Determinanten der Nachfrage nach befristeten Verträgen, Leiharbeit und freier Mitarbeit
Beschreibung
"So genannte atypische Arbeit - befristet Beschäftigte, Leiharbeiter und freie Mitarbeiter - ist seit vielen Jahren ein Thema in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Meist wird Flexibilität für ihre Deregulierung empfohlen oder werden sozialpolitische Argumente für ihre stärkere Regulierung vorgebracht. Allerdings liegt bisher kaum empirische Evidenz bezüglich der Gründe für den Einsatz dieser Beschäftigungsformen vor. Die ökonomische Theorie liefert mehrere Hypothesen über die Nachfrage nach atypischer Arbeit. Sie basierten meist auf den Anpassungskosten, die Unternehmen bei einem Mitarbeiterwechsel entstehen. Kosten, die bei Kündigung eines festen Mitarbeiters entstehen, können den Einsatz atypischer Beschäftigung in bestimmten Situationen profitabel machen. So etwa, wenn die Unternehmen kurzfristig mit einer erhöhten Güternachfrage konfrontiert sind, wenn sie reguläre Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit ersetzen müssen oder wenn sie bezüglich der Dauerhaftigkeit einer positiven Nachfrageentwicklung noch unsicher sind. Durch die Kontaktaufnahme mit Leiharbeitern über eine Zeitarbeitsfirma können Unternehmen außerdem die Kosten der Rekrutierung von neuen Beschäftigten senken. Kleine Betriebe können zudem bestimmte spezialisierte Aufgaben an freie Mitarbeiter vergeben. Auch in der Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen dürfte ein Anreiz für die Nachfrage nach freien Mitarbeitern liegen. Die Studie identifiziert den Effekt der Entlassungskosten auf den Einsatz atypischer Arbeit anhand der Änderung des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) im Oktober 1996. Für die befristete Beschäftigung bestätigt sich die Vermutung in der empirischen Analyse, dass die Kündigungskosten fest angestellter Mitarbeiter den Einsatz temporärer Arbeit fördern. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen atypische Beschäftigung einsetzt, steigt außerdem bei Umsatzsteigerungen und sinkt bei fallendem Umsatz. Auch die Existenz eines Betriebsrats erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen befristete Verträge einsetzt. Dies steht im Einklang mit der Hypothese, wonach die Mitbestimmung die Entlassungskosten permanent Beschäftigter erhöht. Befristete Beschäftigte werden außerdem verstärkt eingesetzt, um Arbeitnehmer in Mutterschaft und Erziehungsurlaub zu vertreten, während sich dieser Zusammenhang nicht für Leiharbeiter und freie Mitarbeiter zeigt. Auch die Vermutung, dass spezialisierte Tätigkeiten, wie beispielsweise die Wartung von EDV-Systemen, an freie Mitarbeiter vergeben wird, scheint durch die Schätzergebnisse bestätigt zu werden." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Hagen, Tobias & Bernhard Boockmann (2002): Determinanten der Nachfrage nach befristeten Verträgen, Leiharbeit und freier Mitarbeit. Empirische Analysen auf Basis des IAB-Betriebspanels. In: L. Bellmann & A. Kölling (Hrsg.) (2002): Betrieblicher Wandel und Fachkräftebedarf (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 257), S. 199-235.