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Publikation

Was ist neu am neuen Antisemitismus?

Beschreibung

"Zum Ende sei bemerkt, dass das Sprechen über “die islamische Welt” und “den Westen” schnell selbst zum Stereotyp wird. Volker Weiß hat dies einmal folgendermaßen formuliert: “Die Gratwanderung zwischen notwendiger Religionskritik und chauvinistischem Ressentiment misslingt zumal dann, wenn die Konstruktion einer “westlichen Identität” jede Kritik der Moderne unterbindet.” (Weiß 2002) Eine Analyse muss daher Gemeinsamkeiten und Differenzen benennen können. Neben den verschiedenen Wir-Gruppen-Konstruktionen im Antisemitismus von links, rechts oder islamistischer Seite, lassen sich Differenzierungen aus den unterschiedlichen Motivationen ziehen: Geht es mit der Relativierung der Shoah von Seiten deutscher Revisionisten um eine Entlastung der Täter, so soll in Teilen der arabischen Welt damit primär die Legitimität des Staates Israel aus der Shoa in Frage gestellt werden. Bezogen auf die Kontextbedingungen lässt sich festhalten, dass der islamistische Antisemitismus von einem realen Konflikt begleitet wird, der mit Rückgriff auf kulturell verfügbare antisemitische Semantiken gedeutet wird. Der Antisemitismus funktioniert aber auch ohne diese Bestätigung. Auf die Frage nach dem “Neuen” im sogenannten “neuen Antisemitismus” lässt sich festhalten: auch wenn es zu semantischen Verschiebungen und Angleichungen an den Kontext bzw. einer Kombination von verschiedenen Wir-Gruppen-Konstruktionen gekommen ist, haben sich die wesentlichen Begründungsmuster des modernen Antisemitismus, in der Variante des islamistischen Antisemitismus und antisemitischen Anti-Zionismus nicht verändert. Die Rede von einem “neuen Antisemitismus” sowohl für den Bereich der radikalen und mainstream Linken sowie des islamistischen Spektrums lässt sich nicht bestätigen. Es wird nach wie vor auf die Begründungsmuster des “alten” modernen Antisemitismus zurückgegriffen. Eine qualitative Bestimmung eines ”neuen Antisemitismus” ist auf eine Klärung dessen, was als “alter” Antisemitismus begriffen wird, angewiesen und muss davon differenziert und nicht über die Beobachtung von Häufigkeit oder als neues Phänomen betrachtet werden. Die zunehmende Virulenz des Antisemitismus stimmt dabei durchaus bedenklich, begründet aber dennoch kein neues Phänomen." (Textauszug, IAB-Doku)

Zitationshinweis

Globisch, Claudia (2008): Was ist neu am neuen Antisemitismus? Antizionistische und islamistische Begründungsmuster. In: Förderverein Krisis (Hrsg.) (2008): Kreuzzug und Jihad: Der gefährliche Mythos im Kampf der Kulturen. Reihe Krisis, Nr. 32, getr. Sz.

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