39 Prozent der Kurzarbeitergeld-Beziehenden berichteten, dass ihre eigene Arbeitsmenge beziehungsweise ihre Arbeitsaufgaben trotz Kurzarbeit unverändert blieben. 21 Prozent der Befragten gaben an, mehr Stunden gearbeitet zu haben als die Abrechnung des Kurzarbeitergeldes vorsah. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).
Ein Blick auf die Betriebsgröße und Branchen zeigt: In größeren Betrieben geben Beschäftigte in Kurzarbeit seltener als in kleineren Betrieben an, mehr Stunden gearbeitet zu haben als abgerechnet. Allerdings berichteten Beschäftigte in größeren Betrieben häufiger, dass ihre eigene Arbeitsmenge trotz Kurzarbeit unverändert blieb. Im produzierenden Gewerbe geben Beschäftigte in Kurzarbeit vergleichsweise häufiger an, dass ihre eigene Arbeitsmenge unverändert blieb. Gleichwohl berichteten Beschäftigte in Kurzarbeit dort auch vergleichsweise seltener, mehr Stunden gearbeitet zu haben als abgerechnet. „Die Befunde zu den Unterschieden in den Mitnahmeeffekten nach Betriebsgröße und Branchen zeichnen kein eindeutiges Bild“, so IAB-Forscher Christopher Osiander. „Insgesamt schließen wir, dass Mitnahmeeffekte für alle Betriebsgrößen und in allen Branchen auftreten und sich nicht auf bestimmte Branchen oder Betriebsgrößen konzentrieren, die weniger oder mehr Erfahrung mit Kurzarbeit vor der Pandemie hatten“, so Osiander weiter.
Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es in nennenswertem Umfang zu Mitnahmeeffekten beim Kurzarbeitergeld-Bezug gekommen sein dürfte. „Dies stellt die insgesamt sehr positiven Befunde zu den Auswirkungen des Kurzarbeitergeldes auf die Stabilität der Beschäftigung in Deutschland während der jüngsten Krise nicht in Frage. Kurzarbeit spielte in der Covid-19-Pandemie eine sehr wichtige Rolle, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern“, betont IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Für die Zukunft empfehlen wir eine strikt regelbasierte Anwendung des Kurzarbeitergeldes, um Mitnahmeeffekte zu begrenzen“, so Fitzenberger weiter. „Für eine Krisensituation, in der Kurzarbeit attraktiver ausgestaltet wird und der Zugang erleichtert wird, sind zusätzliche Kontrollen notwendig. Eine Möglichkeit wäre auch, den erleichterten Zugang mit einem Experience Rating für die Betriebe zu verbinden. Das heißt, dass bei intensiver Nutzung von Kurzarbeit die zukünftigen Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung für diesen Betrieb steigen.“
Die Studie beruht auf Beschäftigtenbefragungen des IAB im Zeitraum von November 2020 bis Februar 2021 und auf den administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit. Die Ergebnisse zu Mitnahmeeffekten beruhen alleine auf den subjektiven Einschätzungen von Beschäftigten, die trotz der getrennten Ausweisung von Lohn und Kurzarbeitergeld in Lohnabrechnungen auf teilweise unvollständigen Informationen über den Kurzarbeitsumfang beruhen mögen. Die Ergebnisse lassen keinen Rückschluss auf die Quantität der Mitnahmeeffekte zu. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2024/kb2024-09.pdf.