommensbereich. Um die Wirkungen des SGB II zu erforschen, wurde auch das Panel „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS) ins Leben gerufen. Bei PASS handelt es sich um eine jährliche Haushaltsbefragung, mit deren Hilfe die Auswirkungen des Transferleistungsbezugs auf die wirtschaftliche und soziale Lage der betroffenen Haushalte und Personen untersucht werden. Die Längsschnittuntersuchung ist zudem eine wichtige Datenquelle für die Armutsforschung in Deutschland.

Zum 1. Januar 2021 hat das IAB neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Organisationseinheiten, durch die Bündelung von Forschungs- und Beratungsthemen sowie von Aufgaben in den neu geschaffenen „Kompetenzfeldern“ eingeführt. Die zehn Kompetenzfelder spiegeln die Arbeit des Instituts und seine Themen in ihrer gesamten Breite wider. Acht dieser Kompetenzfelder haben einen inhaltlichen Forschungsbezug, eines davon schwerpunktmäßig zu Daten und Methoden. Zwei weitere Kompetenzfelder repräsentieren die wissenschaftsorientierten Services. Zudem wurde die Berufsforschung im Institut durch die Gründung der Nachwuchsgruppe „Berufe und Erwerbsverläufe“ weiter gestärkt.

Auf dem Prüfstand

In den Jahren 2007 und 2018 wurde das IAB durch den Wissenschaftsrat evaluiert. Das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium der Bundesregierung stellte dem IAB beide Male ein sehr gutes Zeugnis aus. „Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das IAB eine national hervorragende und international sehr anerkannte wissenschaftliche Einrichtung ist, die über das Potenzial verfügt, auf europäischer Ebene eine führende Rolle zu übernehmen“, hieß es in dem am 12. November 2007 veröffentlichten Bewertungsbericht zur ersten Evaluation.

2018 stellte der Wissenschaftsrat das IAB erneut auf den Prüfstand und bescheinigte dem Institut wiederum eine hervorragende Leistung: „Ausdrücklich zu würdigen ist die nachhaltig positive Weiterentwicklung des IAB seit der zurückliegenden Evaluation durch den Wissenschaftsrat im Jahr 2007. Es ist dem IAB gelungen, die hohe Qualität seiner Forschungs- und Beratungsleistungen zu konsolidieren und weiter auszubauen“, heißt es in dem am 25. Januar 2019 veröffentlichten Bewertungsbericht. „Das IAB genießt hohes Ansehen in der wissenschaftlichen Fachgemeinschaft und ist sehr gut vernetzt mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im In- und Ausland.“

Das IAB erbringe anspruchsvolle Beratungs- und Informationsleistungen von großer Relevanz für die Bundesagentur für Arbeit, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Politik und die Öffentlichkeit, so der Wissenschaftsrat. Er betonte dabei die Bedeutung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit des Instituts. Diese sei grundlegend für das große Ansehen des IAB in Politik, Verwaltung und Wissenschaft.

50 Jahre IAB

2017 stand ein besonderer Geburtstag für das IAB ins Haus: Ein halbes Jahrhundert gab es das Forschungsinstitut nun schon. Diesen Anlass würdigte das Institut im Laufe des Jubiläumsjahrs mit einer Reihe besonderer Aktivitäten, Veranstaltungen und Veröffentlichungen. Höhepunkt war die hochkarätig besetzte Fachtagung „Arbeitswelten im Wandel – Herausforderungen für Politik und Forschung“ in Berlin. Kernstück der Jubiläumsfachtagung waren eine Keynote zum Thema „Gewonnene Jahre – Potenziale für Mitarbeiter, Unternehmen und die Gesellschaft“ von Prof. Ursula M. Staudinger von der Columbia University in New York und drei Panels, bei denen renommierte Forscherinnen und Forscher aus dem In- und Ausland Vorträge zu den Forschungsthemen „Digitalisierung der Arbeitswelt“, „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und „Fluchtmigration“ hielten.

Auf dem abendlichen Festakt im Anschluss an die Jubiläumstagung überbrachten Weggefährten des IAB sowie Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, Politik und Praxis, darunter die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, dem IAB ihre Glückwünsche.

Ein Video mit einer Zusammenfassung der Jubiläumstagung können Sie auf dem YouTube-Kanal des IAB sehen. Dort finden Sie auch ein Video der Keynote von Prof. Ursula M. Staudinger.

Institutsleitung

Dieter Mertens (1967 – 1987)

Als erster Direktor leitete der vormals am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) tätige Ökonom Prof. Dieter Mertens bis 1987 das IAB.

Friedrich Buttler (1988 – 1994)

Im Jahr 1988 wurde der Volkswirt und ehemalige Rektor der Universität-Gesamthochschule Paderborn Prof. Friedrich Buttler Direktor des Instituts und blieb es bis 1994.

Hans-Peter Leikeb (1994 – 1997)

In einer Interimsphase von 1994 bis 1997 wurde das IAB mehrere Jahre kommissarisch von Dr. Hans-Peter Leikeb, dem damaligen Leiter des Arbeitsbereichs „Kurzfristige Arbeitsmarktvorausschau und Arbeitszeitforschung“, geführt.

Gerhard Kleinhenz (1997 – 2002)

1997 folgte der an der Universität Passau lehrende Prof. Gerhard Kleinhenz. Mit ihm leitete erneut ein Volkswirt die Geschicke des Instituts.

Jutta Allmendinger (2003 – 2007)

Mit Prof. Jutta Allmendinger wurde erstmals eine Frau und Soziologin Chefin des IAB. Zuvor leitete sie das Institut für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und war Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Im April 2007 wechselte sie als Präsidentin an das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) und auf eine Professur an die Humboldt-Universität in Berlin.

Joachim Möller (2007 – 2018)

Ab Oktober 2007 leitete der Regensburger Ökonom Prof. Joachim Möller das Institut. Er hatte das IAB zuvor schon seit dem Jahr 2000 aktiv als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats begleitet. Im Oktober 2018 verabschiedete er sich in den Ruhestand.

Bernd Fitzenberger (seit September 2019)

Am 1. September 2019 trat Prof. Bernd Fitzenberger seine neue Aufgabe als Direktor des IAB an. Der Volkswirt und Professor für Quantitative Arbeitsökonomik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg war zuvor ebenfalls lange Jahre als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats aktiv.