Digitale Ersetzbarkeit im stationären Einzelhandel und im Onlinehandel
Beschreibung
"Zentrale Ergebnisse: - Die Einzelhandelsbranche ist bundesweit und in Berlin stark, sowohl hinsichtlich der Beschäftigung als auch hinsichtlich der Umsätze. Insgesamt hat der Einzelhandel die Covid-19-Pandemie gut überstanden, auch wenn die Lage durch aktuelle Krisen weiter angespannt ist. - Es zeichnet sich eine Entkopplung von Umsätzen und Beschäftigungszahlen ab, wobei weiter zu beobachten ist, ob dieser Trend anhält. Während erstere sich zu stabilisieren scheinen, ist bei letzteren ein Rückgang festzustellen, wohl auch wegen der zunehmenden Einführung digitaler Technologien. - Die Anzahl der Minijobs im Berliner Einzelhandel steigt leicht. Insbesondere üben mehr Menschen einen Minijob im Einzelhandel als Nebenjob aus. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt dagegen tendenziell ab. - Der Onlinehandel ist nach einer Hochphase während der Covid-19- Pandemie und einer folgenden Abschwächung des Wachstums wieder auf Erfolgskurs. Mögliche arbeitsmarktbezogene Effekte sind auch für Berlin weiter zu beobachten. Dem Risiko, dass Arbeitsplätze für Fachkräfte verloren gehen, weil diese Subbranche mehr Hochqualifizierte und mehr gering entlohnte Helfer:innen aufweist, ist durch eine Stärkung qualifizierter Arbeit entgegenzutreten. - Die Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz müssen menschenzentriert gestaltet werden; das Wissen und die Bedarfe der Arbeitnehmer:innen müssen wirksam einbezogen werden, um ihre Praxistauglichkeit zu garantieren. Eine Abwertung der Kerntätigkeiten im Verkauf (wie z. B. Beratung) ist nicht nur für Arbeitnehmer:innen frustrierend, sondern auch für Kund:innen, und wirkt sich damit auf die Erfolge der Unternehmen aus. - Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind verbesserungswürdig. Viele sind mit einer geringen Entlohnung und einem hohen Risiko für Altersarmut konfrontiert. Arbeitshetze, ein überhöhtes Arbeitspensum sowie eine zu geringe Personalbemessung führen zu gesundheitlichen Belastungen. Unangenehme Interaktionen mit Kund:innen und Vorgesetzten sind weit verbreitet und werden häufig nicht angemessen adressiert. Hohe Belastungen können so zu einer Verstärkung bestehender Herausforderungen beitragen, da Beschäftigte ausfallen, nur als Teilzeitkräfte zur Verfügung stehen oder gar die Branche verlassen. - Eine höhere Attraktivität der Einzelhandels- und insbesondere der Verkaufsberufe kann deshalb auch dazu verhelfen, den von einigen am Horizont gesichteten Fachkräftemangel zu reduzieren. Tarifverträge geben ein wirksames Instrument an die Hand, um Arbeitsverhältnisse sicher zu gestalten und die Vorteile der Sozialpartnerschaft für beide Seiten zu realisieren. Arbeitszeitfragen sind im Einzelhandel drängend, da durch ungünstige Arbeitszeiten Probleme bei der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben entstehen, die entschärft werden müssen. Kontextbedingungen wie z. B. die nach wie vor ungleiche Verteilung von Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern sind dabei ebenfalls zu berücksichtigen. - Im Einzelhandel müssen zukunftssichere Erwerbsbiografien und Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung der Beschäftigten gewährleistet werden, um zu verhindern, dass sich engagierte Beschäftigte abwenden. Dies beginnt bei der Ausbildung, die qualitativ optimierbar wäre, betrifft jedoch auch erfahrene Mitarbeiter:innen, die u. U. ohne formale Ausbildung qualifizierte Arbeit ausüben, jedoch wenig Aufstiegschancen haben. - Einem möglichen Fachkräftemangel kann durch Weiterbildungen und Qualifizierungen begegnet werden, von denen auch die hohe Anzahl an Quereinsteiger:innen profitieren kann. Zudem könnten strukturell benachteiligte Gruppen durch gezielte Maßnahmen und Instrumente verstärkt einbezogen und für die Arbeit im Einzelhandel gewonnen werden." (Textauszug, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Kuhn, Sarah & Holger Seibert (2025): Digitale Ersetzbarkeit im stationären Einzelhandel und im Onlinehandel. Gastbeitrag. In: ArbeitGestalten Beratungsgesellschaft mbH (Hrsg.) (2025): Kassensturz. Daten, Fakten und Erfahrungen aus der Arbeitswelt des Berliner Einzelhandels, S. 29-45.
Bezugsmöglichkeiten
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