Normierungsdiskurse in der Kommunikationsforschung - eine bilanzierende Reflexion
Beschreibung
"Die historisch wechselnde Konstellierung der Begriffe Autorität, Autorschaft, Wahrheit etc. bildet ein wesentliches Moment des medien- und kommunikationswissenschaftlichen Diskurses über die Beziehungen zwischen Wirklichkeit, Kunst, Produktion und Rezeption. War die ältere ästhetischen Theorie noch bis zur Aufklärung von den Parametern Nachahmung und Illusion her bestimmt, indem die Referenzebene der Kunst in einer ihrer Produktion vorangehenden Realität verortet wurde, so fokussieren moderne Theorien auf die Figur des werkbegründenden Subjekts, das Autorität im eigenen Namen reklamiert. Im postmodernen Diskurs eines referenzlosen, universalen Gewebes der Zeichen treten schließlich der Text selbst und seine vielgestaltige Rezipierbarkeit aus dem Schatten der 'Realität' und des 'Werkes' hervor. Die diesen verschiedenen Modellen jeweils eigenen Normierungstendenzen werden im Vortrag reflektiert. Insbesondere Konzeptionen, die zentral mit der Figur des Werkes argumentieren (etwa die Unterscheidung von Hoch- und Populärkultur in der Kulturindustriethese der kritischen Theorie), sowie solche, die sich dezidiert vom Werkbegriff distanziert haben, werden befragt. Dabei wird sich erweisen, daß entgegen den strikten Unterscheidungen normierender medien- und kommunikationswissenschaftlicher Theorien in der Gegenwart eher kulturelle Gemengelagen und Entgrenzungen zu beobachten sind, die als Konsequenz gesellschafts- und mediengeschichtlicher Differenzierungsprozesse rekonstruiert werden können. In einem forschungspolitischen Exkurs werden aktuelle Gutachten zur medienwissenschaftlichen Forschungslandschaft daraufhin untersucht, ob sie dieser Komplexität medialer Kommunikationsprozesse gerecht werden. Daran anschließend werden aktuelle Ansätze im Bereich der interdisziplinären Rezeptionsforschung betrachtet. Medienhandeln im Spannungsfeld von Übereignung und Aneignung wird hier als zentrales Element der sozialen Konstruktion von Medienästhetik und Kommunikationskultur gedeutet." (Autorenreferat)
Zitationshinweis
Neumann-Braun, Klaus & Ulrich Wenzel (1997): Normierungsdiskurse in der Kommunikationsforschung - eine bilanzierende Reflexion. In: K.- S. Rehberg (Hrsg.) (1997): Differenz und Integration : die Zukunft moderner Gesellschaften. Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden, Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung, S. 230-234.