Das Dienstleistungswachstum - eine moderne Umwegproduktion
Beschreibung
"Eine wichtige Basis für die Projektion der Arbeitslandschaft nach Wirtschaftszweigen und Tätigkeitsprofilen für einen Zeitraum von über zwanzig Jahren ist die Entwicklung von szenarioartigen Vorstellungen über den sektoralen und funktionalen Strukturwandel. Er begleitet die gesamtwirtschaftliche Entwicklung mindestens in dem gleichen Maße, wie er sie vorantreibt. Zentral ist dabei die Umstrukturierung zugunsten der Dienstleistungen. Die theoretischen Ansätze, wie sie vor langer Zeit von Fourastie, dann von Bell und im Hinblick auf die Informationsverarbeitungstätigkeiten von der OECD verfolgt wurden, haben sich hierfür aber bisher nur sehr begrenzt bewährt. Mehr spricht dafür, daß die Zunahme der Dienstleistungstätigkeiten eher als ein weiterer Schritt im ökonomischen Prozeß der Erweiterung von Umwegproduktionen gesehen werden muß: Der Bedarf an Dienstleitungen steigt, weil Wohlstandssteigerungen in der Gesamtwirtschaft immer mehr davon abhängen, daß die Entwicklung und Anwendung neuen Wissens und die Reduktion oder gar Überwindung von politischen und koordinatorischen Reibungsverlusten immer mehr zur betriebs- wie gesamtwirtschaftlichen Voraussetzung für die Zukunft einer Gesellschaft werden, in der die Komplexität und Internationalität der menschlichen und wirtschaftlichen Beziehungen wachsen. Das Ergebnis ist ein ständig steigender Einsatz von Ressourcen für Forschung, Entwicklung und Ausbildung, aber auch für Management, Organisation und Verwaltung im öffentlichen wie privaten Rahmen. Dementsprechend wird für die sektorale Analyse eine Differenzierung der Dienstleistungssektoren nach distributiven, investiven und ordnenden Zweigen vorgeschlagen, die zunächst unterschiedliche Produktionsbedingungen aufweisen, die vor allem aber einen völlig unterschiedlichen Bedarf befriedigen. Diese Strukturierung läßt sich im Prinzip auch für die Tätigkeitsanalyse verwenden, jedoch ist die Abgrenzung sektor- (oder betriebs-)intern schwieriger, so daß sich hierfür eher eine Zweiteilung in "primäre" und "sekundäre" Dienstleistungstätigkeiten empfiehlt, wie in den Projektionen zur Arbeitslandschaft bis 2010 geschehen. Dabei wurden die für die Sicherung der normalen Abläufe überwiegend distributiven und konsumtiven Tätigkeiten den für die Integration und Weiterentwicklung notwendigen Tätigkeiten, die überwiegend investiven und ordnenden Charakter haben, gegenübergestellt." (Autorenreferat)
Zitationshinweis
Wolff, Heimfrid (1990): Das Dienstleistungswachstum - eine moderne Umwegproduktion. Überlegungen zur Bedeutung der Dienstleistungen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 23, H. 1, S. 63-67.