Reformvorschläge der Bundestagsparteien zum Zugang zur Arbeitslosenversicherung
Beschreibung
"In dieser Stellungnahme äußert sich das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu Reformvorschlägen der Bundestagsparteien zum Zugang zur Arbeitslosenversicherung.<br> Die Anträge der drei Fraktionen von SPD (Die Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung stärken - Rahmenfrist verlängern - Regelungen für kurz befristet Beschäftigte weiterentwickeln, Bundestagsdrucksache 17/8574), Bündnis 90/Die Grünen (Flexibel Beschäftigte in der Arbeitslosenversicherung besser absichern, Bundestagsdrucksache 17/8579) und Die Linke (Arbeitslosengeld statt Hartz IV - Zugang zur Arbeitslosenversicherung erleichtern, Bundestagsdrucksache 17/8586) zielen auf eine Verbesserung der Absicherung von flexibel und kurzfristig Beschäftigten in der Arbeitslosenversicherung ab. Nach den Vorschlägen würde eine durchschnittliche Beschäftigungsdauer von zwei Monaten pro Jahr ausreichen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld innerhalb von zwei (Bündnis 90/Die Grünen) beziehungsweise drei Jahren (SPD und Die Linke) zu erwerben. Fraglich ist, ob eine großzügigere Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung geeignet ist, die Teilhabechancen der Randbelegschaften wie atypisch Beschäftigte, Geringqualifizierte und Niedriglohnbezieher zu erhöhen. Aus Sicht des IAB wäre daher ein sehr viel wichtigerer Ansatzpunkt, Anreize für längerfristige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen und die Brückenfunktion in höherwertige Beschäftigungsverhältnisse zu stärken.<br> Im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, den Arbeitslosen beider Rechtskreise eine sogenannte 'befristete Vermittlungspause' einzuräumen. Aus Sicht des IAB darf eine Kundensegmentierung aufgrund einer in Anspruch genommenen 'Vermittlungspause' keine Exklusionseffekte hervorrufen. Daher wäre es grundsätzlich nicht ratsam, sie auf die arbeitgeberorientierte Vermittlung anzuwenden. Im Rahmen der arbeitnehmerorientierten Vermittlung kann eine derartige Vermittlungspause im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, um die Arbeitslosen dabei zu unterstützen, eine eigene Beschäftigungsperspektive zu entwickeln. Dieses Vorgehen ließe sich auf untergesetzlicher Ebene verfolgen. Eine 'Vermittlungspause' sollte zusätzlich in ein Fachkonzept eingebettet sein, das auf eine stabile Erwerbsintegration ohne temporären Transferbezug zielt.<br> Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der FDP schlagen in ihrem Änderungsantrag vor, dass anstelle von bis zu sechs Wochen befristete sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse nun bis zu zehn Wochen dauernde Befristungen Berücksichtigung finden sollen. Damit ist eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises intendiert. Auswertungen des IAB zeigen, dass sich der anspruchsberechtigte Personenkreis dadurch etwa um das Fünffache erweitern würde." (Textauszug, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Dietz, Martin, Elke Jahn, Peter Kupka, Florian Lehmer, Philipp Ramos Lobato, Frank Sowa, Gesine Stephan & Daniel Werner (2012): Reformvorschläge der Bundestagsparteien zum Zugang zur Arbeitslosenversicherung. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags am 23. April 2012. (IAB-Stellungnahme 04/2012), Nürnberg, 23 S.