Rund die Hälfte der Paare mit Kindern unter 15 Jahren in Österreich lebt nach dem Frau Teilzeit/Mann Vollzeit Modell. In diesem Vortrag gehen wir der Frage nach, wie sich Erwerbsmodelle von Paaren mit Kindern in der COVID-19 Pandemie veränderten und wie sich dies auf die Aufteilung von Kinderbetreuungs- und Hausarbeitszeit auswirkte. Wir bilden Trends über den Verlauf der Pandemie hinweg ab, fokussieren jedoch auf den ersten Lockdown im Frühjahr 2020, wo sich die stärksten Veränderungen zeigten. Als Datenbasis verwenden wir den Mikrozensus (Labour Force Survey) sowie die Daten des Austrian Corona Panel Projects. Zentrale Ergebnisse sind ein (temporärer) Rückgang des Frau Teilzeit/Mann Vollzeit Modells zugunsten einerseits egalitärerer Modelle, andererseits des männlichen Ernährermodells (Frau nicht erwerbstätig/Mann Vollzeit). Dies führte in einem Teil der Familien zu einer veränderten Arbeitsteilung: Väter in Teilzeit und im Homeoffice weiteten ihre Kinderbetreuungs- und Hausarbeitszeit aus. Diese Befunde werden vor dem Hintergrund von Geschlechterrollentheorien und ressourcenbasierten Ansätzen diskutiert.
Veranstaltungsreihe: IAB-Colloquium
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit vor und diskutieren diese mit Expertinnen und Experten aus dem IAB. Auch Interessierte aus Arbeitsverwaltung, Politik und Praxis sind willkommen.
New data for migration research – the Research Data Centre at the Federal Office for Migration and Refugees
The presentation offers an overview about the new data service of the Research Data Centre of the Federal Office for Migration and Refugees (BAMF-FDZ). The BAMF-FDZ gives access to register and survey data for migration and integration research. The presentation will introduce the available and future data sets and discuss advantages and limitations. In addition, the application procedure is also explained.
Gründungstätigkeit in Deutschland: Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors
Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Krise ist die Gründungstätigkeit in Deutschland zurückgegangen. Gründerinnen und Gründer machten sich aber häufiger selbstständig, um eine sich bietende Geschäftsgelegenheit wahrzunehmen. Ihr Anteil stieg 2020 auf 80 % an, womit die Anzahl an Chancengründungen trotz der rückläufigen Gründungstätigkeit relativ stabil blieb. Die Corona-Krise hat branchenbedingt insbesondere selbstständige Frauen stark belastet. Die Zahl der Gründerinnen blieb 2020 aber nur leicht unter dem Vorjahresniveau. Gründungsinteressierte Frauen scheinen sich schneller auf die neuen Krisenbedingungen eingestellt und letztlich ihre Gründungspläne häufiger doch realisiert zu haben als Männer. So haben Gründerinnen häufiger als Gründer Geschäftsmodellanpassungen vorgenommen. Die meisten (typischen) Gründungshemmnisse wurden 2020 seltener wahrgenommen als üblich. Dies dürfte mit der Corona-Krise zusammenhängen, deren Herausforderungen alles überlagerte und viele Gründungsinteressierte von vornherein abschreckte. Es dürften also eher Menschen gegründet haben, die bereits konkrete Vorstellungen hatten und entsprechend seltener Hemmnisse wahrnahmen. Dennoch gehen Gründerinnen und Gründer mit dem Gründungsstandort Deutschland härter ins Gericht als in den vergangenen Jahren. Coronabedingt verschobene Gründungen dürften 2021 die Gründungstätigkeit stützen.
“Wir schaffen das!”: Civic Engagement and Social Integration of Refugees
Civil society has played an important role in meeting the challenges of refugee migration in recent years. This policy report studies the importance of civic engagement for the integration of refugees by employing several waves of the IAB-BAMF-SOEP survey data. Using the density of newly established associations at the county level as a measure of civic engagement of a region, we exploit regional differences in civic engagement in order to estimate its association with individual integration outcomes of refugees. We find that in regions with particularly high levels of civic engagement, refugees have significantly more frequent contact to Germans, higher life satisfaction and better German language skills. This correlation is robust to controlling for the local population structure, economic strength and labor market situation. In terms of language acquisition, women and refugees with a low level of education benefit the most from high civic engagement. Moreover, refugees with university degrees find significantly better-paying jobs in areas with higher civic engagement. However, no direct correlation could be established between civic engagement and the likelihood that refugees are active in the labor market. Nonetheless, the results suggest that support from civil society translates into improved access to government benefits. Our findings stress that local civic engagement is an important complement to public assistance services and policy makers should give a high priority to team up with civil society to improve refugees' integration outcomes.
Besser als die Wirklichkeit: Medien zeichnen kontrafaktisches Bild zur beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderungen
Die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 verlangt die „volle und wirksame“ Teilhabe an der Gesellschaft. Knapp acht Millionen Menschen in Deutschland sind von einer schweren Behinderung betroffen, für rund drei Millionen stellt sich aufgrund ihres Lebensalters die Frage nach beruflicher Inklusion. Doch sie sind etwa doppelt so häufig arbeitslos wie Menschen ohne Behinderung und suchen dreimal so lange nach einer neuen Stelle. Die Pflichtbeschäftigungsquote von fünf Prozent wird seit Jahren nicht erreicht und stagnierte zuletzt. Selbst die Hälfte der DAX-Unternehmen erreicht die Quote nicht. Das gäbe Anlass zu kritischer Berichterstattung. Im Gegensatz dazu ist das Bild in deutschen Medien von individuellen Erfolgsstorys statt strukturellen Problemen geprägt. Das unterscheidet die Berichterstattung deutlich von der über andere Felder der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik. Die vorliegende Untersuchung schließt eine Forschungslücke: Im Dreiklang von Arbeitsmarkt (Realität), Medienbild (Medienrealität/Inhaltsanalyse) und journalistischen Praktiken (Interviews) wird für den Zeitraum 2009 bis 2017 untersucht, welche Nachrichtefaktoren, Stereotypen und kulturellen Modelle die Berichterstattung bis dato prägen und wie sie zustande kommen. Praxistaugliche Alternativen werden aus Wissenschaft und Expertengesprächen entwickelt.
Shelter in place: the impact of refugee accommodation on neighbourhood appeal
The opening of refugee shelters is regularly met with protest from the surrounding community. Often, such opposition is driven by the fear that the presence of a shelter devalues the neighbourhood, either because of a concrete decrease in the quality of local amenities and public life, or because of neighbours and prospective residents’ prejudicial beliefs (or a combination of both). At the same time, it is unclear whether protests by individual residents reflect the preferences of the entire community, and whether fears over the arrival of refugees are held strongly enough to affect residents’ concrete decisions over where to live. In this article I combine information on property listings between 2012 and 2019 with data on all refugee accommodation facilities in Munich, Germany to examine whether the opening of a refugee shelter affects the desirability of the surrounding neighbourhood, decreasing local property prices relative to elsewhere. Results from the staggered difference-in-difference design find no evidence that the presence of a shelter impacts the value of surrounding properties, or changes the demand for or supply of local housing. Complementary survey findings suggest that increased contact may be driving this null effect: the presence of a nearby refugee shelter increases casual encounters between natives and refugees, which may reduce prior fears over refugees’ negative impact on the local community.
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Beratung, Betreuung und Begleitung von Langzeitleistungsbeziehenden nach dem SGB II
Die Corona-Pandemie hatte weitreichende soziale und wirtschaftliche Folgen für vulnerable Bevölkerungsgruppen. Insbesondere für Langzeitleistungsbeziehende sinken die Chancen auf eine Beschäftigungsaufnahme, während das soziale Ausgrenzungsrisiko steigt. Der Hilfe- und Unterstützungsbedarf erhöht sich; gleichzeitig sieht sich das Hilfesystem für Langzeitleistungsbeziehende bestehend aus den Jobcentern, sowie gemeinnützigen und kommunalen Trägern mit den Herausforderungen und Veränderungen der Corona-Pandemie konfrontiert.
Im Rahmen dieses Colloquiums sollen anhand der Ergebnisse aus acht qualitativen Fallstudien im Rahmen des Forschungsvorhabens „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Beratung, Betreuung und Begleitung von Langzeitleistungsbeziehenden im SGB II“ des IAW die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowohl auf den Personenkreis der Langzeitleistungsbeziehenden, als auch auf die Bemühungen zur Heranführung an und Integration in den Arbeitsmarkt und zur Förderung sozialer Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit durch Jobcenter, sowie kommunale und gemeinnützige Träger dargestellt werden.
Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten – Problemfelder und Handlungsempfehlungen
Digitalisierung bedeutet, die Welt in Daten zu übersetzen, die von Rechenmaschinen verarbeitet werden können. Bilder, Wörter, Töne – alles Analoge kann zunehmend in Daten übersetzt und ausgewertet werden. Wie bei einer Übersetzung aus einer Fremdsprache Wörter aber nur in ihrem jeweiligen Kontext Sinn ergeben, so ergibt die Übersetzung der Welt in Daten nur in ihrem gesellschaftlichen Kontext Sinn. Wird der digitale Transformationsprozess ohne Kontext, d.h. rein technikzentriert und rein marktorientiert gestaltet, entstehen (Übersetzungs-)Fehler – manche sind sichtbar, viele aber nicht. Mit den geschlechtsbezogenen Fallstricken beschäftigt sich das Gutachten der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Im Vortrag wird die Vorsitzende der Sachverständigenkommission, Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok, ein Überblick über die Problemfelder und den Handlungsempfehlungen der Sachverständigenkommission geben – insbesondere geht sie auf die Themen der Arbeitswelt ein.
Disruptive Effects of Natural Disasters: The 1906 San Francisco Fire
Natural disasters are growing in frequency globally. Understanding how vulnerable populations respond to these disasters is essential for an effective policy response. This paper explores the short- and long-run consequences of the 1906 San Francisco Fire, one of the largest urban fires in American history. Using linked Census records, I follow residents of San Francisco and their children from 1900 to 1940. Historical records suggest that exogenous factors such as wind and the availability of water determined where the fire stopped. I implement a spatial regression discontinuity design across the boundary of the razed area to identify the effect of the fire on those who lost their home to it. I find that in the short run, the fire displaced affected residents, forced them into lower-paying occupations and out of entrepreneurship. Experiencing the disaster disrupted children’s school attendance and led to an average loss of six months of education. While most effects attenuated over time, the negative effect on business ownership persists even in 1940, 34 years after the fire. Therefore, my findings reject the hope for a “reversal of fortune” for the victims, in contrast to what is found for more recent natural disasters such as hurricane Katrina.
Verdiensterhebung – die neue Datenquelle zur umfassenden Analyse der Verdienste in Deutschland
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland hat zu neuen Anforderungen der Datennutzer an die amtliche Verdienststatistik geführt. Das Statistische Bundesamt hat daraufhin die gesamte Verdienststatistik reformiert und ein Konzept implementiert, dass ab 2022 eine neue monatliche Verdiensterhebung mit über 7 Mio. Datensätzen von Beschäftigten vorsieht.
Im Rahmen dieses Colloquiums stellen wir Ihnen das Konzept dieser neuen Erhebung vor und erläutern Ihnen die Erhebungsmethodik. Ferner verschaffen wir Ihnen einen Überblick über den Merkmalskatalog und werfen einen Blick auf die Auswertungs- und Analysepotenziale dieser neuen Verdiensterhebung.