Seit 2010 ist die Anzahl indischer Staatsangehöriger deutlich gestiegen. Ihre Zuwanderung ist überproportional durch Erwerbs- und Bildungsmigration geprägt.
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und einem zunehmenden Fach- und Arbeitskräftebedarf in Deutschland könnten Zuwandernde aus Indien dazu beitragen, diesen Bedarf zu decken. Die Anzahl indischer Staatsangehöriger in Deutschland ist in den Jahren von 2010 bis 2022 deutlich gestiegen. Die Zuwanderung von indischen Staatsangehörigen ist dabei überdurchschnittlich geprägt durch Erwerbs- und Bildungsmigration. Insbesondere die Einwanderung zur Aufnahme eines Studiums ist seit dem Jahr 2010 vergleichsweise stark gestiegen. Die Arbeitsmarktintegration von indischen Staatsangehörigen ist gemessen an gängigen Indikatoren insgesamt positiv. Die Beschäftigungsquote ist vergleichsweise hoch und die Arbeitslosen- und SGB-II-Hilfequoten sind relativ niedrig.
Genauere Angaben zu den Arbeitsmarktindikatoren und Beschäftigungsstrukturen indischer Arbeitskräfte finden sich in dieser Publikation.
Die Strukturtabellen auf Basis des IAB-Betriebspanels 2010 bis 2022 zeigen auf, wie sich der Einsatz befristeter Arbeitsverträge nach Wirtschaftszweig, Bundesland, Betriebsgröße und weiteren betrieblichen Determinanten entwickelt haben. Befristete Beschäftigungsverhältnisse spielen sowohl im Bestand als auch bei den Einstellungen angesichts zunehmender Fach- und Arbeitskräfteknappheiten auf dem Arbeitsmarkt eine geringere Rolle als in früheren Jahren. Während im Jahr 2022 nur noch 34 Prozent der Einstellungen auf Basis befristeter Verträge erfolgen (2009: 47 Prozent), erreicht die Übernahmequote mit 47 Prozent einen neuen Höchststand (2009: 30 Prozent).
Seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts steht die Befürchtung im Raum, dass das sogenannte Normalarbeitsverhältnis als unbefristetes, sozialversicherungspflichtiges Vollzeitbeschäftigungsverhältnis in Deutschland an Bedeutung verliert und die unter dem Oberbegriff „atypischer Beschäftigung“ gefassten Beschäftigungsverhältnisse an Relevanz gewinnen. Zu letzteren werden üblicher Weise sozialversicherungspflichtige und geringfügige Teilzeitbeschäftigungen, befristete Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit und freie Honorartätigkeiten von Soloselbständigen gezählt. Daraus speist sich die Befürchtung, dass die genannten Erwerbsformen zum Teil eine geringere Dauer aufweisen, mit geringeren Löhnen einhergehen und aufgrund geringerer und kürzerer Beitragszahlungen in die Sozialversicherungssysteme eine geringere soziale Schutzwirkung entfalten. Aufgrund der starken Erwerbszentrierung unseres sozialen Sicherungssystems ist es für die sozial- und arbeitsmarktpolitische Steuerung relevant, die Entwicklung der verschiedenen Erwerbsformen im Blick zu behalten.
Die Strukturtabellen auf Basis des IAB-Betriebspanels 2010 bis 2022 zeigen auf, wie sich die verschiedenen Erwerbsformen je nach Wirtschaftszweig, Bundesland und Betriebsgröße entwickelt haben. Insgesamt wird deutlich, dass von einer kontinuierlichen Erosion unbefristeter, sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse außerhalb der Zeitarbeitsbranche nicht die Rede sein kann. Zudem sind die branchen- und betriebsgrößenspezifischen Strukturen und Entwicklungen äußerst heterogen.
Der Pflegebranche fehlen akut Fachkräfte. Mit der demografisch bedingten Alterung der Bevölkerung verschärft sich die Lage auf lange Sicht weiter. Als eine Ursache für den Fachkräftemangel werden u. a. zu niedrige Gehälter angeführt. Seit dem Jahr 2012 sind die Entgelte bis 2019 in der Krankenpflege weitgehend entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung gestiegen, in der Altenpflege waren die Steigerungen überdurchschnittlich. Nach 2019 sind die Entgelte sowohl in der Kranken- als auch in der Altenpflege im Gegensatz zur allgemeinen Lohnentwicklung überdurchschnittlich gewachsen. Letztere stagnierte im Coronajahr 2020 vor allem wegen der umfangreichen Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes (Pusch/Seifert 2021: 99). Seit 2021 spielt die Inflation eine zunehmend wichtige Rolle, weil mit ihrem überdurchschnittlichen Anstieg Lohnzuwächse deutlich stärker neutralisiert werden, als in der Vergangenheit. Zur Einordnung der nominalen Entgeltentwicklung berechnen wir daher auf der Basis des vom Statistischen Bundesamt erstellten Verbraucherpreisindex zusätzlich die preisbereinigte Reallohnentwicklung. Die hier vorgenommenen Entgeltanalysen beziehen sich auf Vollzeitbeschäftigte in den folgenden vier häufigsten Berufsgattungen unter den Pflegeberufen (Stichtag jeweils 31.12.):
Helferberufe in der Krankenpflege
Fachkraftberufe in der Krankenpflege
Helferberufe in der Altenpflege
Fachkraftberufe in der Altenpflege
Von allen Beschäftigten in den Berufen der Kranken- und Altenpflege, sind 85 Prozent in diesen vier ausgewählten Hauptpflegeberufen tätig. Genauere Definitionen dieser Berufe befinden sich in den Datengrundlagen.
Im Folgenden werden ausgewählte Indikatoren vorgestellt, die helfen sollen, Regionen mit einer „erheblichen Unterversorgung“ an Ausbildungsplätzen zu identifizieren.
1. Einleitung
Im Rahmen der Vorbereitungen eines Konzepts zur Ausgestaltung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Ausbildungsgarantie werden im Folgenden ausgewählte Indikatoren vorgestellt, die helfen sollen, Regionen (hier Agenturbezirke) mit einer „erheblichen Unterversorgung“ an Ausbildungsplätzen zu identifizieren.
Der Ausbildungsmarkt (Berufsbildungsgesetz und Gesetz zur Ordnung des Handwerks) hat sich in den vergangenen Jahren aus Sicht der Ausbildungsplatzsuchenden sehr positiv entwickelt. Den Jugendlichen stehen heute deutlich mehr Lehrstellen zur Verfügung als noch in der Vergangenheit. Zugleich bewegt sich die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge seit 2020 im Kontext der Corona-Krise auf historisch niedrigem Niveau. Aber bereits in den Jahren vor der Corona-Pandemie war die Zahl der Vertragsabschlüsse rückläufig. Vielfach suchen Ausbildungsbetriebe mittlerweile händeringend Auszubildende.
Der Anteil der bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) registrierten Bewerber*innen an allen institutionell erfassten Ausbildungsinteressierten im Jahr 2021 lag bei gut 60 Prozent (dieser Anteil kann grob als rechnerischer Einschaltungsgrad interpretiert werden; vgl. Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022, Bonn 2022, Abschnitt A 1.1.3, S. 25 f.). Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Quote regional und mit den jeweiligen Verhältnissen am Ausbildungsmarkt korreliert. Bei wachsendem Angebotsüberhang nutzen Betriebe die Ausbildungsvermittlung früher und häufiger, die Jugendlichen jedoch später bzw. seltener. Bei einem Nachfrageüberhang verhält es sich umgekehrt (siehe Definition Einschaltungsgrad: BA Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt, März 2023, S. 46 f.). Aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten bei der Besetzung ist derzeit die Registrierungsquote durch die Betriebe hoch und die der Jugendlichen tendenziell rückläufig.
Neben einer dualen Berufsausbildung stellt der Erwerb eines Berufsabschlusses im Schulberufssystem (nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen geregelt) die zweite Säule der nicht-akademischen Berufsausbildung dar. 2021 starteten bundesweit von allen Berufsausbildungsanfänger*innen 65 Prozent in eine duale Ausbildung und 35 Prozent in eine schulische Ausbildung (vgl. Integrierte Ausbildungsberichterstattung 2021; BIBB Berufsbildungsbericht 2022, S. 38.). Dabei variiert das Verhältnis von dualer Ausbildung zu vollzeitschulischer Ausbildung regional erheblich (Berlin: 51 zu 49 %; Bayern: 69 zu 31 %). Vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung stellen somit auch die vollzeitschulischen Ausbildungsgänge ein weiteres wichtiges Angebot für Ausbildungssuchende dar. In der Ausbildungsberichterstattung liegt das Hauptaugenmerk jedoch auf Ausbildungen im dualen System, der Bereich der Fachschulausbildungen wird hingegen nur als realisierte Ausbildungen abgebildet, weil Daten zu Ausbildungssuchenden nicht systematisch erhoben werden. Schwierigkeiten der Fachkräftesicherung zeigen sich aber auch in Berufen, die in der vollzeitschulischen Ausbildung erlernt werden, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Erziehung und Soziales.
2. Ausgewählte Indikatoren
Komplexe Sachverhalte, mit denen wir es beim Thema „Ausbildung“ zu tun haben, können nicht mit einem einzigen Indikator gemessen werden. Die Vielschichtigkeit des Konzepts wird daher mit Hilfe von mehreren Indikatoren abgebildet. Für die Einschätzung der regionalen Ausbildungsstellenlage wurden fünf Indikatoren ausgewählt (Abbildung 1 bis 5). Gemessen werden die Indikatoren auf der Ebene der Arbeitsagenturbezirke. Berlin wird mit seinen drei Agenturbezirken als Gesamtregion Berlin zusammengefasst. Die Indikatoren 1 bis 3 (Bewerber-Stellen-Relation, Verhältnis betriebliches Ausbildungsangebot zu Schulabgänger*innen, Verhältnis der noch suchenden Bewerber*innen zu unbesetzten Stellen) dienen der Darstellung der regionalen Unterschiede der Angebots- und Nachfragesituation auf dem Ausbildungsstellenmarkt im engeren Sinne. Die Indikatoren 4 und 5 (spezifische Arbeitslosenquote der arbeitslosen Jugendlichen ohne Berufsabschluss, Pendlersaldo von Auszubildenden) sind als übergeordnete Indikatoren zu verstehen, um die regionalen Disparitäten auf dem Ausbildungsstellenmarkt um diese relevanten Aspekte zu ergänzen.
2.1. Hauptindikatoren
2.1.1. Bewerber-Stellen-Relation (BSR)
Die Kennziffer stellt das Verhältnis der gemeldeten Bewerberinnen zu den gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen dar, für die die BA einen Dienstleistungsauftrag hat (amtliche Bewerberinnen-/Stellenzahlen), vgl. Abbildung 1. Im September 2022 kommen im Bundesdurchschnitt 80 Bewerberinnen auf 100 betriebliche Stellen. Den Bewerberinnen stehen damit deutlich mehr betriebliche Stellen zur Verfügung als es rechnerisch erforderlich wäre. Abbildung 1 zeigt aber auch zahlreiche Agenturbezirke, in denen die BSR-Werte bei über 100 liegen. In diesen Fällen liegt ein Bewerberüberhang vor – rechnerisch gibt es also zu wenige Stellen für die gemeldeten Bewerberinnen. In 20 Regionen ist dieser Überhang mit 110 oder mehr Bewerberinnen auf 100 Stellen besonders ausgeprägt.
Die Bewerber-Stellen-Relation bildet den Ausbildungsmarkt allerdings nur unvollständig ab, da nicht alle Bewerberinnen und auch nicht alle Betriebe bei der Suche die Hilfe der BA in Anspruch nehmen. Die Beteiligung der Beratungs- und Vermittlungsdienste schwankt dabei sowohl zeitlich als auch regional. Im Kontext der Pandemiejahre ist die Einschaltung vor allem auf Seiten der Bewerberinnen merklich zurückgegangen.
2.1.2. Betriebliches Ausbildungsangebot je Schulabgänger (betAA)
Dieser Indikator (vgl. Abbildung 2) unterscheidet sich von der BSR in zweierlei Hinsicht. Einerseits bildet er das betriebliche Lehrstellenangebot vollständiger ab als die bei der BA gemeldeten Ausbildungsstellen, weil er statt der gemeldeten Stellen die neu abgeschlossenen betrieblichen Ausbildungsverträge, ergänzt um die unbesetzten Stellen, betrachtet. Zum anderen wird diese Zahl ins Verhältnis zu allen Schulabgänger*innen in der Region gesetzt und nicht nur zu den registrierten Bewerber*innen. Der Indikator entspricht damit einer regionalen Ausbildungsplatzversorgung in Bezug auf die Schulabgänger*innen vor Ort.
Die Höhe des Indikators kann allerdings nicht nur von der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe abhängen, sondern auch mit dem Angebot von vollzeitschulischen Ausbildungen und Studiengängen vor Ort variieren. Niedrige Werte können daher auch mit einer geringeren Lehrstellenachfrage aufgrund von alternativen Berufsbildungsangeboten zusammenhängen.
Der Indikator setzt die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und die unbesetzten Stellen zum September 2022 ins Verhältnis zu Schulabgängerzahlen des Vorjahres (2021). Neuere Schulabgängerzahlen liegen derzeit noch nicht vor. Für die Bildung des Indikators ist dies aber unproblematisch, da die Aufnahme einer Ausbildung vielfach ohnehin nicht direkt im Abschluss an die Schulzeit erfolgt. So lag das Durchschnittsalter der Auszubildenden mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag im Jahr 2020 bei knapp 20 Jahren (Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2022, Tabelle A5.8-1, S. 159.).
Der Indikator misst das Verhältnis der noch suchenden Bewerber*innen (Summe der unversorgten Bewerber*innen und der Bewerber*innen mit Alternative zum 30.09.) zu den unbesetzten Stellen zum 30. September 2022 (vgl. Abbildung 3). Damit erhält man eine Kennziffer, wie viele noch suchende Bewerber*innen rechnerisch auf eine unbesetzte Stelle kommen. Diese Kennziffer ist damit für das Nachvermittlungsquartal von Interesse, um ggf. weitere Matchingprozesse zu initiieren. Dies kann insbesondere in Regionen gelingen, in denen viele unbesetzte Stellen wenigen noch suchenden Bewerbern gegenüberstehen. Im Bundesschnitt kommen auf eine unbesetzte Stelle 0,9 noch suchende Bewerber. Liegt der regionale Wert deutlich über dem Durchschnitt, ist dies eher ein Hinweis auf eine Unterversorgung mit Lehrstellen. Ist er hingegen unterdurchschnittlich, stehen den noch suchenden Bewerbern hingegen eine deutlich größere Anzahl von unbesetzten Stellen gegenüber.
Bei den Elementen dieses Indikators handelt es sich um die erfolglose Nachfrage sowie das unbesetzte betriebliche Stellenangebot. Damit ist die Kennziffer zugleich auch Ausdruck des Mismatches am Ausbildungsmarkt. Zur Beurteilung des Indikators sind daher auch die dahinterstehenden absoluten Größen der noch suchenden Bewerber und unbesetzten Stellen zu berücksichtigten, weil es einen Unterschied macht, wenn 50 noch suchende Bewerber 50 unbesetzten Stellen gegenüberstehen oder wenn es 1.000 zu 1.000 sind.
2.2. Ergänzende Indikatoren
2.2.1. Spezifische Arbeitslosenquote von Jugendlichen ohne Abschluss (sALQJoA)
Die Quote misst das Ausmaß von arbeitslosen Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) ohne abgeschlossene Berufsausbildung (vgl. Abbildung 4) in Bezug auf die zivilen Erwerbspersonen zwischen 15 und 24 Jahre. Dieser Personenkreis hat bisher also noch keine Ausbildung abgeschlossen, geht aktuell aber auch keiner Ausbildung nach und ist nicht beschäftigt. Die beobachtete Arbeitslosigkeit dieser Jugendlichen dürfte dabei überwiegend auf Probleme zurückzuführen sein, die beim Übergang in das Ausbildungssystem entstanden sind. Der Indikator gibt damit einerseits einen Hinweis auf regionale Fehlentwicklungen (der jüngeren Vergangenheit). Auch wenn mit § 81 Abs. 2 SGB III bereits ein arbeitsmarktpolitisches Instrument für das Nachholen von fehlenden Berufsabschlüssen besteht, bildet die Kennziffer das Potenzial an Jugendlichen ab, die ggf. nachträglich noch für eine Ausbildung motiviert werden können.
Unsicher sind dabei allerdings die tatsächlichen Ausbildungsabsichten und die Ausbildungsreife dieser arbeitslos gemeldeten Jugendlichen. Zu diesem Personenkreis dürften auch viele Geflüchtete zählen, bei denen unter Umständen fehlende Sprachkenntnisse oder eine unsichere Bleibeperspektive die Aufnahme einer Ausbildung erschweren.
2.2.2. Gewichteter Pendlersaldo der Auszubildenden (gewPSA)
Dieser Indikator gibt einen Überblick über den Umfang des Mobilitätsverhaltens von Auszubildenden zwischen den Agenturbezirken. Im Wesentlichen werden hier Ein- und Auspendlerregionen unterschieden sowie solche mit ausgeglichenem Pendlersaldo (vgl. Abbildung 5). Einpendlerregionen versorgen dabei nicht nur die Jugendlichen vor Ort mit Ausbildungsstellen, sondern zusätzlich die einpendelnden Jugendlichen aus umliegenden und auch weiter entfernten Regionen. Umgekehrt werden die Ausbildungsmärkte von Auspendlerregionen entsprechend entlastet. Gerade die Metropolen übernehmen mit ihrem hohen und beruflich diverseren Ausbildungsangebot eine überregionale Ausbildungsversorgung. Je nachdem wie stark diese Versorgungsfunktion ist, kann durch die Mobilität z. B. ein niedrigeres Ausbildungsangebot im Umland möglicherweise bereits ausgeglichen werden. Zugleich stehen aber die Jugendlichen aus den Metropolen in Konkurrenz zu Lehrstellenbewerber*innen aus dem Umland und gehen ggf. leer aus, wenn sie etwa in Bezug auf ihre Schulleistungen und sozialen Kompetenzen nicht mithalten können. In Auspendlerregionen besteht dagegen zudem die Gefahr, dass Betriebe vor Ort größere Stellenbesetzungsprobleme haben, wenn die Jugendlichen sich in größerem Umfang für eine (ggf. attraktivere) Ausbildung in den Metropolen entscheiden. Prinzipiell wäre daher eine Ausbildung in der Wohnortregion sehr vorteilhaft, auch weil die Mobilitätskosten im Verhältnis zur Ausbildungsvergütung relativ hoch ausfallen dürften.
Beispiel Agentur München: München weist im Agenturvergleich einen hohen positiven gewichteten Pendlersaldo auf (+285). Die angrenzenden Agenturen Weilheim und Freising verzeichnen eine im Bayern-Vergleich ungünstigere Bewerber-Stellen-Relation und ein niedrigeres betriebliches Stellenangebot je 100 Schulabgänger*innen. Die spezifische Jugendarbeitslosigkeit (ohne Berufsabschluss) ist in den beiden Auspendlerregionen jedoch unauffällig. Dies legt nahe, dass die ungünstigere Versorgung mit Ausbildungsstellen in den Agenturbezirken Weilheim und Freising durch das überregionale Ausbildungsangebot von München ausgeglichen werden kann. Zugleich stehen den noch suchenden Bewerbern in den beiden Umlandregionen zahlreiche noch unbesetzte Ausbildungsstellen zur Verfügung, was auf größere Besetzungsprobleme der Betriebe vor Ort hinweist.
Der Pendlersaldo der Auszubildenden wird über die Grenzen der Agenturbezirke ermittelt. Zur Vergleichbarkeit unterschiedlich großer Agenturen erfolgt eine Gewichtung mit der Zahl der Auszubildenden am Arbeitsort.
Der absolute Pendlersaldo wird dabei mit der jeweiligen Anzahl der Auszubildenden am Arbeitsort und auf einen Bezugswert von 1.000 Auszubildenden normiert. Gewichtete Pendlersalden zwischen -50 und 50 können als ausgeglichen angesehen werden, Ein- und Auspendler halten sich hier in etwa die Waage.
3. Gesamtschau der ausgewählten Indikatoren
Im Ergebnis zeigen sich für die hier ausgewählten Indikatoren relativ ähnliche regionale Muster (Abbildung 6). Als Schnittmenge ergeben sich insbesondere Regionen in Berlin, Brandenburg und Sachsen sowie in Nordrhein-Westfalen und Teilen Niedersachsens und Hessens als solche mit vergleichsweise höheren Herausforderungen im Hinblick auf die Versorgung der gemeldeten Bewerber mit Ausbildungsstellen.
Legt man darüber hinaus einen erweiterten Fokus auf die jungen Menschen, die als Arbeitslose ohne Berufsabschluss gemeldet sind, geraten auch weite Teile Niedersachsens sowie Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsen-Anhalts in den Blick, weil hier die spezifischen Arbeitslosenquoten von jungen Menschen ohne Berufsabschluss zum Teil deutlich überdurchschnittlich ausfallen. Hier käme vor Ort ggf. die Aufgabe hinzu, diesen Personenkreis für eine duale Berufsbildung bzw. für das Nachholen eines Berufsabschlusses zu motivieren (§ 81, Abs. 2, SGB III).
Mit Blick auf die Pendlerverflechtungen der Auszubildenden geht es insbesondere um die Frage, inwieweit die Mobilität regionale Unterschiede in der Ausbildungsplatzversorgung bereits ausgleichen kann bzw. ob und welche Probleme dadurch möglicherweise entstehen (z. B. viele unversorgte Bewerber in Großstädten, weil Ausbildungsstellen in großem Umfang an Bewerber aus dem Umland vergeben werden).
Da die vorgelegten statistischen Indikatoren die Lage zwar regional gut vergleichbar darstellen, aber dennoch nur lückenhaft beschreiben können, kann eine finale Festlegung der ggf. in eine Förderung einzubeziehenden Regionen nur gemeinsam mit den Regionaldirektionen, den Jugendberufsagenturen bzw. den Agenturen und Jobcentern sowie den Partner*innen vor Ort erfolgen. Des Weiteren sollten regionale Landesprogramme mit ähnlicher Intention berücksichtigt werden.
4. Anhang
Tabelle: Indikatorenübersicht nach Agenturbezirken
Agenturbezirke
Bewerber- Stellen- Relation (BSR) Sep. 2022
Betriebliches Ausbildungsplatz-angebot je 100 Schulabgänger (betAA) 2022/2021
Längsschnittbefragung von Personen, die als Schutzsuchende nach Deutschland zugezogen sind, und ihrer Haushaltsmitglieder.
Das IAB führt die (jährliche) IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten gemeinsam mit dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin durch (Brücker et al. 2017). Sie ist als Längsschnittbefragung von Personen, die als Schutzsuchende nach Deutschland zugezogen sind, und ihrer Haushaltsmitglieder angelegt. Die Stichprobe wird aus dem Ausländerzentralregister gezogen. Unter Verwendung statistischer Hochrechnungsverfahren können repräsentative Aussagen für die Schutzsuchenden, die vom 1.1.2013 bis zum 30.6.2019 nach Deutschland zugezogen sind, und für ihre Haushaltsangehörigen gemacht werden. Die Gesamtstichprobe umfasst inzwischen 10.111 erwachsene Personen, die mindestens einmal und bis zu sechsmal befragt wurden. Betrachtet werden hier 8.799 Geflüchtete im erwerbsfähigen Alter (18 bis 64 Jahre), die seit 2013 zugezogen sind (gut 22.000 Personen-Jahr-Beobachtungen). Die Analysen zur Befragungswelle 2021 beziehen 2.193 Personen ein.
Die Erhebung enthält in dem Personen- und Biografiefragebogen rund 400 Fragen und in dem Haushaltsfragebogen rund 100 Fragen, die neben vielen anderen Aspekten detaillierte Informationen über die Flucht- und Migrationsbiografie, Bildung und Ausbildung, den Erwerbsstatus, über den Leistungsbezug und zur Teilnahme an Bildungs-, Ausbildungs-, Sprach- und Integrationsprogrammen erfassen.
Die Entwicklung im Handwerk blieb hinter der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungs- sowie Ausbildungsdynamik zurück. Es gibt aber große Unterschiede zwischen den Bundesländern und den Gewerbegruppen.
Die Entwicklung im Handwerk blieb hinter der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungs- sowie Ausbildungsdynamik zurück. Es gibt aber große Unterschiede zwischen den Bundesländern und den Gewerbegruppen. Den höchsten Zuwachs im Handwerk hatte Berlin (2,5 %), den niedrigsten Thüringen (-0,5 %). Das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe sowie die Handwerke für den gewerblichen Bedarf sind die größten Bereiche. Allerdings variieren die Anteile in den Bundesländern zum Teil erheblich. Der Anteil der Beschäftigten lag beispielsweise für das Ausbaugewerbe 2020 zwischen 25,8 Prozent (Sachsen) und 30,3 Prozent (Nordrhein-Westfalen). Die Anzahl der Ausbildenden ging seit 2014 im Saarland mit -2,7 Prozent am stärksten zurück, während diese in Sachsen mit 2,6 Prozent am stärksten zunahm. Die rückläufige Entwicklung der Auszubildendenzahlen hat sich zwischen 2019 und 2021 weiter fortgesetzt.
Die BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsprojektionen zeigen, wie sich Arbeitskräftebedarf und -angebot nach Qualifikationen und Berufen langfristig entwickeln können.
Das QuBe-Projekt wird unter der gemeinsamen Leitung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) durchgeführt. Die BIBB-IAB-Qualifikations- und Berufsprojektionen zeigen anhand von Modellrechnungen, wie sich Arbeitskräftebedarf und -angebot nach Qualifikationen und Berufen langfristig entwickeln können.
Das IAB informiert mit "Berufe im Spiegel der Statistik" über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und die registrierte Arbeitslosigkeit in Deutschland.
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) informiert mit "Berufe im Spiegel der Statistik" über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und die registrierte Arbeitslosigkeit in den Berufen in Deutschland. Unter Beruf werden hier nicht Ausbildungsberufe, sondern Erwerbsberufe verstanden, d.h. die ausgeübten bzw. angestrebten Tätigkeiten unabhängig von der absolvierten Ausbildung. Der gegenwärtige Zeitrahmen (2013 - 2017) ermöglicht den Blick auf die aktuelle Situation und auf längerfristige Entwicklungen.
Den Betrieben wurden im dritten und vierten Quartal 2022 Sonderfragen zur Betroffenheit vom Ukraine-Krieg sowie zu ihren aktuellen Erfahrungen mit Geflüchteten gestellt.
Im Rahmen der IAB-Stellenerhebung wurden den Betrieben im dritten und vierten Quartal 2022 Sonderfragen zur Betroffenheit vom Ukraine-Krieg sowie zu ihren aktuellen Erfahrungen mit Geflüchteten aus der Ukraine gestellt. Die Kernergebnisse werden hiermit veröffentlicht. Befragt nach der Betroffenheit durch den Ukraine-Krieg gaben im vierten Quartal 2022 rund 54 Prozent der deutschen Betriebe an, überwiegend negativ betroffen zu sein – gegenüber dem Vorquartal eine Steigerung um 6 Prozentpunkte. In Bezug auf den betrieblichen Kontakt mit Geflüchteten aus der Ukraine, berichten insbesondere die Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten u. a. von bereits erfolgten Einstellungsprozessen. 9,6 Prozent der mittelgroßen Betriebe (50 bis 249 Beschäftigte) sowie 22,3 Prozent der Großbetriebe mit mindestens 250 Beschäftigten berichten im vierten Quartal 2022 hiervon.