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Der Beitrag nimmt nach rund einem Jahr Bürgergeldreform eine erste empirische Zwischenbilanz aus der Perspektive von Jobcenter-Beschäftigten vor.

Im Januar 2023 hat in Deutschland das Bürgergeld das System der Grundsicherung abgelöst, begleitet von zahlreichen politischen und medialen Kontroversen. Der Beitrag nimmt nach rund einem Jahr Bürgergeldreform eine erste empirische Zwischenbilanz aus der Perspektive von Jobcenter-Beschäftigten vor.

Auf der Basis einer standardisierten Online-Befragung (n=2.008) unter den Beschäftigten in acht Jobcentern in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2024 beleuchten wir in dem Beitrag eine Vielzahl verschiedener Indikatoren, die von Einschätzungen zu Sanktionen, Schonvermögen, Leistungsanreizen, Weiterbildung bis hin zu übergeordneten Fragen als wirksam erachteter Maßnahmen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit reichen.

Die empirischen Befunde zeigen zwar eine Reihe positiver Einschätzungen zu vereinzelten Reforminhalten wie Bagatellgrenzen und den neuen Coaching-Maßnahmen, offenbaren in Summe aber eine recht reformaverse Beurteilung der Bürgergeld-Reform. Dabei legt die Analyse offen, dass dies vor allem die antizipierten negativen Effekte der Reform auf die Bürgergeldbeziehenden und weniger die individuelle negative Betroffenheit betrifft und zudem grundlegend aktivierende Workfare-Maßnahmen wie die Pflicht zur Aufnahme gemeinnütziger Arbeit bei erfolgloser Stellensuche eine unvermutet hohe Zustimmung finden.

Vor dem Hintergrund der Befragungsergebnisse diskutiert der Beitrag abschließend Erklärungsansätze für die breite Reformaversion unter Jobcenter-Beschäftigten sowie die zukünftigen Herausforderungen der Governance des Bürgergeldes und die Bedeutung der Evaluationsforschung wie auch der politischen Kommunikation in diesem Zusammenhang.

Unter den Annahmen des Basisszenarios einer Simulationsstudie des IAB erreichen die ukrainischen Geflüchteten nach einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren eine durchschnittliche Erwerbstätigenquote von 45 Prozent, nach zehn Jahren von 55 Prozent. Das zeigt sich in einer am Freitag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Das Gefälle in den Erwerbstätigenquoten zwischen Männern und Frauen ist dabei erheblich: Fünf Jahre nach der Ankunft erreichen Männer in dem Basisszenario eine Erwerbstätigenquote von 58 Prozent, während Frauen zu diesem Zeitpunkt eine Quote von 41 Prozent aufweisen. Nach zehn Jahren erhöhen sich diese Werte auf 68 Prozent für Männer beziehungsweise 52 Prozent für Frauen. Die Ergebnisse sind nicht als Prognose, sondern als ein Szenario unter den in der Simulationsstudie getroffenen Annahmen zu verstehen. 

„Die Familienkonstellationen der meisten ukrainischen Geflüchteten, insbesondere der hohe Anteil alleinerziehender Mütter, sowie der vergleichsweise schlechte Gesundheitszustand der ukrainischen Geflüchteten wirken sich dämpfend auf die Entwicklung der Erwerbstätigenquoten aus“, erklärt IAB-Bereichsleiterin Yuliya Kosyakova. Hingegen wirken sich das hohe Bildungsniveau, und die institutionellen Rahmenbedingungen, insbesondere der Wegfall des Asylverfahrens, günstig aus. Darüber hinaus spielt die regionale Arbeitsmarktlage – insbesondere der Bedarf an Arbeitskräften vor Ort – eine wichtige Rolle für die Arbeitsmarktintegration von ukrainischen Geflüchteten.

Auch die Sprachförderung und Sprachkursteilnahme stehen in einem positiven Zusammenhang mit der Entwicklung der Erwerbstätigenquoten: „Gezielte Sprachförderungsmaßnahmen verbessern nicht nur kurzfristig die Sprachfähigkeiten, sondern tragen auch mittel- bis langfristig zur Erhöhung der Erwerbstätigenquoten bei und können somit den Sozialleistungsbezug reduzieren“, so IAB-Bereichsleiter Herbert Brücker.

Die Simulationsstudie beruht auf einer Stichprobe von Geflüchteten, die vor 2022 nach Deutschland zugezogen sind, sowie anderer Migrantinnen und Migranten aus der früheren Sowjetunion. Dem Basisszenario liegen realistischste Annahmen über demografische Faktoren, Familienkonstellationen, Bildung, Sprache, institutionelle und wirtschaftliche Faktoren zu Grunde.

Die Simulationsstudie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/forschungsbericht/2024/fb0924.pdf.

Jobcenter attestieren ukrainischen Geflüchteten mehrheitlich arbeitsmarktrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten. Acht von zehn Jobcentern bewerten deren Beschäftigungsperspektiven mittelfristig positiv. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.

Teilweise werden die Menschen aber andere Tätigkeiten als in der Ukraine ausüben müssen, so die Einschätzung der befragten Fach- und Führungskräfte. 28 Prozent sehen gute Chancen, dass Ge­flüchtete eine Stelle in dem Tätigkeitsfeld finden, in dem sie bereits in der Ukraine gearbeitet haben. Die Hälfte der befragten Jobcenter stimmt dieser Aussage nur zum Teil zu. „Berufsausbildung ist in der Ukraine weitaus (hoch-)schulischer geprägt als in Deutschland. Abschlüsse in Berufen, die hierzulande in betrieblicher Ausbildung oder durch Weiterbildung erworben werden, werden in der Ukraine teils an Hochschulen angeboten“, erklärt IAB-Forscherin Franziska Schreyer. „Ferner können Berufe in der Ukraine oft auf verschiedenen Stufen mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus erlernt werden. Dies gilt etwa für Berufe im Friseurhandwerk“, so Schreyer weiter. Zudem setzen Betriebe laut Jobcenter oft gutes Deutsch voraus, auch bei einfachen Tätigkeiten.

43 Prozent der im ersten Quartal 2023 befragten Jobcenter geben an, nicht genug Personal für die Beratung und Vermittlung von Geflüchteten zu haben. Insgesamt sehen sich die Jobcenter mehrheitlich aber nicht als überfordert, sondern eher als gut aufgestellt für die Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine. Dabei profitieren sie von früheren Erfahrungen bei der Integration von Geflüchteten aus anderen Kriegs- und Krisengebieten.

Fach- und Führungskräfte in den befragten Jobcentern erleben die Bleibeabsichten von ukrainischen Geflüchteten oft als unsicher und vom Kriegsverlauf abhängig. Dies erschwere perspektivisches Arbeiten. „Bildungs- und Erwerbserfahrungen in Deutschland können für die Menschen aber auch dann hilfreich sein, wenn sie in die Ukraine zurückkehren und dort wieder eine Zukunft aufbauen“, so IAB-Forscherin Katja Hartosch. Viele der Geflüchteten planen jedoch, auf Dauer oder zumindest für längere Zeit in Deutschland zu bleiben.

Die Studie beruht auf dem IAB-Forschungsprojekt „Jobcenter und psychische Gesundheit von Menschen mit Fluchterfahrung (PsyF)“, das in Kooperation mit dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Universität Duisburg-Essen, durchgeführt wird und einen Mix aus quantitativen und qualitativen Methoden verwendet. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-12.pdf

2023 blickten etwas mehr Betriebe als im Vorjahr pessimistisch auf das Geschäftsjahr und gingen von einem sinkenden Geschäftsvolumen aus. Dies gilt insbesondere für Betriebe, die negativ durch die hohen Preise betroffen waren. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

61 Prozent der Betriebe waren im Jahr 2023 wirtschaftlich negativ durch die hohen Preise und Knappheiten belastet. 20 Prozent der Betriebe waren nach eigenen Angaben im Jahr 2023 nicht durch die veränderten Preise und Knappheiten betroffen, jeweils 9 Prozent konnten die Situation schlecht einschätzen oder sagten, dass sich negative und positive Auswirkungen in etwa die Waage halten. Nur 1 Prozent der Betriebe gab an, überwiegend positiv betroffen zu sein. Ein Blick auf 2022 zeigt: Auf die Frage nach der Betroffenheit vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, gaben 44 Prozent der Betriebe an, überwiegend negativ betroffen zu sein. „Gestiegene Preise und Knappheiten scheinen aus Sicht der Betriebe im Jahr 2023 also eine größere Rolle gespielt zu haben als die 2022 abgefragten wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs gegen die Ukraine“, so IAB-Forscherin Ute Leber.

Am belastendsten empfanden die wirtschaftlich betroffenen Betriebe 2023 die gestiegenen Kosten bei Energie und Treibstoffen. Von den Betrieben, die negativ oder gleichermaßen positiv und negativ von der Krise betroffen waren, gaben 72 Prozent an, durch diese Erschwernisse sehr stark oder stark belastet zu sein. An zweiter Stelle folgen die gestiegenen Kosten für Vorleistungen und Rohstoffe, die 57 Prozent der Betriebe der Beobachtungsgruppe (sehr) stark belasteten. 42 Prozent gaben außerdem an, unter gestiegenen Personalkosten zu leiden.

Der Anteil negativ betroffener Betriebe war insbesondere in der Landwirtschaft, in den Bereichen Beherbergung und Gastronomie, Verkehr und Lagerei sowie im Verarbeitenden Gewerbe überdurchschnittlich hoch. In Hinblick auf die gestiegenen Personalkosten gaben dagegen besonders Betriebe aus dem Gesundheits- und Sozialsektor sowie dem Bereich Erziehung und Unterricht an, stark belastet gewesen zu sein.

Insgesamt erzielten 76 Prozent der Betriebe in Deutschland im Geschäftsjahr 2022 ein positives Jahresergebnis, also einen Reingewinn. Im Vergleich zum Vorjahr (Geschäftsjahr 2021) veränderte sich dieser Anteil mit minus 1 Prozentpunkt nur geringfügig. „In den Jahren nach der Corona-Krise hat sich der Anteil von Betrieben mit einem positiven Geschäftsergebnis zwar wieder erhöht, das Vorkrisenniveau wurde jedoch noch nicht wieder erreicht“, erklärt Michael Oberfichtner, Leiter des Forschungsbereichs „Betriebe und Beschäftigung“.

„Im zeitlichen Vergleich fällt auf, dass zunehmend mehr Betriebe pessimistisch auf das laufende Geschäftsjahr blicken und von einem sinkenden Geschäftsvolumen ausgehen“, fügt IAB-Forscherin Barbara Schwengler hinzu. 23 Prozent aller Betriebe erwarten für das Geschäftsjahr 2023 ein sinkendes Geschäftsvolumen. Seit inzwischen vier Jahren in Folge werden damit die Geschäftserwartungen deutlich schlechter als vor der Covid-19-Pandemie eingeschätzt.

Die gegenwärtige Stimmung der Betriebe lässt sich nicht nur anhand der erwarteten Geschäftsentwicklung, sondern auch bezüglich der erwarteten Beschäftigungsentwicklung einfangen. Die überwiegende Mehrheit der Betriebe, nämlich ungefähr zwei Drittel, geht demnach von einer gleichbleibenden Beschäftigung im ersten Halbjahr 2024 aus. Einen Beschäftigungszuwachs erwarten 24 Prozent und 9 Prozent einen Beschäftigungsrückgang.

Die Studie beruht auf Daten des IAB-Betriebspanels, einer jährlich durchgeführten Befragung von rund 15.000 Betrieben aller Branchen und Größenklassen. Sie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-11.pdf.

Dieser Beitrag anlaysiert, wie sich die Arbeitsnachfrage und die Großzügigkeit der Sozialleistungen auf die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen auswirken.

How does labor demand and the generosity of welfare benefits affect the labor market integration of refugees? We analyze the effect of both factors in a common framework. For identification, we exploit the exogenous placement of refugees in Austria, business cycle fluctuations, and large variation in benefit levels between federal states and type of protection. Higher labor demand at the time of receiving protection status increases employment rates and decreases the likelihood to receive welfare benefits. But the effects are short-lived. Higher benefit levels reduce employment rates initially but the effect is economically small and also temporary. Higher benefit levels also reduce marginal effects of variation in labor demand. Both shocks do not affect the likelihood of remaining in Austria but do affect internal migration.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer zeigt seit November 2023 tendenzielle Verbesserungen. Mit einem Anstieg um 0,2 Punkte im April liegt der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei 100,7 Punkten. Auch das European Labour Market Barometer festigt sich und verzeichnet im April den dritten Anstieg in Folge.

Die Komponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers zur Vorhersage der Beschäftigung liegt im April – wie im Vormonat – bei 102,9 Punkten und bleibt damit klar im positiven Bereich. „Die Arbeitsagenturen erwarten trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation einen stabilen Aufwärtstrend bei der Beschäftigung“, berichtet Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit steigt im April um 0,5 Punkte, bleibt mit 98,5 Punkten allerdings im negativen Bereich. „Bis zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit ist noch ein Stück zu gehen, aber der Ausblick verbessert sich“, so Weber.

Das European Labour Market Barometer legt im April zum dritten Mal in Folge zu.  Es steigt um 0,2 Punkte auf 100,5 Punkte und festigt sich damit im positiven Bereich. Beide Komponenten des Arbeitsmarkt-Frühindikators des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des IAB legen im April zu. „Die Wirtschaft in Europa kämpft sich aus der Flaute. Die Stimmung unter den Europäischen Arbeitsmarktservices ist auf dem Weg nach oben“, erklärt Weber.

Datengrundlage

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert.

Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 17 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Tschechien und Zypern.

Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers und des European Labor Market Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Zum Download stehen bereit:

- eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe (xlsx).  

- eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter https://iab.de/daten/iab-arbeitsmarktbarometer/

Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle 18 beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components (xlsx) abrufbar. 

Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://iab.de/en/daten/european-labour-market-barometer/.

Weitere Information zum Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB finden Sie unter https://iab.de/daten/arbeitskraefteknappheits-index/.