Rund eine halbe Million Arbeitslose sind 55 Jahre und älter. Laut Experteninterviews mit 61 Vermittlungsfachkräften der Arbeitsagenturen sind gesundheitliche Einschränkungen, zu geringe oder veraltete EDV-Kenntnisse und Vorbehalte von Arbeitgebern die häufigsten Hürden für die Rückkehr Älterer in Beschäftigung. Die Befragten befürworten eine intensivere Betreuung, spezielle Beratungs- und Förderangebote für Ältere und mehr Marketingkampagnen und Messen mit dem Schwerpunkt Ältere. Das geht aus einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
Arbeitslose ab 55 haben es deutlich schwerer als jüngere Arbeitslose, wieder eine Stelle zu finden. Betrachtet man Personen, die vor der Arbeitslosigkeit mindestens zwei Jahre durchgehend beschäftigt waren, zeigt sich: Bei den 47- bis 49-Jährigen haben nach zwei Jahren 80 Prozent zumindest zeitweise wieder sozialversicherungspflichtig gearbeitet. Bei den 55- bis 57-Jährigen sind es rund 60 Prozent, bei den 58- bis 60-Jährigen rund 35 Prozent und bei den 61- und 62-Jährigen weniger als 15 Prozent.
Den Vermittlungsfachkräften stehen derzeit nur wenige Angebote speziell für ältere Arbeitslose zur Verfügung. So gibt es beispielsweise eine längere Fördermöglichkeit Älterer mit Eingliederungszuschüssen (EGZ) an Unternehmen. Fast neun von zehn der befragten Vermittlungsfachkräfte wünschen sich mehr Ressourcen und arbeitsmarktpolitische Instrumente, um Ältere zurück in Beschäftigung zu bringen.
Laut der Befragung wäre etwa mehr Zeit für die Arbeit mit älteren Arbeitslosen hilfreich. Zudem sollten spezielle Beratungsangebote entwickelt werden. Diese könnten ähnlich wie die Angebote für Wiedereinsteigerinnen in den Arbeitsmarkt gestaltet werden. So werden beispielsweise im Programm „Perspektive Wiedereinstieg“ Berufsrückkehrerinnen bei der Arbeitsuche mithilfe von Aktivierungs-, Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie einem begleitenden Coaching unterstützt.
„Um einem der schwerwiegendsten Vermittlungshemmnisse Älterer entgegenzuwirken – nämlich den Vorbehalten der Unternehmen gegen ältere Arbeitskräfte – würden sich knapp zwei Drittel der Vermittlungsfachkräfte mehr überregionale Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marketingkampagnen oder Messen mit dem Schwerpunkt Ältere wünschen“, erklärt die IAB-Forscherin Pia Homrighausen. Beinahe ebenso viele Vermittlungsfachkräfte empfehlen zusätzliche finanzielle Anreize durch Förderinstrumente speziell für Ältere. Hier wurde von den Befragten oftmals als ein Beispiel der frühere Lohnzuschuss „Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer“ genannt. Er verringerte für zwei Jahre die Einkommensverluste bei der Aufnahme einer Beschäftigung mit geringerem Verdienst im Vergleich zur letzten Stelle vor der Arbeitslosigkeit. Anders als die Eingliederungszuschüsse wurde er direkt an die Arbeitnehmer statt an die Arbeitgeber bezahlt. Der Lohnzuschuss konnte bis Ende 2011 beantragt werden, wurde allerdings vergleichsweise selten in Anspruch genommen: Es gab nur rund 10.000 bis 20.000 neu Geförderte pro Jahr.
Ein Experiment im Jahr 2011 zeigte jedoch, dass alleine schon der Versand einer Informationsbroschüre an die potenziell Förderberechtigten den Bekanntheitsgrad und die Inanspruchnahme des Instruments erhöhen kann. Auf die Wiederbeschäftigungsrate wirkte sich der Versand der Broschüre aber nur bei den 55- bis 59-Jährigen aus: In dieser Altersgruppe stieg die Beschäftigungswahrscheinlichkeit um 23 Prozent. 27 Prozent von ihnen waren ein gutes Jahr später in Beschäftigung. In einer Kontrollgruppe, die die Broschüre nicht zugesendet bekam, waren es dagegen nur 22 Prozent.
Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2018/kb1118.pdf.