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2022 lebten in Deutschland 18,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Haushalten, die über ein Einkommen unterhalb der Armutsgefährdungsgrenze verfügten. Die Mehrzahl der armutsgefährdeten Kinder erlebt Einschränkungen hinsichtlich ihres materiellen Lebensstandards. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Insbesondere Kinder in Alleinerziehenden-Haushalten, mit Migrationshintergrund, mit drei oder mehr Geschwistern und aus Ostdeutschland haben ein höheres Armutsrisiko als andere Kinder. Dagegen schützen eine höhere Bildung und eine Erwerbstätigkeit der Eltern in vielen Fällen vor der Armutsgefährdung.

Das Aufwachsen in einem armutsgefährdeten Haushalt ist mit einer Vielzahl von Einschränkungen des materiellen Lebensstandards verbunden. Unterversorgung zeigt sich insbesondere bei höherwertigen Konsumgütern sowie im Bereich Finanzen und bei der sozialen und kulturellen Teilhabe. Beispielsweise leben mehr als die Hälfte der armutsgefährdeten Kinder in Haushalten, denen es aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, abgenutzte Möbel zu ersetzen, einen festen Betrag zu sparen oder eine Woche in den Urlaub zu fahren.

Auch bei den kinderspezifischen Bedarfen wie regelmäßigem Taschengeld oder einem Platz zum Lernen ergeben sich deutliche Unterschiede zwischen Kindern in Haushalten mit und ohne Armutsgefährdung. „Es bleibt abzuwarten, wie sich der Inflationsschub aus dem Jahr 2022 auf die Lebenslagen von Kindern und ihren Familien ausgewirkt hat“, so IAB-Forscher Torsten Lietzmann. „Um die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen zu verringern, bleiben die Höhe der materiellen Absicherung, die Förderung der Erwerbsbeteiligung der Eltern sowie ein einfacher Zugang zu Leistungen sinnvolle Ansatzpunkte“, sagt IAB-Forscherin Claudia Wenzig.

Die Studie beruht auf Daten des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ (PASS). Sie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/auf-was-armutsgefaehrdete-kinder-in-deutschland-verzichten-muessen  

Datenbasis

Das PASS ist eine jährliche Haushaltsbefragung mit den Schwerpunktthemen Arbeitsmarkt, Armut und soziale Sicherung. Neben seinem Längsschnittcharakter zeichnet sich das Haushaltspanel dadurch aus, dass es mit rund 5.000 Haushalten mit SGB-II-Bezug sowohl eine hohe Fallzahl von Haushalten im Niedrigeinkommensbereich umfasst als auch repräsentativ für die Wohnbevölkerung in Deutschland ist.

Armutsdefinition

Die Armutsgefährdungsquote gibt den Anteil der Personen an, die in ihren Haushalten über weniger als 60 Prozent des Medians aller Haushaltsnettoeinkommen in Deutschland verfügen. Um unterschiedliche Haushaltgrößen miteinander vergleichen zu können, werden alle Haushalte nach der modifizierten OECD-Skala gewichtet. Auf Basis des Panels „Arbeitsmarkt und soziale Sicherung“ liegt die Armutsgefährdungsschwelle 2022 für einen Ein-Personen-Haushalt in Deutschland bei insgesamt 1.153 Euro und für einen Vier-Personen-Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren entsprechend 2,1 Mal höher, also bei 2.421 Euro. Die amtliche Statistik auf Basis des Mikrozensus ermittelt für 2022 eine geringfügig höhere Schwelle von 1.186 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt.

Frauen, die im Pandemiejahr 2020 zum ersten Mal Mutter wurden, kehrten nach der Geburt ihres Kindes später in den Arbeitsmarkt zurück als Frauen, deren Kinder zwei Jahre zuvor geboren wurden. Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor.

Von allen Müttern, die ihr Kind zwischen März und Oktober 2018 bekamen, kehrten 40 Prozent ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes in den Arbeitsmarkt zurück. Nach 18 Monaten lag der Anteil der Rückkehrerinnen in dieser Gruppe bei 62 Prozent. Bei Frauen hingegen, die zwischen März und Oktober 2020 Mutter wurden, lag der Anteil der Mütter, die ihre Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen hatten, nach einem Jahr bei 35 Prozent und nach 18 Monaten bei lediglich 50 Prozent.

Die Autorinnen untersuchten, ob insbesondere solche Mütter ihre Erwerbstätigkeit länger unterbrachen, die in stark von der Pandemie betroffenen Branchen tätig waren. Dabei zeigten sich keine Unterschiede in den Unterbrechungsdauern von Müttern, die in Branchen arbeiten, die über oder unterdurchschnittlich stark von Kurzarbeit betroffen waren. „Insgesamt gibt es keine Hinweise darauf, dass die längeren Unterbrechungsdauern der Frauen, die 2020 Mutter wurden, auf wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen sind. Vielmehr könnte die erschwerte außerhäusliche Kinderbetreuung eine Ursache gewesen sein“, erklärt IAB-Forscherin Corinna Frodermann. „Insbesondere Mütter, deren Kinder im Frühjahr 2021 ein Jahr alt geworden sind, und die während der zweiten Kita-Schließungsphase überwiegend in Elternzeit wa­ren, haben aufgrund der allgemeinen Unsicherheit und der rasch folgenden dritten Schließungsphase ihren Wiedereintritt ins Erwerbsleben verschoben und dadurch ihre Erwerbsunterbrechungen verlängert“, so IAB-Forscherin Ann-Christin Bächmann weiter.

„Die Situation der Kindertagesbetreu­ung bleibt auch nach dem Ende der Pandemie an­gespannt. Daher ist es wichtig, den weiteren Ausbau einer Infrastruktur mit verlässlicher Kindertagesbetreuung voranzutreiben“, ergänzt DIW-Forscherin Katharina Wrohlich.

Die Studie beruht auf der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB), einer 2 %-Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) des IAB. Die IEB bestehen unter anderem aus tagesgenauen Informationen zu allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland, die aus den Meldungen der Arbeitgeber an die Sozialversicherungsträger stammen. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-17.pdf

Im zweiten Quartal 2024 gab es bundesweit 1,34 Millionen offene Stellen. Gegenüber dem Vorquartal liegt die Zahl der offenen Stellen rund 230.000 oder rund 15 Prozent niedriger. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2023 fällt der Rückgang mit einem Minus von 404.000 oder rund 23 Prozent noch stärker aus. „Am Arbeitsmarkt zeigt sich damit das sechste Quartal in Folge ein Rückgang der offenen Stellen“, so Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis.  Das geht aus der IAB-Stellenerhebung hervor, einer regelmäßigen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

In Westdeutschland waren 1,06 Millionen offene Stellen im zweiten Quartal 2024 zu besetzen, in Ostdeutschland 275.000. Bundesweit kamen im zweiten Quartal 2024 auf 100 von den Betrieben ausgeschriebene offene Stellen rund 205 arbeitslos gemeldete Personen – das sind 28 mehr als noch im ersten Quartal 2024 und 57 mehr als im Vorjahresquartal. „Der Rückgang ist derzeit vor allem bei den kleinen und mittelgroßen Betrieben zu beobachten. Nur bei größeren Betrieben liegt der Bestand an offenen Stellen noch leicht über dem Vorjahresquartal“, erklärt IAB-Forscher Alexander Kubis.

Im Vergleich zum Vorjahresquartal sank die Zahl der offenen Stellen bei Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten im Durchschnitt um 29 Prozent, gegenüber dem Vorquartal ging sie um 16 Prozent zurück. Mittelgroße Betriebe mit 50 bis 249 Beschäftigen verzeichneten gegenüber dem Vorjahresquartal einen Rückgang der offenen Stellen um 25 Prozent. Im Vergleich zum Vorquartal sank diese Zahl um 17 Prozent. Das Niveau der offenen Stellen bei Betrieben mit mindestens 250 Beschäftigten lag im zweiten Quartal  rund 5 Prozent über dem Wert vom Vorjahresquartal, jedoch 7 Prozent niedriger als im Vorquartal. „Trotz des deutlichen Rückgangs der offenen Stellen –  gerade bei den kleinen und mittelgroßen Betrieben –  sind nach wie vor rund 4 von 5 offenen Stellen bei diesen Betrieben zu finden“, so Kubis weiter.

Das IAB untersucht mit der IAB-Stellenerhebung viermal jährlich das gesamte Stellenangebot, also auch jene Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet werden. Im zweiten Quartal 2024 lagen Antworten von 12.527 Arbeitgebern aller Wirtschaftsbereiche vor. Die Zeitreihen zur Zahl der offenen Stellen auf Basis der IAB-Stellenerhebung sind unter https://iab.de/das-iab/befragungen/iab-stellenerhebung/aktuelle-ergebnisse/ online veröffentlicht. Ein Beitrag im IAB-Forum ist unter https://www.iab-forum.de/iab-stellenerhebung-2-2024-abkuehlung-am-arbeitsmarkt-setzt-sich-fort/ verfügbar.

Das Arbeitsvolumen stieg im zweiten Quartal 2024 auf 14,7 Milliarden Stunden – ein Zuwachs von 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Es übertrifft damit erstmals wieder den Vor-Corona-Stand. „In Deutschland wurde noch nie so viel gearbeitet – mitten im Wirtschaftsabschwung“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Dies geht aus der am Dienstag veröffentlichten Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Das Arbeitsvolumen liegt damit leicht über dem Vor-Corona-Stand des zweiten Quartals 2019 von 14,6 Milliarden Stunden. Saison- und kalenderbereinigt zeigt sich eine Zunahme um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. „Ein weiterer Anstieg ist aber kein Selbstläufer“, ergänzt Weber. „Der Beschäftigungszuwachs flacht deutlich ab, die Teilzeitquote klettert auf fast 40 Prozent und es werden so wenige Überstunden wie noch nie geleistet.“

Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im zweiten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,4 Prozent und lag somit bei 46,1 Millionen Personen. Bei der Arbeitszeit pro erwerbstätige Person zeigte sich ein leichter Zuwachs von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal – sie lag im zweiten Quartal 2024 im Schnitt bei 318,2 Stunden. Die Stundenproduktivität sank gegenüber dem Vorjahresquartal um 0,4 Prozent.

Die Teilzeitquote verzeichnete einen kräftigen Anstieg um 0,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahresquartal und lag im zweiten Quartal 2024 bei 39,8 Prozent. Dabei erhöhte sich die Zahl der Teilzeitbeschäftigten um 1,6 Prozent, die der Vollzeitbeschäftigten hingegen sank leicht um 0,3 Prozent. Grund dafür ist unter anderem ein Beschäftigungszuwachs gerade in Branchen mit einem hohen Teilzeitanteil wie dem Gesundheits- und Sozialwesen sowie Erziehung und Unterricht.

Gegenüber dem Vorjahresquartal gingen die bezahlten und unbezahlten Überstunden um jeweils 0,3 Stunden etwas zurück. Im Durchschnitt leisteten Arbeitnehmende im zweiten Quartal 2024 2,9 bezahlte und 4,1 unbezahlte Überstunden. Rund 4,56 Millionen Beschäftigte gingen einer Nebentätigkeit nach. Dies sind 2,9 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2023. Damit folgt die Entwicklung dem langfristigen Aufwärtstrend, allerdings fielen die Zunahmen zuletzt schwächer aus.

 Eine Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit steht im Internet unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/tab_az2023.xlsx  zur Verfügung. Eine lange Zeitreihe mit den Quartals- und Jahreszahlen ab 1991 ist unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/AZ_Komponenten.xlsx abrufbar.

Weitere Informationen zur Verbreitung von bezahlten und unbezahlten Überstunden sind unter https://doku.iab.de/aktuell/2014/aktueller_bericht_1407.pdf zu finden.

Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt im August nach einem Plus von 0,4 Punkten im Vergleich zum Vormonat bei 100,9 Punkten und befindet sich damit weiter im leicht positiven Bereich. „Für eine Wende am Arbeitsmarkt ist die Konjunktur aber nach wie vor zu schwach“, so Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB. Das European Labour Market Barometer fällt im August hingegen deutlich und liegt mit 99,6 Punkten nun im negativen Bereich.

Die Komponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers zur Vorhersage der Beschäftigung in Deutschland verschlechtert sich geringfügig. Sie sinkt im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Punkte, bleibt mit 102,3 Punkten aber im positiven Bereich. „Die Beschäftigung wird weiter wachsen, aber schwächer war der Ausblick nur zu Corona-Zeiten“, berichtet Enzo Weber. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit legt mit einem Anstieg von 0,9 Punkten im August hingegen deutlich zu. Sie liegt mit nun 99,4 Punkten zwar weiterhin im negativen Bereich, befindet sich aber auf dem höchsten Stand seit Januar 2023. „Erstmals seit zwei Jahren scheint ein Ende des Anstiegs der Arbeitslosigkeit in greifbare Nähe zu rücken“, ordnet der IAB-Forscher die aktuelle Entwicklung ein.

Das European Labour Market Barometer dagegen sinkt im August im Vergleich zum Vormonat deutlich um 0,9 Punkte auf 99,6 Punkte. Der Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des IAB liegt damit nun unter dem neutralen Wert von 100. „Europas Arbeitsmarktausblick erleidet einen heftigen Rückschlag“, sagt Weber. Die Beschäftigungskomponente fällt auf ihren tiefsten Stand seit dreieinhalb Jahren – in Europa droht eine stagnierende Beschäftigungsentwicklung. Auch die Arbeitslosigkeit wird wohl weiter steigen.

Datengrundlage

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert.

Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 17 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Tschechien und Zypern.

Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers und des European Labor Market Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Zum Download stehen bereit:

- eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe (xlsx).  

- eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter https://iab.de/daten/iab-arbeitsmarktbarometer/

Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle 18 beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components (xlsx) abrufbar. 

Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://iab.de/en/daten/european-labour-market-barometer/.

Weitere Information zum Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB finden Sie unter https://iab.de/daten/arbeitskraefteknappheits-index/.

Im Jahr 2023 wurden wieder mehr neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Dennoch hat der Anteil unbesetzter Ausbildungsstellen ein Rekordhoch erreicht: Mehr als ein Drittel der angebotenen Ausbildungsplätze blieb 2023 unbesetzt – so viele wie nie zuvor. Betriebe nennen den Mangel an geeigneten Bewerbungen als häufigsten Grund. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Insgesamt konnten 35 Prozent aller Ausbildungsplätze im Jahr 2023 nicht besetzt werden, im Jahr 2010 waren es noch 15 Prozent. Die Nichtbesetzungsquote war 2023 in Westdeutschland etwas niedriger als in Ostdeutschland, zudem sinkt sie mit der Betriebsgröße: Kleinstbetriebe konnten rund 57 Prozent der von ihnen angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen, in Großbetrieben waren das 12 Prozent. Die größ­ten Rekrutierungsprobleme weisen das Baugewerbe und die personen­nahen Dienstleistungen, etwa das Friseurgewerbe, auf: Fast die Hälfte aller Ausbildungsplätze blieb hier unbesetzt. „Insgesamt ist festzuhalten, dass die Rekrutierungsprobleme nahezu alle Segmente des Ausbildungsmarkts erreicht haben, in denen es zu Beginn der 2010er Jahre noch kaum Besetzungsprobleme gab“, so IAB-Forscherin Barbara Schwengler.

Mit knapp 50 Prozent können Ausbildungsplätze am häufigsten mangels geeigneter Bewerbungen nicht besetzt werden. We­nig attraktive Arbeitsbedingungen und das mitunter schlechte Image mancher Ausbildungsberufe spielen aus betrieblicher Sicht die wichtigste Rolle bei der Erklärung von Besetzungsproblemen. Um die Attraktivität der Ausbildung zu erhöhen, setzen Betriebe vor allem auf Prämien und Sonderzahlungen, zum Beispiel bei bestandenen Prüfungen oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Insgesamt geben 62 Prozent aller Betriebe an, die 2023 Ausbildungsstellen angeboten haben, derartige Leistungen zu zahlen.

„Die Befunde auf Basis des IAB-Betriebspanels zum Ausbildungsmarkt spiegeln die Entwicklung seit den 2010er Jahren von einem Arbeitgeber- zu einem Bewerbermarkt wider. Hiermit verstärkt sich der Fachkräftemangel ausgelöst durch eine zurückgehende Bewerberzahl bei einem insgesamt weiterhin hohen Ausbildungsstellenangebot“, resümiert IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Zugleich nehmen die Passungsprobleme im Ausbildungsmarkt zu: Trotz einer Rekordzahl an unbesetzten Ausbildungsstellen steigt sowohl die Zahl der unversorgten Ausbildungsplatzbewerberinnen und -bewerber als auch die Zahl der jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Berufsausbildung“, so Ute Leber, Mitautorin der Studie weiter.

Die Studie beruht auf dem IAB-Betriebspanel, einer repräsentativen jährlichen Wiederholungsbefragung von rund 15.000 Betrieben aller Betriebsgrößen und Branchen. Die Studie und die Daten sind abrufbar unter: https://iab.de/publikation/?id=14168206.  

Sanktionen können die Beschäftigungsaufnahme von Sanktionierten beschleunigen. Bereits das Risiko, sanktioniert zu werden, kann sich auf das Arbeitssuchverhalten von erwerbsfähigen Leistungsbeziehenden auswirken. Letzteres – der sogenannten Ex-ante-Effekt von Sanktionen – ist Gegenstand einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Studie zeigt: Die monatliche Übergangsrate in Beschäftigung ist umso höher, je höher die vorhergesagte Sanktionswahrscheinlichkeit ist.

Grundlage für die Analyse des Ex-ante-Effekts ist die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, innerhalb von zwei Jahren ab Beginn des Leistungsbezugs erstmalig sanktioniert zu werden. Die Schätzung der Ex-ante-Effekte nutzt Unterschiede in der Anwendung von Sanktionen durch Teams von Vermittlungsfachkräften. Erhöht sich diese Wahrscheinlichkeit von 1 auf 10 Prozent, steigt die monatliche Übergangsrate in Beschäftigung von Leistungsbeziehenden mit durchschnittlichen und ansonsten ähnlichen Merkmalen um etwa 0,5 Prozentpunkte. Zudem steigen insbesondere die Übergänge in qualifizierte Beschäftigung und das durchschnittliche Erwerbseinkommen der Leistungsbeziehenden.

Ab einer Wahrscheinlichkeit von 10 bis 20 Prozent steigt die monatliche Übergangsrate in Beschäftigung bei einer weiteren Erhöhung weniger stark an und führt zunehmend zu Übergängen in Beschäftigung mit geringer Qualität. Zudem sinkt das Erwerbseinkommen.

Die Ergebnisse zeigen somit, dass mit steigender Anwendung von Sanktionen Übergänge in Beschäftigung – auch in vergleichsweise gute Beschäftigung – zunehmen. Demgegenüber steigert eine noch intensivere Anwendung von Sanktionen die Übergänge in Beschäftigung weniger stark und geht zunehmend auf Kosten der Beschäftigungsqualität.

„Die Befunde der Studie sprechen für eine ausgewogene Anwendung von Sanktionen, die sowohl Übergänge in Beschäftigung erhöht als auch positive Wirkungen auf die Beschäftigungsqualität und die Entwicklung der Erwerbseinkommen in den Blick nimmt“, erklärt IAB-Forscher Markus Wolf.

Die Studienergebnisse lassen sich nicht so ohne Weiteres auf die Leistungsminderungen, wie Sanktionen nach der Einführung des Bürgergelds heißen, übertragen. Genauere Aussagen zum Ex-ante-Effekt von Leistungsminderungen im Bürgergeld können erst nach entsprechenden Untersuchungen getroffen werden.

Datengrundlage

In der Untersuchung werden administrative Personendaten der Statistik der BA verwendet. Die Analysestichprobe umfasst erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die zwischen April 2012 und März 2013 in gemeinsamen Einrichtungen begonnen haben, Leistungen der Grundsicherung zu beziehen. Nur in den gemeinsamen Einrichtungen liegen die für die Analysen notwendigen Informationen zum Team der Vermittlungsfachkraft vor. Deshalb werden Leistungsbeziehende in zugelassenen kommunalen Trägern von der Analyse ausgeschlossen. Die Analyse beschränkt sich auf Leistungsbeziehende, die als arbeitsuchend gemeldet und zwischen 25 und 57 Jahren alt sind. Leistungsbeziehende, die beispielsweise aufgrund einer Erkrankung oder Kindererziehung nicht arbeitsuchend sind (und somit auch nicht als arbeitslos gelten), werden somit in die Analyse nicht einbezogen. Die Vorhersage der Sanktionswahrscheinlichkeit nutzt Personenmerkmale der Leistungsberechtigten als auch die Informationen zum Team der Vermittlungsfachkräfte. In den Schätzungen werden die Personenmerkmale kontrolliert, sodass die relevante Variation in der Sanktionswahrscheinlichkeit in der Anwendung von Sanktionen durch Teams von Vermittlungsfachkräften liegt.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-15.pdf.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer steigt im Juli zum zweiten Mal in Folge. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt nach einem Plus von 0,3 Punkten im Vergleich zum Vormonat bei 100,4 Punkten und befindet sich damit wieder im leicht positiven Bereich. Das European Labour Market Barometer festigt sich im Juli und liegt ebenfalls bei 100,4 Punkten.

„Der Arbeitsmarktausblick tritt seit einem Jahr weitgehend auf der Stelle. Konjunkturelle Impulse wären wichtig“, sagt Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB. Die Komponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers zur Vorhersage der Beschäftigung hat sich im Juli leicht verbessert. Sie steigt im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Punkte auf 102,5 Punkte. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit legt mit einem Anstieg von 0,5 Punkten etwas deutlicher zu und liegt bei 98,3 Punkten. Die Aussichten bleiben aber weiterhin pessimistisch. „Die Arbeitslosigkeit könnte etwas langsamer steigen, aber für eine Trendwende reicht es im Moment nicht“, so Weber.

Das European Labour Market Barometer steigt im Juli im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Punkte auf 100,4 Punkte. Es festigt sich damit im positiven Bereich. Es wird erwartet, dass die Beschäftigung moderat positiv bleibt, aber die Arbeitslosigkeit noch leicht steigt. „Die europäischen Arbeitsmarktservices sind wieder ein wenig optimistischer geworden“, berichtet Weber.

Datengrundlage

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert.

Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 17 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Tschechien und Zypern.

Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers und des European Labor Market Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Zum Download stehen bereit:

- eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe (xlsx).  

- eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter https://iab.de/daten/iab-arbeitsmarktbarometer/

Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle 18 beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components (xlsx) abrufbar. 

Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://iab.de/en/daten/european-labour-market-barometer/.

Weitere Information zum Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB finden Sie unter https://iab.de/daten/arbeitskraefteknappheits-index/

Mit 55 Prozent lebt die Mehrheit der bis Mitte 2019 nach Deutschland geflüchteten Frauen mit Partner und Kindern im Haushalt.  Andere Haushaltskonstellationen sind seltener vertreten: 10 Prozent der geflüchteten Frauen leben mit Partner, aber ohne Kind. 13 Prozent leben ohne Partner und Kind. Frauen ohne Partner und Kind haben im Vergleich zu den anderen Frauen dabei die höchste Wahrscheinlichkeit der Erwerbsbeteiligung. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis der repräsentativen IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten.

Insgesamt leben 76 Prozent der zwischen Anfang 2013 bis Mitte 2019 geflüchteten Frauen mit Kindern im Haushalt – bei den geflüchteten Männern kommt diese Lebenskonstellation mit 38 Prozent nur halb so oft vor. 22 Prozent der geflüchteten Frauen geben an, alleinerziehend zu sein. Bei den geflüchteten Männern sind es mit 9 Prozent deutlich weniger. „Geflüchtete Frauen leben also wesentlich öfter als Männer in Haushaltskonstellationen mit Betreuungspflichten und Sorgeverantwortung“, so Yuliya Kosyakova, Leiterin des Forschungsbereichs Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am IAB.

Frauen ohne Partner und Kind nehmen am wahrscheinlichsten am Erwerbssystem teil: Geflüchtete Frauen, die ohne Partner und Kinder im Haushalt leben, haben eine um 11 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit erwerbstätig zu sein als Frauen, die mit Partner und Kindern im Haushalt leben. Ihre Wahrscheinlichkeit, entweder erwerbstätig oder aktiv arbeitssuchend zu sein, liegt um 18 Prozentpunkte höher als bei den Frauen mit Partner und Kindern. Sechs Jahre und mehr nach Zuzug sind 22 Prozent der Frauen mit Partner und Kindern erwerbstätig. Bei den Männern mit Partnerin und Kindern sind es 63 Prozent. Bei den Geflüchteten ohne Partner*in und Kind im Haushalt sind es 43 Prozent der Frauen und 73 Prozent der Männer.

 „Die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts ist eine der rechtlichen Voraussetzungen, damit sich Geflüchtete längerfristig ein Leben in Deutschland aufbauen können.  Daher und wegen der Bedarfe des Arbeitsmarktes sollten geflüchtete Frauen stärker gefördert und unterstützt werden, etwa durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Hilfe bei der Anerkennung mitgebrachter Qualifikationen und intensivierte Beratung“, empfiehlt IAB-Forscherin Franziska Schreyer.

Die Studie beruht auf der repräsentativen IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten 2016 bis 2021. Sie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-14.pdf.

Der Vergleich zwischen Geflüchteten aus Syrien und dem Irak, die zwischen 2014 und 2016 erstmals Leistungen der Grundsicherung erhielten, und jenen, die zwischen 2016 und 2018 in den Leistungsbezug eintraten, zeigt: die spätere zugezogene Gruppe hatte zu Beginn des Leistungsbezugs seltener Berufsabschlüsse, allerdings vergleichbare Deutschkenntnisse. Der Abbau beider Hemmnisse verlief dabei sehr ähnlich. Die Erwerbsbeteiligung stieg bis 2022 deutlich – und damit sank auch deren Hilfebedürftigkeit. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Die Erwerbsbeteiligung und die Beendigung der Hilfebedürftigkeit haben sich seit 2016 positiv entwickelt: So gingen im Jahr 2022 fast 60 Prozent derjenigen syrischen und irakischen Geflüchteten, die zwischen 2014 und 2016 erstmals Leistungen der Grundsicherung bezogen, einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Auch ist der Anteil der Leistungsbeziehenden von rund 70 Prozent im Jahr 2016 auf etwa 30 Prozent im Jahr 2022 gesunken. Für die Geflüchteten aus Syrien und dem Irak, die zwischen 2016 und 2018 erstmals Leistungen der Grundsicherung erhielten, sind von 2018 bis 2022 ähnliche Entwicklungen erkennbar. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 verlangsamten sich der Abbau der Hemmnisse und die Arbeitsmarktintegration lediglich. Der positive Trend setzte sich bereits 2022 wieder fort. „Die Befürchtung, die Einschränkungen während der Pandemie hätten die Integrationsfortschritte zunichtegemacht, hat sich nicht bewahrheitet“, so IAB-Forscher Jonas Beste.

Mit Blick auf die Vermittlungshemmnisse verfügten syrische und irakische Geflüchtete, die zwischen 2016 und 2018 erstmals Leistungen der Grundsicherung erhielten, zu Beginn ihres Leistungsbezugs seltener über Berufsabschlüsse, jedoch über vergleichbare Deutschkenntnisse wie diejenigen, die zwischen 2014 und 2016 in den Leistungsbezug eintraten. Dabei verlief der Abbau dieser Hemmnisse in beiden Gruppen sehr ähnlich. Die sprachlichen Hemmnisse konnten schneller und stärker abgebaut werden als qualifikatorische Hemmnisse. „Der Erwerb eines Berufsabschlusses oder die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus dem Herkunftsland nimmt Zeit in Anspruch, sodass dieses Hemmnis erst zeitverzögert abgebaut werden kann“, erklärt Beste.

Die Studie beruht auf Daten der 16. Welle (2022) des Panels Arbeitsmarkt und soziale Sicherung (PASS), einer jährlichen Panelbefragung der Wohnbevölkerung in Deutschland ab 15 Jahren. Die Studie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/syrische-und-irakische-gefluechtete-erfolge-bei-der-arbeitsmarktintegration-wurden-durch-die-pandemie-nur-kurz-unterbrochen.