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Publikation

Krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechungen im Kontext sozialpolitischer Institutionen

Beschreibung

"In Deutschland sind inzwischen 45,0 % aller Arbeitsunfähigkeitstage auf Langzeitkrankheiten zurückzuführen (Knieps & Pfaff, 2017). Diese Krankheiten können für Arbeitnehmer schwerwiegende Folgen haben: Neben der physischen oder psychischen Beeinträchtigung durch die Krankheit selbst bringt eine lange krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechung Einkommenseinbußen, Abschreibung von Humankapital und ein erhöhtes Risiko der Kündigung mit sich (Hultin et al., 2012). Sozialpolitische Institutionen wie der Kündigungsschutz oder das Krankengeld sollen diese negativen Folgen abmildern. Für Personen, welche nicht in den Geltungsbereich der Institutionen fallen, kann sich eine lange krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechung daher umso gravierender auf den weiteren Erwerbsverlauf auswirken. Der Beitrag analysiert, inwieweit die Institution des deutschen Kündigungsschutzes die Inzidenz und Dauer von Langzeitkrankheiten beeinflusst. Dabei wird angenommen, dass das Krankheitsverhalten zum Teil auch auf individuelle Entscheidungen zurückgeführt werden kann. Antizipierte Arbeitsplatzunsicherheit - in Form eines nicht vorhandenen oder schwachen Kündigungsschutzes - kann demnach dazu führen, dass Personen aus Furcht vor einer Kündigung versuchen, lange krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechungen zu vermeiden oder hinauszuzögern. Für die empirische Analyse wird eine Reform aus dem Jahr 2004, welche den Kündigungsschutz lockerte, als natürliches Experiment genutzt. Innerhalb der Reform wurde der Grenzwert für die Betriebsgröße, ab der der allgemeine Kündigungsschutz gilt, von fünf auf zehn vollzeitäquivalente Mitarbeiter erhöht. In einem Differenz-in-Differenzen-Ansatz werden die kausalen Effekte des Kündigungsschutzes auf die Inzidenz und Dauer von langen Krankheitsphasen geschätzt. Den Analysen liegen die Biographiedaten ausgewählter Sozialversicherungsträger in Deutschland (BASiD) zugrunde. Dabei handelt es sich um einen administrativen Datensatz, der Individualdaten der deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit kombiniert, sodass Informationen über sowohl renten- als auch erwerbsrelevante Phasen erfasst werden. Um die Betriebsgröße zu berechnen, werden dem Datensatz Betriebsinformationen hinzugespielt. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die von der Reform betroffenen Personen eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, zwei Jahre nach Betriebseintritt in eine krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechung überzugehen. Die Dauer der Krankheitsphasen scheint von der Reform nicht betroffen zu sein." (Autorenreferat, IAB-Doku)

Zitationshinweis

Hiesinger, Karolin (2018): Krankheitsbedingte Erwerbsunterbrechungen im Kontext sozialpolitischer Institutionen. In: Bayern in Zahlen, Jg. 149, H. 9, S. 602-603.

Bezugsmöglichkeiten

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