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Publikation

Befristete Beschäftigung in der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB)

Beschreibung

"Seit dem Jahr 2011 erfolgen Beschäftigungsmeldungen zur Sozialversicherung mit einem neuen Tätigkeitsschlüssel, der das binäre Merkmal „befristete Beschäftigung“ enthält. Damit können in den administrativen Daten des IAB befristete und unbefristete Beschäftigungsverhältnisse unterschieden werden. Im vorliegenden Bericht wird mit der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB) – ergänzt durch die Daten des Betriebshistorikpanels – für die Jahre 2012 bis 2021 eine überwiegend deskriptive Analyse befristeter Beschäftigung vorgenommen. In der Literatur zu befristeter Beschäftigung steht oft die Frage im Mittelpunkt, inwieweit befristeten Arbeitsverträgen eine Brückenfunktion zukommt, durch die befristet Beschäftigte nach einer gewissen Zeit eine unbefristete Beschäftigung finden. Dabei ist von Bedeutung, ob sich befristete und unbefristete Beschäftigte in ihren sozio-ökonomischen Merkmalen und ihrer bisherigen Erwerbsbiografie voneinander unterscheiden. Auch die Qualität der Beschäftigung, die sich an eine Befristung anschließt, wird untersucht. Auf betrieblicher Seite werden unterschiedliche Strategien des Einsatzes befristeter Beschäftigung identifiziert. Dies sind die Flexibilisierung des Arbeitskräfteeinsatzes, aber auch eine verbesserte Bewerber*innenauswahl (Screening) während der befristeten Beschäftigung. Ein erster empirischer Schwerpunkt des vorliegenden Berichts ist die Beschreibung der Erzeugung und die Untersuchung der Qualität der Datenbasis. Dabei werden die einzelnen Meldungen zunächst zu betrieblichen Beschäftigungsepisoden verarbeitet. Die anhand der so aufbereiteten Daten ablesbare Entwicklung der Zugänge in befristete Beschäftigung deckt sich im Großen und Ganzen mit den Angaben aus anderen Datenquellen. Für die Untersuchung von Übergängen und Beschäftigungsdauern werden dann noch Beschäftigungsepisoden zu Beschäftigungsketten zusammengefasst und die Zeiten dazwischen als Nichtbeschäftigungsepisoden definiert. Ein zweiter empirischer Schwerpunkt besteht in der Untersuchung des Verlaufs und der Bestimmungsfaktoren von Übergängen aus Nichtbeschäftigung in befristete und unbefristete Beschäftigung. Die graphische Analyse von Nichtbeschäftigungsdauern deutet auf einen gewissen Anpassungsprozess hin, bei dem Personen mit zunehmender Häufigkeit von Nichtbeschäftigungsepisoden in der Erwerbsbiografie eher bereit sind, eine befristete Beschäftigung aufzunehmen. Die Dynamik im Übergang in befristete und unbefristete Beschäftigung zeigt sich bei Schätzung von Verweildauermodellen darin, dass nach etwa drei Monaten Nichtbeschäftigung die Chancen für die Aufnahme einer Beschäftigung geringer werden. Vor allem für Frauen ist nach einem Jahr wieder eine Zunahme der Übergangsraten in Beschäftigung zu beobachten, eventuell machen sich hier die Effekte von Elternzeiten bemerkbar. Hinsichtlich des Zusammenhangs des Übergangs in befristete und unbefristete Beschäftigung mit der vorangehenden Erwerbsbiografie ergibt sich ein „sowohl als auch“: Deutliche Statusabhängigkeit zeigt sich darin, dass frühere befristete Beschäftigung mit einer erhöhten Abgangsrate in erneute befristete Beschäftigung und oft auch mit einer geringeren Übergangsrate in unbefristete Beschäftigung einhergeht. Dies birgt die Gefahr der Verfestigung der mit Befristungen verbundenen Nachteile. Die Brückenfunktion befristeter Beschäftigung äußert sich darin, dass befristete Berufserfahrung auch beim Übergang in unbefristete Beschäftigung positiv gewertet wird. Dafür, dass eine unstete Erwerbsbiografie sich nicht zwangsläufig verfestigt, spricht auch, dass mehrfache Betriebswechsel mit höheren Übergangsraten in befristete und unbefristete Beschäftigung einhergehen. Auf Seite der Betriebe ist es zunächst die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, die mit ungleichen Übergangsrisiken in befristete Beschäftigung einhergeht. Die Wirtschaftszweige dürften dabei unterschiedliche Personalbedarfe der Betriebe repräsentieren, etwa als Ergebnis einer schwankenden Produktnachfrage. Die Übergangsraten in befristete Beschäftigung sind für Betriebe mit unter 10 Beschäftigten deutlich niedriger. Dieser Befund wird hier dahingehend interpretiert, dass diese Betriebe vom Kündigungsschutz ausgenommen sind und befristete Beschäftigung daher wenig genutzt wird. Ein sehr deutlicher und positiver Zusammenhang ist zwischen der Übergangsrate in befristete Beschäftigung und dem Anteil befristet Beschäftigter im einstellenden Betrieb zu verzeichnen. Das zeigt, dass befristete Beschäftigung in einigen Betrieben routinemäßig genutzt wird. Für die Beschäftigten birgt dies das Risiko dauerhafter Instabilität. Ein dritter empirischer Schwerpunkt besteht in der Untersuchung der Dauer von befristet beginnender Beschäftigung. Zunächst wird für betriebliche Beschäftigungsepisoden gezeigt, dass befristet beginnende Episoden deutlich kürzer sind als unbefristete. Bei der Betrachtung von Beschäftigungsketten zeigt sich, dass nur aus befristeten Episoden bestehende Ketten weit kürzer sind als durchgängig unbefristete Beschäftigungsketten. Für befristet beginnende und in unbefristete Beschäftigung übergehende Beschäftigungsketten sind die Beschäftigungsdauern sogar länger als für durchgängig unbefristete Ketten. Werden befristet und unbefristet beginnende Beschäftigungsketten verglichen, zeigen sich für einige Merkmale deutliche Unterschiede. Auffällig ist hier erneut der bei befristeten Einstellungen hohe Anteil befristet Beschäftigter im einstellenden Betrieb. Im Ergebnis tragen unterschiedliche (beobachtete) Merkmale von befristet und unbefristet Beschäftigten und der sie einstellenden Betriebe zu den Unterschieden in den Beschäftigungsdauern bei." (Autorenreferat, IAB-Doku)

Zitationshinweis

Jaenichen, Ursula (2025): Befristete Beschäftigung in der Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB). (IAB-Forschungsbericht 11/2025), Nürnberg, 48 S. DOI:10.48720/IAB.FB.2511

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