Das Erbe der Hartz-Reformen?
Beschreibung
"Arbeitsmarktpolitik war auch im Bundestagswahlkampf 2009 wieder eines der wichtigsten Themen. Die Wähler haben, das zeigt der Wahlausgang, der Großen Koalition nicht zugetraut, in der Wirtschaftskrise die richtigen Rezepte zu haben, um Arbeitsplätze zu schaffen oder Menschen vor Armut zu bewahren. Auf dem Feld der Arbeitsmarktpolitik wurde von der Großen Koalition keine umfassende Reform erwartet, denn als sie im Jahr 2005 antrat, waren die so genannten Hartz-Reformen gerade realisiert. Sie wurden zu Recht als eine Zäsur in der deutschen Sozialpolitik der Nachkriegszeit bezeichnet, denn sie enthielten umfassende Strukturreformen der Bundesagentur für Arbeit, neue Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik, vor allem aber die in der Öffentlichkeit meistens auf das Schlagwort 'Hartz IV' verkürzte Einführung der Grundsicherung für erwerbsfähige Hilfebedürftige durch das Sozialgesetzbuch II (SGB II). Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer Leistung sollte das Nebeneinander zweier Fürsorgeleistungen für dieselbe Klientel beendet und Verschiebebahnhöfe zwischen den Hilfesystemen geschlossen werden. Mit den Reformen traten Aktivierung, Eigenverantwortung der Betroffenen und ein Vorrang der Erwerbstätigkeit an die Stelle der alten Fürsorgelogik. Es war nicht weniger als ein Wechsel hin zu einem neuen 'Aktivierungsparadigma' in der Arbeitsmarktpolitik. In diesem Zusammenhang wurden für SGB-II-Leistungsempfänger und für diejenigen, die nach dem SGB III als Versicherungsleistung das Arbeitslosengeld I (ALG I) erhalten, neue Förderinstrumente eingeführt, aber auch die Zumutbarkeitsregeln und die Sanktionen verschärft. Mit den ARGEn - Arbeitsgemeinschaften aus Kommunen und Arbeitsagenturen der BA - und den so genannten Optionskommunen, die für die Umsetzung des SGB II alleine verantwortlich sind, wurden zudem neue Träger und Organisationsstrukturen geschaffen." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Steinke, Joß (2010): Das Erbe der Hartz-Reformen? Die Große Koalition und der Arbeitsmarkt. In: E. Jesse & R. Sturm (Hrsg.) (2010): Bilanz der Bundestagswahl 2009 : Voraussetzungen, Ergebnisse, Folgen, S. 451-467.