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Publikation

Entstehung und Bedeutung menschlicher Kognition und die Konsequenzen für eine moderne Sozialwissenschaft

Beschreibung

"Vor dem Hintergrund kultureller Entwicklungsmechanismen und -sequenzen einerseits und der historisch variablen Prozesse der Enkulturation und Sozialisation im Rahmen der jeweiligen individuellen Ontogenese andererseits wird deutlich, dass Gehalt und Wirkung gesellschaftlicher Institutionen sowie die Handlungspotenziale von Individuen nur im Horizont ihrer gesellschaftlich-kulturellen Konstitutionsmechanismen und Sinnzusammenhänge erfasst werden können. Dabei ist anzuerkennen, dass sich sowohl historische und kulturelle Semantiken als auch die basalen Strukturen der Erkenntnis und der Kommunikation wandeln, und zwar nicht in der Weise einer linearen Fortentwicklung, sondern in einem komplexen Prozess wechselnder Konstellationen. Diese erkenntnistheoretische Grundeinsicht und die daraus folgenden Konsequenzen werden im Beitrag zunächst theoretisch erläutert und dann fallanalytisch aufgezeigt. Hierzu dient das vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Nürnberg koordinierte Projekt 'Armutsdynamik und Arbeitsmarkt' zur SGB II-Wirkungsforschung. Anhand einer im Rahmen dieses Projekts erfassten autobiographischen Erzählung eines Arbeitslosengeld II-Empfängers kann die kulturelle Bedingtheit der Wirkungsweise wohlfahrtsstaatlicher Institutionen exemplarisch offengelegt werden. Zudem werden dabei einige der möglichen Brechungen deutlich, denen die gegenwärtigen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Konzepte in der Praxis ausgesetzt sind. Die Konsequenz aus der fallanalytischen Betrachtung ist selbst wieder von hoher methodischer Relevanz: Aus einer in der Ökonomik üblichen abstrahierenden Modellierung wirksamer Präferenzen, Rationalitäten und Kalküle allein lässt sich gerade nicht ableiten, welche Formen des Handelns auf der Grundlage welcher Formen der Welterschließung in soziale Praxis gerinnen. Um die hierbei wirkenden Mechanismen und die aus ihnen resultierende Vielgestaltigkeit der Handlungslogiken zu erschließen, bedarf es vielmehr -- im Sinne einer Kulturellen Ökonomik -- systematischer empirischer Rekonstruktionen der Genese und Struktur von Deutungs- und Handlungsmustern im Kontext ökonomischen Handelns und ökonomischer Institutionen." (Autorenreferat, IAB-Doku)

Zitationshinweis

Wenzel, Ulrich (2009): Entstehung und Bedeutung menschlicher Kognition und die Konsequenzen für eine moderne Sozialwissenschaft. Generelle Überlegungen und eine fallanalytische Explikation. In: N. Goldschmidt & H. G. Nutzinger (Hrsg.) (2009): Vom homo oeconomicus zum homo culturalis : Handlung und Verhalten in der Ökonomie (Kulturelle Ökonomik, 08), S. 125-156.