Berufliche Orientierung, d. h. Berufsorientierung und Studienorientierung, gilt als eine zentrale Voraussetzung für die Berufs- und Studienwahl und einen gelingenden Übergang Schule – Beruf, gerade in Zeiten eines steigenden Fachkräftebedarfs. Im Laufe ihres Berufsorientierungsprozesses sind junge Menschen gefordert, individuelle (berufliche) Interessen, Kompetenzen und Aspirationen weiterzuentwickeln und mit den Optionen und Anforderungen ihres sozialen Umfelds, des Bildungssystems und der Arbeitswelt abzugleichen. In dieser Lebensphase, die für Heranwachsende mit der Bewältigung vielfältiger Entwicklungsaufgaben einhergeht, treffen sie Entscheidungen über weitere Bildungswege. Dabei verfügen sie abhängig von sozialen, strukturellen und institutionellen Faktoren über unterschiedliche Möglichkeiten.
Die Ressourcen und Erwartungen im sozialen Umfeld junger Menschen sowie das eigene Bedürfnis nach Herstellung von Identität und sozialer Anerkennung durch einen Beruf spielen ebenso eine Rolle wie das soziale Ansehen von Berufen in unserer Gesellschaft. Darüber hinaus sind die vorhandenen Opportunitäten – Angebot und Nachfrage im Bildungssystem bzw. am (Aus-)Bildungs- und Arbeitsmarkt – bedeutsam. Um junge Menschen in der wichtigen Phase ihrer beruflichen Orientierung und ihrer Entscheidungsfindung zu unterstützen, existieren eine Reihe von Angeboten der Berufs- und Studienorientierung sowie Instrumenten, um in dieser Phase z. B. Exploration, Selbstverantwortung und Reflexionsprozesse zu fördern. Berufliche Orientierung findet in unterschiedlichen Institutionen und durch verschiedene Akteure statt. Die Angebote beruflicher Orientierung werden häufig mit multiplen Zielperspektiven, also der Frage verknüpft, was sie mit Blick auf die Bedarfe junger Menschen und der Arbeits- und (Aus-)Bildungsmärkte leisten sollen.
Ausgangspunkt sind hier vor allem veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen im Lichte neuer Herausforderungen wie z. B. technologischer Wandel in der Berufs- und Arbeitswelt oder gestiegene Unsicherheiten in den Lebenswelten junger Menschen u. a. angesichts von Klimawandel, Pandemien und damit verbundenen sozialen Verwerfungen. Angesichts der hohen individuellen und gesellschaftlichen Relevanz ist eine kritische Reflexion wichtig: Wie gut ist berufliche Orientierung jetzt und für die Zukunft aufgestellt, und für wen? Welchen Beitrag können Berufsorientierungsangebote leisten, um soziale, regionale und berufliche Passungsprobleme auf den Märkten auszugleichen, und sollen sie das?
Um Antworten zu entwickeln, gilt es, Einflussfaktoren auf die berufliche Orientierung sowie ihre Voraussetzungen, Bedingungen, Zielsetzungen, Auswirkungen und Organisation zu beleuchten und in den Kontext der Heterogenität der Lebenswelten junger Menschen sowie der Angebote und Akteure zu stellen. Daher zielt die AG-BFN-Fachtagung darauf ab, den Kenntnisstand über die komplexen Herausforderungen im Prozess beruflicher Orientierung aus wissenschaftlicher und praxisorientierter Perspektive zusammenzubringen. Im Fokus der Fachtagung stehen daher folgende Themenbereiche:
(1) individuelle, soziale und institutionelle Bedingungen und Kontexte beruflicher Orientierung junger Menschen und ihre Auswirkungen im Übergang Schule – Beruf
(2) Berufsorientierungsangebote – Qualität, Reichweite und Effektivität.