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Im österreichischen Arbeitsmarkt-Service (AMS) soll das sogenannte Arbeitsmarktchancen-Assistenz-System (AMAS) auf Basis von Statistiken vergangener Jahre die zukünftigen Chancen von Arbeitssuchenden berechnen. Die Arbeitssuchenden werden dabei anhand der Prognose ihrer „Integrationschance“ in drei Gruppen eingeteilt, denen unterschiedliche Ressourcen für Weiterbildung zugeteilt werden. Ziel ist es, vor allem in jene Arbeitssuchenden zu investieren, bei denen die Fördermaßnahmen am ehesten zu einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt führen.

Der Vortrag zeigt, wie AMAS unter Berücksichtigung technischer Möglichkeiten, aber auch auf Basis bestimmter sozialer Werte und Normen entwickelt wurde. Er geht im Detail darauf ein, wie sich gesellschaftliche Ungleichheitslagen durch die technische Ausgestaltung von AMAS verstärken. Gesellschaftlich marginalisierte Gruppen unterliegen oft historisch langanhaltender und damit „anhäufender“, sogenannter kumulativer, Benachteiligung. Diese Benachteiligung ist auch in AMAS durch Variablen wie etwa Geschlecht, Staatengruppe und gesundheitliche Beeinträchtigung und deren Ausprägungen erfasst. Vor diesem Hintergrund widmet sich der Vortrag schließlich den Konsequenzen von AMAS in der Beratungspraxis und zeigt die Spannungen, die das System für die Organisation AMS mit sich bringt.

We study the effects of robot exposure on worker flows in 16 European countries between 2000-2017. Overall, we find small negative effects on job separations and small positive effects on job findings. Labour costs are shown to be a major driver of cross-country differences: the effects of robot exposure are generally larger in absolute terms in countries with low or average levels of labour costs than in countries with high levels of labour costs. These effects are particularly pronounced for workers in occupations intensive in routine manual or routine cognitive tasks, but are insignificant in occupations intensive in non-routine cognitive tasks. For young and old workers in countries with low levels of labour costs, robot exposure had a beneficial effect on transitions. Our results imply that robot adoption increased employment and reduced unemployment most in the European countries with low or average levels of labour costs.

Mit dem Bürgergeld setzt die Ampel-Koalition 2023 eine Reform des Hartz-IV-Systems mit Erleichterungen für Leistungsbeziehende durch. Die Beurteilungen der Reform in medialen und politischen Debatten fallen kontrovers aus: während einige Beobachterinnen und Beobachter das Bürgergeld als weitgehende Fortführung vieler Grundprinzipien des „alten“ Hartz IV-Systems deuten, warnen andere alarmistisch vor der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens durch die Hintertür. Unklar ist bislang jedoch vor allem, wie langzeitarbeitslose ALG II-Beziehende die anstehende Reform beurteilen und welche Präferenzen sie zu Kerninhalten wie Sanktionen, Vermögensprüfungen und Kosten der Unterkunft äußern. Der vorliegende Beitrag nimmt dies als Ausgangspunkt für eine empirische Beleuchtung. Auf Basis einer zufallsbasierten Befragung in acht Jobcentern in Nordrhein-Westfalen werden die Perspektive von Langzeitarbeitslosen untersucht: Wie schätzen sie zentrale Reforminhalte ein? Wie nehmen Langzeitarbeitslose ihre individuelle Situation im Leistungsbezug wahr? Womit verbringen sie ihre Zeit und welche Erfahrungen haben sie mit den Jobcentern als street-level bureaucracy gemacht? Die Befunde offenbaren mehrheitlich positive, aber mit Blick auf einzelne Reformaspekte differenzierte Einschätzungen zu Kerninhalten des Bürgergeldes. Bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten werden beispielsweise von einer großen Mehrheit der Langzeitarbeitslosen befürwortet, während einen grundsätzlichen Verzicht auf Sanktionen viele auch skeptisch sehen. Über 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen berichten zudem, sich „voll und ganz“ oder „eher“ für den Grundsicherungsbezug zu schämen; knapp zwei Drittel stimmen „voll und ganz“ oder „eher“ der Aussage zu, dass andere Leistungsbeziehende das System ausnutzen. Viele Leistungsbeziehende sind eigenen Angaben zufolge ehrenamtlich und nachbarschaftlich aktiv. Eine zukünftig verbesserte Förderung solcher Tätigkeiten birgt jenseits der Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Chancen für die Stärkung der sozialen Teilhabe. Kurz- und mittelfristig wird zudem die Inflation eine spürbare Erhöhung des Regelsatzes notwendig machen, um Armutsrisiken abzumildern. Zudem sollten die Chancen eines Modellprojekts zur Evaluierung der Wirkungen von Sanktionen genutzt werden, um dieses kontroverse Thema evidenzbasiert bewerten zu können.

Gemeinsamer Workshop der Arbeitsgruppe „Soziale Sicherung im Wandel“ und der Kompetenzfelder „Erwerbsbeteiligung, Armut und Sozialpolitik“ und „Bildung vor und im Erwerbsleben“

Die von der Bundesregierung geplante Kindergrundsicherung sieht finanzielle Leistungen vor. Darüber hinaus können weitere Maßnahmen Kinder und Familien unterstützen. Hierzu zählen ein einfacherer Zugang zu staatlichen Leistungen sowie kind- und familienbezogenen Diensten, eine Stärkung der Infrastruktur bei Betreuungseinrichtungen und Schulen sowie die Förderung von Bildung und Teilhabe. Der Workshop thematisiert diese Aspekte, die über die Transferzahlungen für Familien hinausgehen, mit zwei Vorträgen.

Familiale Armutslagen, soziale Teilhabe und Zugänge von Kindern und Familien zu Leistungen und sozialer Infrastruktur

Dr. Christina Boll, Deutsches Jugendinstitut (DJI), Abteilung „Familie und Familienpolitik“

Der Vortrag beleuchtet die Erscheinungsformen von materieller und sozialer Deprivation von Familien sowie die Zugangshürden bei der Inanspruchnahme von kind- und familienbezogenen Leistungen und Diensten. Er zeigt auf, welche politischen Handlungsfelder sich flankierend zu einer ausreichenden materiellen Versorgung für ein gutes Aufwachsen von Kindern ergeben.

Auswirkungen von Sachleistungen und Unterstützungsmaßnahmen für benachteiligte Kinder und Jugendliche

Dr. Malte Sandner, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Forschungseinheit „Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe“

Die aktuelle Diskussion über die Einführung einer Kindergrundsicherung schließt Unterstützungsleistungen für die Bildung und Teilhabe von Kindern ein. In der Forschungseinheit „Bildung, Qualifizierung und Erwerbsverläufe“ befassen sich zwei Projekte mit diesem Themenkomplex. Das Projekt „Corona und Du“ (CoDu) fragt, wie sich ein kostenfreies Online-Nachhilfeangebot und die Bereitstellung von E-Book-Readern für benachteiligte Familien auf den Schulerfolg auswirken. Das Projekt „Pro Kind“ untersucht die Wirksamkeit einer aufsuchenden Unterstützungsmaßnahme im Rahmen der sog. Frühen Hilfen. Der Vortrag stellt Ergebnisse aus beiden Projekten vor und diskutiert sie vor dem Hintergrund der Kindergrundsicherung.

We evaluate two policies that provide financial incentives for re-employment of job seekers at risk of long-term unemployment: (i) a re-employment voucher that incentivizes a specialized third party to match the job seeker with an employer; and (ii) a re-employment bonus that incentivizes the job seeker directly. We combine administrative records and data generated by an experimental implementation of these policies in northern Italy during 2017-2018 and involving more than 10,000 job seekers. Each policy is no less effective than conventional job search assistance. We argue that a dual voucher-bonus system based on self-selection would be cost effective.

We characterize work hour constraints in the labor market and quantify welfare gains to workers
from moving from their current hours to their optimal hours. There is a firm component
to work hours that explains approximately 27% of the overall variability in hours. Contrary to
predictions from established models of work hours determination, there is virtually no correlation
between worker preference for hours and employer hour requirements. Instead, high-wage
workers are more likely to sort to firms offering more hours even though they have a preference
for fewer hours. Using a revealed preference approach, we find that workers are off their labor
supply curve, on average. The typical worker has an inelastic labor supply and prefers firms
that offer more hours. Workers are willing to trade off 25% of earnings on average to move
from their current employer to an employer that offers the ideal hours, at a given wage level.

Research on earnings inequalities in heterosexual couples has shown that women tend to earn substantially less than their male partners (e.g.Bianci et al. 1999; Estevez-Abe 2008; Dotti-Sani 2015) and also that these inequalities have been quite consistent over time and resistant to institutional change (Dieckhoff et al. 2020). These inequalities are problematic as they impact women’s future labour market outcomes. We know from existing work that women who earn less than their partner are more likely to drop out of the labour market (Shafer 2011); switch from full-time to part-time (Dieckhoff et al. 2016) and less like to advance their careers (Bröckel et al. 2015). Earnings inequalities in couples are hence not only the result of inequalities in the labour market, they can also further enhance them. It is thus important to understand these inequalities and how these evolve over the life-course. In this effort, we investigate using the German Socio-economic Panel (SOEP) 1992-2018 how earnings inequalities evolve with duration of couple’s cohabiting relationships based on German panel data. We also examine whether different patterns can be observed for different cohorts.

In our analysis we define the partner income gap (PIG) as the difference in monthly earnings between cohabiting partners (including zero earnings) and differentiate three types of couples: (1) those who start cohabiting childless and then become parents; (2) those who already have a child from the start of their cohabitation; and (3) those who remain childless.

We observe that there is an income gap (to the female partner’s disadvantage) in all 3 couple “types” at the outset of the cohabitation phase of their relationship. The results show that for those who stay childless and those who started cohabitation with a child, the partner pay gap does not increase or decrease over time – the persistence of the PIG over time in these groups is notable. For those couples who started childless and then became parents, women’s disadvantage grows with relationship duration. Comparing the findings in East and West, we find not only that the income gaps are substantially less pronounced in the East, but also that the growth of the gap in couples who become parents during the observation time is hardly growing over time.

In a second step, following on from Brüderl et al. (2019) the paper also provides an analysis of the effect of having children as a ‘causal pathway’ on Y. We do this through the application of a fixed-effects regressions with a dummy impact function of the effect of having a child on the partner income gap.  The findings of these analyses again confirm the strong effects of having a child on the income gap. We also observe that cost of a child, in terms of partner income gap, varies by cohort, and it is declining in younger cohorts.

Recent evidence on the gender pay gap has shown that while it is narrowing for the least educated, it has remained stagnant for those with a university degree and is largest for those at the top of the earnings distribution. Attempts to explain the gap using non-cognitive traits have been limited despite a literature highlighting the fact that some of the gap may be attributable to women not “leaning in” while men are more overconfident in their abilities. We probe this hypothesis using longitudinal data from childhood into mid-career and construct a measure of overconfidence using multiple measures of objective cognitive ability and subjective estimated ability. Our measure confirms previous findings that men are more overconfident than women. We then use linear regression and decomposition techniques to account for the gender pay gap including our measure of overconfidence. Our results show that overconfidence captured in adolescence explains a significant portion of the gender wage gap at age 25, which decreases in importance by age 34 and age 42. This highlights the importance of overconfidence in helping individuals to get on a trajectory of higher earnings early in career.

International wird derzeit eine „Arbeitsplatzgarantie” als Lösung für das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit diskutiert. Der Staat kann damit auf die Ausgrenzung vieler Personen aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt reagieren und zugleich bisher fehlende Leistungen für die Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Das „Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal“ (MAGMA) des AMS Niederösterreich setzt das Konzept erstmals in Österreich um. Es bietet allen lang-zeitbeschäftigungslosen Personen in der Gemeinde Gramatneusiedl über die Dauer des Projekts von dreieinhalb Jahren einen gemeinnützigen Arbeitsplatz. Mit dem Forschungsprojekt „Marienthal.reversed“ begleitet das Institut für Soziologie der Universität Wien MAGMA wissenschaftlich. Ziel dieser Längsschnittstudie ist es, die Wirkungen von MAGMA auf die bisher langzeitbeschäftigungslosen Personen über einen Zeitraum von drei Jahren wissenschaftlich zu untersuchen. In der ersten Welle der Erhebungen fiel die Heterogenität der Teilnehmenden, ihrer Bedürfnisse und Erwartungen als große Herausforderung für das Modellprojekt auf. Nach einem Jahr Projektlaufzeit zeigten sich bereits einige positive Wirkungen der Maßnahme. Das betrifft insbesondere einzelne Aspekte der Lebenszufriedenheit, die finanzielle Situation eines Teils der Teilnehmenden, Aspekte der Gesundheit und Fragen der sozialen Inklusion und Anerkennung. Im Projekt ist es sehr gut gelungen, auf gesundheitliche Einschränkungen ihre Betreuungspflichten Rücksicht zu nehmen. Weniger häufig sind Teilnehmende mit den Tätigkeiten zufrieden und mit den Möglichkeiten, sich beruflich weiter zu entwickeln. Der Vortrag stellt die Zielsetzung und Anlage des Modellprojekts vor, zeigt anhand der erhobenen Daten die Wahrnehmungen der Teilnehmenden und die Wirkungen der Maßnahme nach einem Jahr auf und diskutiert auf dieser Basis die Chancen und Dilemmata des Konzepts der Arbeitsplatzgarantie.

Die digitale Transformation stellt nicht nur Geschäftsmodelle von Unternehmen und ihre Produktionsweisen auf den Prüfstand, sondern auch die sozialen Beziehungen im Betrieb. Die betrieblichen Akteure müssen die Beziehungen zu den Stakeholdern neu bewerten und gegebenenfalls neu aufbauen. Denn digitale Kommunikationsmedien versprechen instantane Erreichbarkeit und steigern die Erwartungen an Transparenz des Handelns. Betriebsräte als institutionelle Akteure der Mitbestimmung im Betrieb sind hiervon besonders betroffen. Im Vortrag werden die Ergebnisse eines interdisziplinären Forschungsprojekts präsentiert, die nahe legen, dass im Zuge der digitalen Transformation die Institution Betriebsrat selbst strukturell verändert wird.