Bildungshomophilie im Onlinedating
Beschreibung
"Die Strukturen der alltäglichen Heiratsmärkte, z. B. des Bildungssystems, und deren Einfluss auf den Wandel der sozialen Ungleichheit sind inzwischen recht gut erforscht. Blossfeld und Timm (2003) haben in ihrer internationalen Vergleichsstudie auf der Grundlage von Längsschnittdaten gezeigt, dass sich im Zuge der Bildungsexpansion in allen untersuchten westlichen Gesellschaften eine klare Tendenz in Richtung steigender Bildungshomogamie zeigt. Einen aktuellen Überblick zum Stand der Forschung auf diesem Gebiet findet man in Blossfeld (2009). Mit der Ausbreitung des Internets als Heiratsmarkt steht die Partnerwahlforschung vor neuen Herausforderungen. Mit der Ausdifferenzierung des Internets als Medium zur gezielten Partnersuche ist ein neuer Teilheiratsmarkt entstanden, der im Vergleich zu den traditionellen Heiratskontexten, wie beispielsweise dem Bildungssystem, zunehmend an Bedeutung zu gewinnen scheint. Immerhin, so zeigen neueste Studien, nutzen in Deutschland etwa fünf Millionen Menschen solche internetbasierten Kontakt- und Vermittlungsbörsen. Zudem deuten das starke Umsatzwachstum und günstige Entwicklungsprognosen auf eine starke Erweiterung des Marktes in den nächsten Jahren hin (Schulz et al. 2008). Erkenntnisse über die Prozesse der Kontaktanbahnung und der Entwicklung von Beziehungen im Internet, noch dazu auf Basis von Massedaten, sind derzeit äußerst rar. So ist es heute weitgehend unerforscht, welche sozialen Strukturen sich auf Internetkontaktbörsen herausbilden, wie diese Strukturen zustande kommen und wie diese Zusammenhänge theoretisch erklärt werden können. Auch der Einfluss der Partnerwahl im Internet auf die Entwicklung der sozialen Ungleichheit ist aufgrund unzureichender empirischer Befunde umstritten. Während einige Autoren dem Internet eine entstrukturierende Wirkung nachsagen, argumentieren andere Arbeiten, dass die aus dem Alltag bekannten sozialen Strukturen und Kontaktbarrieren hinsichtlich sozioökonomischer Statusmerkmale auf Internetkontaktbörsen weitgehend reproduziert werden. Davon ausgehend untersucht dieser Beitrag das Phänomen der Bildungshomophilie auf einer großen deutschsprachigen Internetkontaktbörse. Auf Basis nichtreaktiver Beobachtungsdaten der Mitglieder dieser Plattform wird das Erstkontakt- und Antwortverhalten der Akteure rekonstruiert. Ziel der Analysen ist es, das Ausmaß und die Bestimmungsgründe für bildungshomophile Kontakttendenzen im Onlinedating herauszuarbeiten, sowie erste Rückschlüsse darauf zu ziehen, welche sozialen Mechanismen die Partnerwahlentscheidungen auf der Mikroebene steuern und welche Folgen diese sozialen Prozesse für die Entwicklung der sozialen Ungleichheit auf diesem Teilheiratsmarkt und möglicherweise auf gesamtgesellschaftlicher Ebene haben." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Schulz, Florian, Jan Skopek & Hans-Peter Blossfeld (2010): Bildungshomophilie im Onlinedating. In: H.- G. Soeffner (Hrsg.) (2010): Unsichere Zeiten: Herausforderungen gesellschaftlicher Transformationen : Verhandlungen des 34. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Jena 2008, S. 1-12.