Mütter leisteten während der Anfangsphase der Covid-19-Pandemie deutlich mehr zusätzliche Kinderbetreuungsarbeit als Väter. Gleichzeitig sank die Lebenszufriedenheit bei Müttern mit Kindern bis zwölf Jahren stärker als bei anderen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Das zeigt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Frauen in Deutschland waren von den Kita- und Schulschließungen während des ersten Lockdowns besonders betroffen. Für beschäftigte Mütter mit Kindern bis zwölf Jahren stieg die für Job, Pendeln, Kinderbetreuung und Haushalt aufgewendete Zeit im Frühjahr 2020 um acht Stunden pro Woche, für Väter um nur drei Stunden. Den höchsten Anstieg in absoluten Werten verzeichneten Mütter mit Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren.
Parallel zur höheren zeitlichen Belastung sank die Lebenszufriedenheit bei Müttern mit Kindern bis zwölf Jahren im Frühjahr 2020 stärker als bei anderen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Im September 2020, also nach dem ersten Lockdown, hatte die durchschnittliche wöchentliche bezahlte Arbeitszeit für Frauen fast wieder ihr Ausgangsniveau vom Februar 2020 erreicht, während sie für Männer trotz Wiederanstiegs noch etwas stärker unter dem Ausgangsniveau blieb. Die Zeit, die Eltern mit Kinderbetreuung verbrachten, war im Vergleich zum April 2020 gleichzeitig deutlich zurückgegangen. „Dies spricht dafür, dass Eltern nicht freiwillig ihre bezahlte Arbeit gegen Kinderbetreuung tauschen, sondern zum Status quo vor dem Ausbruch der Pandemie zurückkehren wollten“, so IAB-Forscher Michael Oberfichtner.
Während Männer in früheren Rezessionen, wie der Finanzkrise 2009, oft stärker von Arbeitsausfall betroffen waren, wirkte sich die COVID-19 Pandemie etwa gleich stark auf sozialversicherungspflichtig beschäftigte Frauen und Männer aus. Dabei lag der Anteil von Frauen in Kurzarbeit deutlich höher als in vorherigen Rezessionen: Waren im Mai 2020 mehr als 40 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit Frauen, betrug der Frauenanteil im Mai 2009 während der Finanzkrise nur etwa 20 Prozent. „In der Covid-19-Pandemie waren viele Dienstleistungsbranchen mit traditionell hohem Frauenanteil ungewöhnlich stark betroffen, wie Gastronomie und Unterhaltung“, berichtet IAB-Forscherin Hannah Illing. Der besonders starke Einbruch der Arbeitsnachfrage in diesen Bereichen erkläre den hohen Anteil von Frauen in Kurzarbeit. „Frauen arbeiten aber auch in Branchen, die kaum von Arbeitsausfall im Zuge der Pandemie beeinträchtigt wurden, wie dem Gesundheits- und Sozialwesen. Somit war der Arbeitsausfall wegen der unterschiedlichen Betroffenheit der verschiedenen Branchen während der Pandemie weitestgehend geschlechterneutral“, erklärt Illing.
Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://doku.iab.de/kurzber/2022/kb2022-03.pdf. Sie basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung im November und Dezember 2020 von circa 11.000 Personen, die im Dezember 2019 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und in den Vorjahren regelmäßig beschäftigt waren. Die Studie erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), das die Befragung auch finanziell unterstützte.