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In den vergangenen 15 Jahren hat Deutschland zwei schwere Rezessionen erlebt: Zuerst die Große Rezession infolge der Finanzkrise 2008/2009, und nun die Rezession infolge der COVID-19-Pandemie. Der Arbeitsmarkt reagierte beide Male vergleichsweise robust. Trotz eines ähnlich starken Einbruchs des Bruttoinlandsprodukts unterscheidet sich die Reaktion auf dem Arbeitsmarkt in beiden Krisen deutlich. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Während etwa ausschließlich geringfügig Beschäftigte und Selbstständige in der Großen Rezession eine stabile Entwicklung aufwiesen, sank ihre Zahl während der Corona-Krise bisher deutlich. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank in der Corona-Krise zwar schneller und stärker als in der Großen Rezession, allerdings erholte sie sich auch rascher und kräftiger.

Gründe für die unterschiedliche Entwicklung sind insbesondere in der unterschiedlichen Ausgangslage vor beiden Krisen zu sehen. „Durch institutionelle und strukturelle Veränderungen ging es ab Mitte der Nullerjahre am Arbeitsmarkt steil bergauf. Dieser Trend wurde in der Großen Rezession zwar gebremst, aber nicht gestoppt“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. In der aktuellen Krise lagen die Ausgangsbedingungen weniger günstig. „Der Trend steigender Beschäftigung schwächte sich schon 2019 ab, auch im Zuge der weltweiten Industrierezession“, so Weber. Die Covid-19-Krise traf also auf eine bereits schwache Konjunktur.

Auch die Zahl der Arbeitslosen stieg in der Covid-19-Krise deutlich stärker als in der Großen Rezession. Zudem gibt es Unterschiede im Verlauf: „Der Prozess der Erholung setzte in der Covid-19-Krise weitaus schneller ein. Hier stieg die Arbeitslosigkeit zwar zunächst kräftiger, begann aber bereits vier Monate nach Krisenbeginn sich wieder zu erholen“, erklärt IAB-Forscher Christian Hutter. Während der Großen Rezession erreichte die Arbeitslosigkeit nach sieben Monaten ihren Höhepunkt und war auch ein Jahr nach Krisenbeginn noch nicht wieder gesunken.

Kurzarbeit sowie massive staatliche Hilfen bei Umsatzeinbrüchen sind wichtige Gründe, weshalb in beiden Krisen der Anstieg der Arbeitslosigkeit vergleichsweise begrenzt blieb. Die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit wirkten sowohl in der Großen Rezession als auch in der Covid-19-Krise als automatischer Stabilisator. Das Defizit aus Einnahmen versus Ausgaben belief sich im Jahr 2020 auf 27,3 Milliarden Euro. Die Stabilisierungswirkung war im Jahr 2009 mit 13,8 Milliarden etwa halb so stark. „Die Erfolge und die Herausforderungen in der Corona-Krise haben gezeigt, dass ein breites Instrumentarium von Maßnahmen erforderlich ist, um flexibel auf unterschiedliche Krisen reagieren zu können,“, so IAB-Forscher Hermann Gartner. „Für den Arbeitsmarkt zählen dazu neben Kurzarbeit zum Beispiel zielgenaue Lohnkostenzuschüsse zur Förderung von Neueinstellungen und flexible Qualifizierungsangebote.

Die IAB-Studie betrachtet die Große Rezession und das erste Jahr der Covid-19-Krise. Sie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-27.pdf

Geflüchtete Mütter sprechen besser Deutsch, wenn ihre Kinder schulische oder vorschulische Betreuungsangebote wie Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Ganztagsschulen und Horteinrichtungen wahrnehmen. Bei Vätern besteht dieser Zusammenhang nicht. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Der Besuch institutionalisierter Betreuungs- und Bildungseinrichtungen kommt nicht nur den geflüchteten Kindern selbst, sondern auch ihren Müttern zugute. „Schulkinder und betreute kleinere Kinder im Haushalt sind für geflüchtete Mütter offenbar eine Sprachlernressource. Kleinere Kinder ohne institutionalisierte Betreuung haben eher Mütter mit geringeren Deutschkenntnissen“, berichtet IAB-Forscherin Sarah Bernhard.

Bei Vätern hingegen besteht dieser Zusammenhang nicht, was auf eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung von Müttern und Vätern zurückzuführen ist. „Die primäre Zuständigkeit der Mütter für die Sorgearbeit verhilft ihnen zu Berührungspunkten mit der deutschen Sprache – Berührungspunkte, die sich für Väter nicht in gleicher Weise ergeben“, so Bernhard.

Allerdings erschweren individuelle Lebensumstände den Lernprozess. Geflüchtete berichten von der Not oder dem Pflegebedarf enger Verwandter und der Verpflichtung, schnell Geld zu verdienen, um Verwandte zu unterstützen. Bei psychisch sehr belasteten Geflüchteten behindern Traumatisierungen den Lernprozess oftmals so nachhaltig, dass vier Jahre nach der Flucht kaum Verbesserungen der Deutschkenntnisse erkennbar waren. „Diese Beobachtungen rufen die besondere Lebenssituation in Erinnerung, in denen Geflüchtete den Spracherwerb angehen. Für psychisch stark belastete Personen können Sprachlernangebote Teil von längerfristig ausgerichteten Unterstützungsangeboten sein“, erklärt IAB-Forscher Stefan Bernhard.

Lange Wartezeiten vor Beginn und zwischen den Kursen sowie ein eingeschränktes Lernangebot für Frauen mit kleinen Kindern und Menschen mit besonderen Lernbedarfen erschweren den Zweitspracherwerb zusätzlich. „Sprachlernangebote sollten stärker auf die Lebensrealität der Geflüchteten ausgerichtet werden. Um beispielsweise Mütter mit kleinen, unbetreuten Kindern, Analphabeten und Analphabetinnen, oder Menschen mit Behinderungen zu erreichen, scheint es angebracht, die Diversifizierung des Deutschkursangebots weiter voranzutreiben“, so Bernhard.

Ein begleitendes Interview mit den Autoren der Studie finden Sie unter: https://www.iab-forum.de/deutschkenntnisse-erleichtern-die-gesellschaftliche-teilhabe-im-alltag-sarah-und-stefan-bernhard-ueber-den-spracherwerb-von-gefluechteten. Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-26.pdf. Sie basiert auf Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung aus dem Jahr 2016 von rund 4.500 Geflüchteten, die davor Asyl in Deutschland beantragten, sowie auf biografischen Interviews mit 59 Geflüchteten, die um das Jahr 2015 nach Deutschland kamen und ein- oder zweimal an den Befragungen der IAB-Studie „Netzwerke der Integration“ zwischen 2017 und 2020 teilnahmen.

Das Arbeitsvolumen stieg im dritten Quartal 2021 um 2,4 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal und liegt somit bei 15,8 Milliarden Stunden. Das sind saison- und kalenderbereinigt 3,2 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2021. Dies geht aus der am Dienstag veröffentlichten Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Trotz dieser deutlichen Erholung liegt das Arbeitsvolumen noch 1,5 Prozent niedriger als im dritten Quartal 2019, vor der Covid-19-Krise.

Die Zahl der Erwerbstätigen ist im dritten Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahresquartal um 270.000 gestiegen und betrug knapp 45,1 Millionen Personen. Saison- und kalenderbereinigt zeigt sich ein Anstieg von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vergleich zum dritten Quartal 2019 lag die Zahl der Erwerbstätigen um 0,7 Prozent niedriger. „In Deutschland wird zwar noch nicht wieder ganz so viel gearbeitet wie vor der Krise, das Arbeitsvolumen hat sich aber deutlich erholt. Das liegt an mehr Jobs, weniger Kurzarbeit und wieder mehr Überstunden“, berichtet Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Zudem gingen 4,1 Millionen Personen einer Nebenbeschäftigung nach. Das ist ein Anstieg von 5,8 Prozent gegenüber dem dritten Quartal 2020 und damit 1,5 Prozent mehr als im Vorkrisenquartal 3/2019.

Die Arbeitszeit pro erwerbstätiger Person betrug im dritten Quartal 2021 351 Stunden – damit zeigt sich eine Zunahme um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Saison- und kalenderbereinigt ist die Arbeitszeit im Vergleich zum Vorquartal um 2,8 Prozent gestiegen. Ein Anstieg der Wochenarbeitszeit bei den Teilzeitbeschäftigten um 0,4 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal ist auf den gesunkenen Anteil geringfügig Beschäftigter in dieser Gruppe zurückzuführen.

Die Kurzarbeit lag weiterhin auf einem relativ hohen Niveau, ist aber deutlich rückläufig. Nach ersten Hochrechnungen hat die Zahl der Kurzarbeitenden im drittem Quartal 2021 durch die Lockerungen der Covid-19-Maßnahmen verglichen zum Vorquartal um weitere 1,3 Millionen auf nun rund 840.000 Personen abgenommen. Diese Entwicklung, zusammen mit dem im Schnitt auf 32,6 Prozent abnehmendem Arbeitsausfall je Kurzarbeiterin oder Kurzarbeiter führt dazu, dass der Arbeitsausfall je beschäftigter Person mit 2,3 Stunden im dritten Quartal 2021 deutlich gefallen ist. Allerdings sagt Weber: „Einschränkungen im Zuge der vierten Corona-Welle könnten das Arbeitsvolumen im Winter wieder dämpfen, etwa im Falle einer wieder wachsenden Kurzarbeit und von Freistellungen wegen Kinderbetreuung.“

Eine Tabelle zur Entwicklung der Arbeitszeit steht im Internet unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/tab_az2103.pdf (nicht barrierefrei) zur Verfügung. Eine lange Zeitreihe mit den Quartals- und Jahreszahlen ab 1991 ist unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/AZ_Komponenten.xlsx abrufbar. Weitere Informationen zur Verbreitung von bezahlten und unbezahlten Überstunden sind unter https://doku.iab.de/aktuell/2014/aktueller_bericht_1407.pdf zu finden.

Rund 60 Prozent der Betriebe, die in der Pandemie mindestens einem Beschäftigten Homeoffice ermöglichten, geben an, dass die Arbeit im Homeoffice meist keine Auswirkungen auf die Produktivität ihrer Beschäftigten hat. Das zeigt eine zwischen dem 2. und dem 16. November durchgeführte repräsentative Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Insgesamt 22 Prozent der befragten Betriebe bewerten die Auswirkungen auf die Produktivität sogar als positiv. Lediglich 13 Prozent geben an, dass die Produktivität sich durch Homeoffice verschlechtert habe.

Insgesamt bewerten gut 40 Prozent der Betriebe, die in der Pandemie mindestens einem Beschäftigten Homeoffice ermöglichten, ihre Erfahrungen mit dem Homeoffice seit Pandemiebeginn als sehr oder eher positiv und 17 Prozent als negativ. Trotz dieser Bilanz gaben in einer vorherigen Befragungswelle im Juli 2021 zwei Drittel der Betriebe an, das Homeoffice-Angebot nach der Pandemie auf das Vorkrisenniveau zurückbringen zu wollen. Jeder zehnte Betrieb wollte laut der damaligen Befragung das Angebot sogar unter den Stand vor der Krise bringen.

Eine mögliche Erklärung ist die Bewertung der Auswirkungen von Homeoffice auf die innerbetriebliche Kommunikation. So geben 70 Prozent der Großbetriebe mit 250 und mehr Beschäftigten an, die Ausweitung des Homeoffice-Angebots während der Pandemie habe den Austausch zwischen den Beschäftigten beeinträchtigt. Bei Kleinstbetrieben mit unter 10 Beschäftigten trifft das hingegen nur auf knapp 30 Prozent zu.

Sehr ähnlich verhält es sich bei der Kommunikation zwischen Beschäftigten und Führungskräften und bei der Anleitung und Einarbeitung von neuen Beschäftigten. Hier nehmen jeweils knapp 50 Prozent der Großbetriebe eine Verschlechterung durch Homeoffice wahr. Bei Kleinstbetrieben sind es zum Vergleich jeweils rund 20 Prozent. „Dies zeigt, dass Betriebe persönliche Interaktionen vor Ort als wichtigen Bestandteil der Arbeit einschätzen, die sich nicht eins zu eins durch virtuelle Kommunikation ersetzen lassen, vor allem bei neu eingestellten Beschäftigten“, erläutert IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Ein Erklärungsansatz für die unterschiedliche Einschätzung je nach Betriebsgröße ist, dass dies in größeren Betrieben wegen der Menge an Verbindungen und der Größe der Teams von höherer Relevanz ist als in Kleinstbetrieben“.

Als Infektionsschutzmaßnahme hat sich die Einschränkung der persönlichen Kontakte durch die Arbeit im Homeoffice dennoch bewährt. „Außerdem zeigt die Einschätzung der Mehrzahl der Betriebe, nach der die Produktivität nicht negativ durch die Nutzung von Homeoffice beeinflusst worden ist, dass die Arbeit im Homeoffice allgemein gut funktioniert“, resümiert IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei.

In der repräsentativen Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ werden monatlich etwa 1.500 bis 2.000 Betriebe zum Umgang mit der Corona-Krise befragt. Das IAB hat dabei mehrfach auch Daten zur Bedeutung von Homeoffice erhoben. Zum Download stehen unter https://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/ADuI_BeCovid_W19.xlsx Tabellen zu den Ergebnissen aus der 19. Befragungswelle bereit.

Das European Labour Market Barometer ging im November 2021 zum fünften Mal in Folge zurück und nahm gegenüber Oktober um 0,7 auf 102,4 Punkte ab. Der Arbeitsmarkt-Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegt weiterhin höher als vor der Covid-19-Krise, aber nicht mehr so hoch wie noch bis Mitte 2019. Die weitere Verbesserung der Arbeitsmarktlage in den europäischen Staaten verlangsamt sich auf ein moderates Tempo.

„Die europäischen Arbeitsverwaltungen sehen den Arbeitsmarkt noch auf dem aufsteigenden Ast. Aber der weitere Abbau der Arbeitslosigkeit wird wohl deutlich langsamer werden als zuletzt“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. „Derzeit bremsen die globalen Lieferengpässe die Erholung“, so Weber. In Island, Zypern, Bulgarien, Litauen und Polen liegt das Barometer aktuell unter der Marke von 100, was eine Verschlechterung der Arbeitsmarktlage in diesen Ländern signalisiert.

Der Teilindikator des European Labour Market Barometer für die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen sinkt im Vergleich zum Oktober um 0,9 Punkte und liegt im November bei 101,3 Punkten. Dies zeigt, dass sich der Abbau der Arbeitslosigkeit künftig fortsetzt, aber langsamer wird. Der Teilindikator für die Entwicklung der Beschäftigung sinkt um 0,5 auf 103,6 Punkte. Der Beschäftigungsausblick fällt damit von einem sehr positiven auf einen positiven Stand. „Nach dem starken Aufschwung im Sommer trüben die Risiken der wiederaufflammenden Pandemie und möglicher neuer Eindämmungsmaßnahmen in vielen Ländern die Aussichten für die europäische Arbeitsmarktentwicklung“, ergänzt Weber.

Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 17 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Flandern, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, die Schweiz, Tschechien und Zypern. Während Komponente A des Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate signalisiert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert des Barometers. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Die Skala reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung). Für jede der teilnehmenden Arbeitsverwaltungen wird ein Barometer bestimmt, aus denen sich das europäische Barometer als gewichtetes Mittel ergibt.

Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle 17 beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components abrufbar. Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://doku.iab.de/kurzber/2020/kb2120.pdf.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist im November um 0,8 Punkte auf 104,0 Punkte gesunken. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist damit zum dritten Mal in Folge zurückgegangen. Auch wenn das Barometer im November keinen außergewöhnlich hohen Wert mehr erreicht, liegt dieser im Zeitvergleich nach wie vor auf einem hohen Niveau.

„Nach Einschätzung der Arbeitsagenturen wird sich die Aufwärtsentwicklung am Arbeitsmarkt etwas abkühlen“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. „Einen größeren Rückschlag am Arbeitsmarkt in der vierten Corona-Welle erwarten die Agenturen aber derzeit nicht“.

Die Komponente des Frühindikators für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist gegenüber dem Wert von Oktober um 1,3 Punkte auf 101,6 Punkte im November deutlich zurückgegangen. Im Vergleich zu den Höchstwerten im Sommer 2021 ist die Arbeitslosigkeitskomponente stark gefallen und lag im November nur noch in einem Bereich, der bei einer kräftigen konjunkturellen Entwicklung auch vor der Covid-19-Krise erreicht worden ist. „Der Rückgang der Arbeitslosigkeit wird deutlich an Schwung verlieren. Das liegt auch daran, dass der Vorkrisenwert nicht mehr so weit weg ist und der Abbau der im Zuge der Krise gestiegenen Langzeitarbeitslosigkeit stockt“, erklärt Weber.

Die Beschäftigungskomponente lag im November bei 106,5 Punkten und somit um 0,3 Punkte niedriger als im Oktober. Der Beschäftigungsausblick bleibt damit aber weiterhin sehr positiv und erreicht ähnlich hohe Werte wie in guten Zeiten vor der Krise.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert. Während Komponente A des Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert des IAB-Arbeitsmarktbarometers. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Zum Download stehen bereit:

eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe.
eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter www.iab.de/presse/abgrafik.

Die Zahl der Erwerbspersonen, die dem Arbeitsmarkt potenziell zur Verfügung stehen, sinkt langfristig aufgrund des fortschreitenden demografischen Wandels. Selbst bei einer steigenden Erwerbsquote der Frauen und der Älteren sowie einer jährlichen Nettozuwanderung von 100.000 Personen wird sie von 47,4 in 2020 auf voraussichtlich 38,3 Millionen zurückgehen. Nur mit einer jährlichen Nettozuwanderung von 400.000 Personen bliebe das Arbeitskräfteangebot bis 2060 nahezu konstant. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Demografisch bedingt nimmt das sogenannte Erwerbspersonenpotenzial ohne Zuwanderung bis 2035 um 7,2 Millionen, bis 2060 sogar um insgesamt 16 Millionen Arbeitskräfte ab. „Trotz optimistischer Annahmen zur Frauenerwerbsbeteiligung und zur Beschäftigung Älterer wird es schwer sein, den rückläufigen Trend beim Erwerbspersonenpotenzial zu verlangsamen“, betont IAB-Forscher Johann Fuchs. „Bleiben die Wanderungsströme so bestehen, wie sie über einen längeren Zeitraum vor der Pandemie zu beobachten waren, nimmt das Erwerbspersonenpotenzial bis 2035 um 6 Prozent ab, der Rückgang bis 2060 beträgt aber beinahe 20 Prozent“, erklärt er.

„Diese im Vergleich zu den letzten Jahren niedrige Nettozuwanderung bewerten wir als durchaus realistisch“, berichtet IAB-Forscherin Doris Söhnlein. Ein wesentlicher Grund dafür sei unter anderem das sinkende Wanderungspotenzial aus den Hauptherkunftsländern der EU-Zuwanderung durch den dort ebenfalls wirkenden demografischen Wandel. Außerdem steigt bei höheren Zuzügen die Zahl der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung und damit deren Fortzüge. Erst bei jährlichen Nettozuzügen von 400.000 Personen bleibt das Erwerbspersonenpotenzial langfristig auf dem Ausgangsniveau.

„Mit einer besseren Integration ausländischer Frauen in den Arbeitsmarkt, Erwerbsquoten deutscher Frauen, die mit denen der deutschen Männer übereinstimmen, sowie noch einmal deutlich höheren Erwerbsquoten Älterer ließen sich bis 2035 zusätzliche Potenziale von 3,4 Millionen Erwerbspersonen aktivieren“, berichtet IAB-Forscherin Brigitte Weber. Im Vergleich zu den demografischen Effekten sind die noch aktivierbaren inländischen Erwerbspotenziale damit bei unveränderten Arbeitszeiten deutlich zu niedrig.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-25.pdf.

Für das Ausbildungsjahr 2021/22 haben 17 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen als vor der Corona-Krise im Ausbildungsjahr 2019/20, häufig aus Mangel an Bewerbungen. Das zeigt eine zwischen dem 6. und dem 20. September 2021 durchgeführte repräsentative Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Knapp die Hälfte der betroffenen Betriebe gibt an, dass fehlende Bewerbungen der Hauptgrund dafür sind, dass Lehrstellen unbesetzt bleiben. Dabei leiden kleinere Betriebe besonders stark unter einem Mangel an Bewerbungen. Von pandemiebedingten Einschränkungen beim Ausbildungsplatzangebot berichten dagegen inzwischen nur noch wenige Betriebe.

Einen Mangel an geeigneten Bewerbungen geben die Betriebe, die weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen haben, mit 31 Prozent als zweithäufigste Ursache für die gesunkene Zahl an Neuverträgen an. Insbesondere größere Betriebe berichten, dass es ihnen an geeigneten Bewerbungen fehlt.

Insgesamt haben 36 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe für das Ausbildungsjahr 2021/22 Lehrstellen angeboten, doch konnten nur 61 Prozent dieser Betriebe tatsächlich auch Ausbildungsplätze besetzen. Der Anteil unbesetzter Lehrstellen an allen angebotenen Lehrstellen liegt mit 49 Prozent in kleineren Betrieben deutlich über dem entsprechenden Anteil in größeren Betrieben, wo er 28 Prozent beträgt. Betrachtet man die einzelnen Branchen, tun sich vor allem das Baugewerbe, aber auch der Groß- und Einzelhandel schwer, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen.

„Es gilt zuallererst, Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt besser zusammenzuführen. Praktika sowie die von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Einstiegsqualifizierung sollten verstärkt angeboten beziehungsweise genutzt werden. Zugleich müssen womöglich auch neue Wege, beispielsweise über die sozialen Medien, beschritten werden, um das Interesse der Jugendlichen für eine betriebliche Ausbildung zu wecken“, so IAB-Direktor Bernd Fitzenberger.

In der repräsentativen Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ werden monatlich etwa 1.500 bis 2.000 Betriebe zum Umgang mit der Corona-Krise befragt. Die Studie ist abrufbar unter: https://www.iab-forum.de/der-mangel-an-bewerbungen-bremst-die-erholung-am-ausbildungsmarkt.

Betriebsbefragungen ermöglichen eine zeitnahe Erfassung der Kurzarbeit und ihrer Nutzung, noch bevor amtliche Zahlen vorliegen und waren während der Covid-19-Pandemie aufgrund des großen öffentlichen Interesses an diesen Daten notwendig. Erste befragungsbasierte Hochrechnungen im Frühjahr und Sommer 2020 haben die Zahl der Kurzarbeitenden allerdings deutlich überschätzt. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor, die am Beispiel der IAB-Betriebsbefragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ Fehlerquellen für die Ermittlung der Kurzarbeit aufzeigt.

Für August 2020 lag die IAB-Hochrechnung bei 3,3 Millionen und die Hochrechnung des ifo Instituts bei 4,6 Millionen, während die festgeschriebene Zahl der Statistik der Bundesagentur für Arbeit mit 2,5 Millionen Kurzarbeitenden deutlich niedriger war. „Kurzarbeit ist ein sehr flexibles Instrument und ihre zeitnahe Erfassung ist komplex“, erklärt IAB-Direktor Bernd Fitzenberger.

Eine wichtige Ursache für eine Überschätzung besteht darin, dass es einen Unterschied zwischen der abgerechneten und der berichteten Kurzarbeit gibt. „Im Mittel nennen die Betriebe in der Befragung eine höhere Zahl an Kurzarbeitenden, als sie später gegenüber der Bundesagentur für Arbeit abrechnen“, so Fitzenberger. Dies könnte einerseits daran liegen, dass die Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung die Beschäftigten mit Anspruch auf Kurzarbeitergeld nicht genau eingrenzen können. Andererseits lässt auch der Begriff „Kurzarbeit“ den Betrieben Interpretationsspielraum. „Verschiedene Personengruppen können nach Einschätzung der Befragten „kurz arbeiten“, aber keinen rechtlichen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Dies kann zum Beispiel bei Inhaberinnen und Inhabern oder geringfügig Beschäftigten der Fall sein, aber auch bei Personen, die Krankengeld beziehen“, berichtet IAB-Forscher Christian Kagerl.

Überschätzungen bei der Zahl der Kurzarbeitenden können außerdem dadurch entstehen, dass Betriebe mit Kurzarbeit in der Corona-Krise überdurchschnittlich häufig an der IAB-Befragung teilnehmen. „Für Betriebe mit Kurzarbeit ist dieses Thema besonders relevant. Zusätzlich erhalten diese Betriebe mit dem Kurzarbeitergeld bereits finanzielle Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit. Vor diesem Hintergrund ist eine vergleichsweise hohe Teilnahmebereitschaft von Betrieben mit Kurzarbeit plausibel“, so Jens Stegmaier, Mitautor der Studie. “Eine sehr zeitnahe Erfassung von Kurzarbeit bleibt eine große methodische Herausforderung und ist damit stets mit Vorsicht zu interpretieren“. Und weiter betont er: „Retrospektiv ist festzuhalten, dass die IAB-Hochrechnung zumindest den Trendverlauf der tatsächlichen Entwicklung der Kurzarbeit ab August 2020 sehr gut widerspiegelt“.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://doku.iab.de/kurzber/2021/kb2021-24.pdf.

Im dritten Quartal 2021 gab es bundesweit 1,39 Millionen offene Stellen. Gegenüber dem zweiten Quartal 2021 stieg die Zahl der offenen Stellen um 221.000 oder rund 19 Prozent, im Vergleich zum dritten Quartal 2020 um 417.000 oder 43 Prozent. Die Zahl der offenen Stellen übertrifft sogar um 3 Prozent das Vorkrisenniveau des dritten Quartals 2019. Das geht aus der IAB-Stellenerhebung hervor, einer regelmäßigen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

„Dass hier das Vorkrisenniveau vom dritten Quartal 2019 übertroffen wurde, ist trotz der etwas eingetrübten Aussichten ein starkes Signal für den deutschen Arbeitsmarkt“, sagt IAB-Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis. Das Stellenangebot ist über alle Branchen hinweg gewachsen. „Dieser Anstieg bedeutet aber auch, dass die damit verbundenen Probleme bei der Personalbeschaffung wieder zunehmen und der Druck hin zu höheren Löhnen in den gefragten Berufen steigen dürfte“, so Kubis weiter.

Den stärksten Aufwuchs gegenüber dem zweiten Quartal 2021 erfährt der Logistikbereich mit einem Plus von 41 Prozent auf nunmehr 68.000 offenen Stellen. Auch das starke Wachstum im Verarbeitenden Gewerbe setzt sich fort und liegt mit rund 163.000 offenen Stellen nochmals 10 Prozent höher als im Vorquartal. Gegenüber dem durch die Corona-Krise beeinträchtigten Vorjahresquartal sind im Verarbeitenden Gewerbe mehr als doppelt so viele Stellen ausgeschrieben: Das Stellenangebot liegt hier 32 Prozent über dem Niveau vom dritten Quartal 2019.

In vielen Dienstleistungsbereichen, wie zum Beispiel den Unternehmensnahen Dienstleistungen oder der Informations- und Kommunikationsbranche, werden rund 20 Prozent mehr Stellen ausgeschrieben als im entsprechenden Vorquartal. Lediglich in der Gruppe der Sonstigen Dienstleistungen fällt der Anstieg mit 12 Prozent etwas geringer aus.

Das IAB untersucht mit der IAB-Stellenerhebung viermal jährlich das gesamte Stellenangebot, also auch jene Stellen, die den Arbeitsagenturen nicht gemeldet werden. Im dritten Quartal 2021 lagen Antworten von rund 8.300 Arbeitgebern aller Wirtschaftsbereiche vor. Die Zeitreihen zur Zahl der offenen Stellen auf Basis der IAB-Stellenerhebung sind unter https://www.iab.de/stellenerhebung/daten online veröffentlicht.