Informationelles Kapital als transnationale Ressource
Beschreibung
"Stefan Bernhard analysiert in seinem Beitrag das Entstehen eines europäischen Feldes der Sozialpolitik. Die Sozialpolitik der EU, die im Vergleich mit der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik als schwach gilt, hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Dass dies oft übersehen wird liegt, so Bernhard, an der eingefahrenen Perspektive eines Großteils der EU-Forschung, die sich allein auf die 'harten' Governance-Regularien klassischer politischer Kernbereiche konzentriert, die im Bereich der Sozialpolitik weiterhin in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten fallen. Bernhard argumentiert, dass sich auf Grund dieser Ausgangssituation ein europäisches Feld der Sozialpolitik entwickelt habe, das einen distinkten Politikstil und eigene neuartige Instrumente besitze. Die europäische Ebene nehme hier die Rolle eines Beraters von Nationalstaaten ein, setze auf die Produktion, das Sammeln und die Verbreitung von Wissen über soziale Probleme und dränge mittels der 'Offenen Koordinierungsmethode' auf eine selbstreflexive Ausrichtung an den anderen Mitgliedstaaten und an den neuen europäischen sozialpolitischen 'Erkenntnissen'. Europäische Sozialpolitik sei damit primär ein symbolisches Unterfangen, in dessen Zentrum die Produktion informationellen Kapitals stehe, einer Machtquelle, die auf offiziell sanktioniertem Wissen in Form von sozialen Indikatoren beruht. Mit der Erfassung Europas als eines einheitlichen Sozialraums durch beispielsweise die Europäische Kommission, EUROSTAT, Forschungsnetzwerke und die Zivilgesellschaft lösten sich die nationalen Monopole der symbolischen Repräsentation auf. Bernhard zeichnet die Dynamik der Akkumulation dieser besonderen Form symbolischen Kapitals in den letzten 30 Jahren nach und zeigt, wie europäische Akteure mittels dieser Machtquelle und neuen 'weichen' Governance-Instrumenten zunehmend an sozialpolitischer Handlungsfähigkeit gewinnen." (Textauszug, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Bernhard, Stefan (2012): Informationelles Kapital als transnationale Ressource. In: S. Bernhard & C. Schmidt-Wellenburg (Hrsg.) (2012): Feldanalyse als Forschungsprogramm : Bd. 2: Gegenstandsbezogene Theoriebildung, S. 195-216. DOI:10.1007/978-3-531-94263-6_8