Regionale Disparitäten in Demographie und Migration - Ein Rückblick aus ostdeutscher Perspektive
Beschreibung
"Vor dem Hintergrund dieser sich anspannenden Fachkräftesituation gerade auch in den ländlich geprägten ostdeutschen Regionen stellt sich die Frage, welche Chancen im Hinblick auf die (internationale) Zuwanderung bestehen, wenn zusätzliche Arbeitskräftepotenziale erschlossen werden sollen. Die Nähe zu den Nachbarländern Tschechien und Polen könnte in diesem Sinne Handlungsoptionen eröffnen. Jedoch zeigt sich gerade hier, dass Tschechien im europäischen Vergleich die niedrigste Arbeitslosenquote hat und dem eigenen Nachwuchs zunehmend reizvolle Perspektiven im eigenen Land bietet. Auch der Wanderungssaldo mit Polen hat sich nach starker Zuwanderung im Rahmen der EU-Osterweiterungsprozesse mittlerweile deutlich beruhigt. Unabhängig von der Zuwanderung aus Nachbarländern scheint die Wanderung von Ausländern ganz generell am ländlichen Raum in Ostdeutschland weitgehend vorbeizugehen. Die gezeigten Befunde sprechen dafür, dass selbst die regional gesteuerte Zuwanderung humanitärer Art keine dauerhaften Wanderungsgewinne in diesen Regionen erzeugen wird, da die nachfolgende Binnenwanderung in Richtung Westen bzw. in die großen Städte geht. Dies dürfte in erster Linie der Verteilung der jeweiligen Diaspora geschuldet sein – die Ausländer wandern dorthin, wo bereits Ausländer ihrer eigenen Ethnie wohnen. Dieser Effekt verstärkt die ohnehin größere Attraktivität von Metropolen für ausländische Zuwanderer, er ist kaum umkehrbar. Vor diesem Hintergrund ist nicht damit zu rechnen, dass ein starker Anstieg der Zuwanderung die Fachkräftesituation im Osten Deutschlands in nächster Zeit entspannen wird." (Textauszug, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Kubis, Alexander & Lutz Schneider (2020): Regionale Disparitäten in Demographie und Migration - Ein Rückblick aus ostdeutscher Perspektive. In: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (Hrsg.) (2020): Ostdeutschland - Eine Bilanz, Halle, S. 76-95.