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Die Evaluation des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes untersucht die Umsetzung und die Wirksamkeit der Neuregelungen auf Grundlage wissenschaftlicher Daten und Methoden.

Mit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vom April 2017 verfolgte der Gesetzgeber mehrere Ziele: Die Leiharbeit sollte auf ihre Kernfunktion fokussiert, in dieser aber gleichzeitig auch gestärkt werden; die Stellung der Leiharbeitskräfte sollte, insbesondere hinsichtlich der Löhne, aber auch in Bezug auf die Chancen am Arbeitsmarkt, verbessert werden; die Tarifautonomie sollte gestärkt werden, indem man den Tarifparteien Spielräume zur Regelung bestimmter Parameter der Arbeitnehmerüberlassung, etwa bei der Überlassungshöchstdauer oder dem Equal Pay, einräumte.

Die Evaluation des Gesetzes untersucht die Umsetzung und die Wirksamkeit der Neuregelungen auf Grundlage wissenschaftlicher Daten und Methoden. Dazu wird insbesondere die Situation in der Arbeitnehmerüberlassung vor dem Wirksamwerden der Neuregelungen mit der Situation danach verglichen und bewertet. Auf der Grundlage von Sekundärdaten und umfangreichen quantitativen und qualitativen eigenen Erhebungen wurden die Perspektiven der in der Arbeitnehmerüberlassung beteiligten Akteure (Leiharbeitskräfte, Verleihbetriebe, Entleihbetriebe, weitere Institutionen) umfassend erhoben und auf Basis dieser multiperspektivischen Datengrundlage zahlreiche Forschungsfragen untersucht.

Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die Ziele der Gesetzesreform nur teilweise erreicht werden konnten. Zum Teil liegt dies auch daran, dass die einzelnen Ziele in unterschiedliche Richtungen gehen. Die Absichten und Zielsetzungen, die der Gesetzgeber mit der Neuregelung des AÜG verfolgt hat, werden zwar von vielen Akteuren als grundsätzlich sinnvoll eingeschätzt, die einzelnen Regelungen und deren Durchführung werden jedoch insgesamt als komplex und nur eingeschränkt wirkungsvoll bewertet. Insbesondere in den beiden Kernbereichen der Reform, den Neuregelungen zur Überlassungshöchstdauer und zum Equal Pay, wird von vielen Seiten Nachbesserungsbedarf gesehen. Die relativ geringe Reichweite der Effekte und die oft nur kleine oder nicht nachweisbare Effektstärke, die sich in vielen Ergebnissen der Evaluation zeigen, sind nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass insgesamt nur eine begrenzte Anzahl von Personen und Betrieben von den Neuregelungen betroffen ist, weil die „Neuregelungen“ teils bereits seit Langem umgesetzt werden, und dass die Eingriffstiefe im Vergleich zum vorherigen Zustand insgesamt gering ist. Aus diesen Gründen halten sich die Effekte der Reform – seien es erwünschte oder unerwünschte – insgesamt in überschaubarem Rahmen.

Der vollständige Bericht ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales veröffentlicht.

Große Sozialreform, alter Wein in neuen Schläuchen, oder gar ein Rückschritt gegenüber der früheren Grundsicherung? Am sogenannten Bürgergeld scheiden sich die Geister.

Große Sozialreform, alter Wein in neuen Schläuchen, oder gar ein Rückschritt gegenüber der früheren Grundsicherung? Am sogenannten Bürgergeld scheiden sich noch immer die Geister. Union und Ampel hatten sich nach zähem Ringen auf die neue Leistung verständigt, die in wesentlichen Teilen zum 1.1.2023 in Kraft trat – und damit das bis zuletzt sehr umstrittene „Hartz IV“ ablöste. Während die Bundesregierung von „mehr Chancen und mehr Respekt“ spricht, stellen andere die bange Frage, ob sich Arbeiten für Geringverdienende überhaupt noch lohnt. Wieder anderen geht die Reform nicht weit genug, sie halten auch das Bürgergeld keineswegs für armutsfest. Dahinter stehen grundsätzlichere Fragen: Ist das Spannungsverhältnis zwischen Solidarität und Eigenverantwortung im neuen System richtig austariert? Und welches Menschenbild steht dahinter? Wichtige Fragen, die es zu diskutieren lohnt. Zugleich geht es darum, konkreten Verbesserungsbedarf bei einzelnen Elementen des neuen Bürgergelds auszuloten. Dies betrifft insbesondere die folgenden Neuerungen:  

  • Höherer Regelsatz
  • Vollständige Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe im ersten Jahr
  • Höheres Schonvermögen
  • Höhere Hinzuverdienstgrenzen
  • Kooperationsplan löst die bisherige Eingliederungsvereinbarung ab
  • Förderung der beruflichen Weiterbildung
  • Abschaffung des Vermittlungsvorrangs
  • Umfassendes Coaching
  • Lockerung der Sanktionen

Diese Aspekte wollen wir mit hochkarätigen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutieren.

Einführung

  • Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg

Podiumsgäste

  • Hermann Gröhe (MdB), Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • Peter Lysy, stellvertretender Leiter kda Bayern (Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt) und Pfarrer
  • Dr. Regine Schmalhorst, Geschäftsführerin des Bereichs „Förder- und Geldleistungen“ in der Bundesagentur für Arbeit und ehemalige Geschäftsführerin des Jobcenters Dortmund
  • Prof. Dr. Ulrich Walwei, Vizedirektor des IAB und Honorarprofessor am Institut für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie der Universität Regensburg

Schlusswort

  • Prof. Bernd Fitzenberger, Ph.D., Direktor des IAB

We quantify aggregate effects of changes in the potential benefit duration (PBD) in Poland using administrative data containing the universe of unemployment spells over more than two decades. Individual workers’ PBD depends on the county unemployment rate relative to the national average in the previous calendar year. We exploit this sharp discontinuity with RDD estimates and construct impulse response functions to estimate effects of a longer PBD at the county-level. After 12 months, the effect of a PBD of 12 vs. 6 months is an increase in the log stock of all unemployed of 0.03 and an increase in the log stock of the directly affected by 0.1. In contrast, we find no evidence on spillovers on indirectly affected unemployed and no effect of PBD on labour market tightness. We document that inflows into unemployment respond strongly to PBD changes. A decomposition of the effects of a longer PBD on the stock of unemployed shows that the effect on inflows is more important than the one on the exit rate.

This paper documents and theoretically explains a nexus between globalization and wage inequality within plants through internal labor market organization. We document that the dominant component of overall and residual wage inequality is within plant-occupations and, combining within-occupation task information from labor force surveys with linked plant-worker data for Germany, establish three interrelated facts:

  1. larger plants and exporters organize production into more occupations,
  2. workers at larger plants and exporters perform fewer tasks within occupations, and
  3. overall and residual wages are more dispersed at larger plants.

To explain these facts, we build a model in which the plant endogenously bundles tasks into occupations and workers match to occupations. By splitting the task range into more occupations, the plant assigns workers to a narrower task range per occupation, reducing worker mismatch while typically raising the within-plant dispersion of wages. Embedding this rationale into a Melitz model, where fixed span-of-control costs increase with occupation counts, we show that inherently more productive plants exhibit higher worker efficiency and wider wage dispersion and that economy-wide wage inequality is higher in the open economy for an empirically confirmed parametrization. Reduced-form tests confirm main predictions of the model, and simulations based on structural estimation suggest that trade induces a stricter division of labor at globalized plants with an associated change in wage inequality.

We study the productivity effects of the German national minimum wage applying administrative data on German firms. Using firm-level difference-in-differences estimation, we confirm positive effects on wages and negative employment effects, and document higher productivity and output prices. We find higher wages but no employment effects at the level of aggregate industry x region cells. The minimum wage increased aggregate productivity in manufacturing through an increase in within-firm productivity. In contrast to recent evidence by Dustmann et al. (2021), we do not find that worker reallocation contributed to aggregate productivity gains.

We study the effects of robot exposure on worker flows in 16 European countries between 2000-2017. Overall, we find small negative effects on job separations and small positive effects on job findings. Labour costs are shown to be a major driver of cross-country differences: the effects of robot exposure are generally larger in absolute terms in countries with low or average levels of labour costs than in countries with high levels of labour costs. These effects are particularly pronounced for workers in occupations intensive in routine manual or routine cognitive tasks, but are insignificant in occupations intensive in non-routine cognitive tasks. For young and old workers in countries with low levels of labour costs, robot exposure had a beneficial effect on transitions. Our results imply that robot adoption increased employment and reduced unemployment most in the European countries with low or average levels of labour costs.

Mit dem Bürgergeld setzt die Ampel-Koalition 2023 eine Reform des Hartz-IV-Systems mit Erleichterungen für Leistungsbeziehende durch. Die Beurteilungen der Reform in medialen und politischen Debatten fallen kontrovers aus: während einige Beobachterinnen und Beobachter das Bürgergeld als weitgehende Fortführung vieler Grundprinzipien des „alten“ Hartz IV-Systems deuten, warnen andere alarmistisch vor der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durch die Hintertür. Unklar ist bislang jedoch vor allem, wie langzeitarbeitslose ALG II-Beziehende die anstehende Reform beurteilen und welche Präferenzen sie zu Kerninhalten wie Sanktionen, Vermögensprüfungen und Kosten der Unterkunft äußern. Der vorliegende Beitrag nimmt dies als Ausgangspunkt für eine empirische Beleuchtung. Auf Basis einer zufallsbasierten Befragung in acht Jobcentern in Nordrhein-Westfalen werden die Perspektive von Langzeitarbeitslosen untersucht: Wie schätzen sie zentrale Reforminhalte ein? Wie nehmen Langzeitarbeitslose ihre individuelle Situation im Leistungsbezug wahr? Womit verbringen sie ihre Zeit und welche Erfahrungen haben sie mit den Jobcentern als street-level bureaucracy gemacht? Die Befunde offenbaren mehrheitlich positive, aber mit Blick auf einzelne Reformaspekte differenzierte Einschätzungen zu Kerninhalten des Bürgergeldes. Bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten werden beispielsweise von einer großen Mehrheit der Langzeitarbeitslosen befürwortet, während einen grundsätzlichen Verzicht auf Sanktionen viele auch skeptisch sehen. Über 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen berichten zudem, sich „voll und ganz“ oder „eher“ für den Grundsicherungsbezug zu schämen; knapp zwei Drittel stimmen „voll und ganz“ oder „eher“ der Aussage zu, dass andere Leistungsbeziehende das System ausnutzen. Viele Leistungsbeziehende sind eigenen Angaben zufolge ehrenamtlich und nachbarschaftlich aktiv. Eine zukünftig verbesserte Förderung solcher Tätigkeiten birgt jenseits der Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Chancen für die Stärkung der sozialen Teilhabe. Kurz- und mittelfristig wird zudem die Inflation eine spürbare Erhöhung des Regelsatzes notwendig machen, um Armutsrisiken abzumildern. Zudem sollten die Chancen eines Modellprojekts zur Evaluierung der Wirkungen von Sanktionen genutzt werden, um dieses kontroverse Thema evidenzbasiert bewerten zu können.

We evaluate two policies that provide financial incentives for re-employment of job seekers at risk of long-term unemployment: (i) a re-employment voucher that incentivizes a specialized third party to match the job seeker with an employer; and (ii) a re-employment bonus that incentivizes the job seeker directly. We combine administrative records and data generated by an experimental implementation of these policies in northern Italy during 2017-2018 and involving more than 10,000 job seekers. Each policy is no less effective than conventional job search assistance. We argue that a dual voucher-bonus system based on self-selection would be cost effective.