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Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom 25.08.2025

10 Jahre Fluchtmigration: Beschäftigungsquote von Geflüchteten nähert sich dem Durchschnitt in Deutschland an

Die Beschäftigungsquote der 2015 zugezogenen Geflüchteten belief sich im Jahr 2024 auf 64 Prozent und hat sich damit an das durchschnittliche Niveau in der Gesamtbevölkerung von 70 Prozent deutlich angenähert. Das zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis der mit Sozialversicherungsdaten verknüpften IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten.

90 Prozent aller beschäftigten Geflüchteten gingen 2024 einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil bei 92 Prozent. Zählt man die Selbstständigen hinzu – rund 5 Prozent der 2015 Zugezogenen waren 2023 selbstständig –, ergibt sich eine Erwerbstätigenquote von etwa 70 Prozent. Die Beschäftigungsquote hat sich damit bereits bis auf 6 Prozentpunkte an das Niveau der Gesamtbevölkerung angenähert. „Angesichts der anfangs ungünstigen Ausgangsbedingungen war ein solcher Annäherungsprozess keineswegs selbstverständlich“, erklärt IAB-Forschungsbereichsleiter Herbert Brücker. „Neun Jahre nach dem Sommer 2015 können wir feststellen: In arbeitsmarktlicher Hinsicht ist viel erreicht worden – auch wenn noch Herausforderungen bestehen“, so Brücker.

Hohes Gefälle zwischen Männern und Frauen

Mit 76 Prozent lag die Beschäftigungsquote geflüchteter Männer vier Prozentpunkte höher als beim Durchschnitt der männlichen Bevölkerung in Deutschland. Bei Frauen betrug sie mit 35 Prozent nur die Hälfte des weiblichen Bevölkerungsdurchschnitts. Zudem arbeiteten geflüchtete Frauen überdurchschnittlich in Teilzeit. „Das größte Potenzial für mehr Erwerbstätigkeit unter Geflüchteten liegt bei den Frauen. Der teils unzureichende Zugang zu Kinderbetreuung bleibt jedoch eine zentrale Hürde für ihre Integration in den Arbeitsmarkt“, erklärt IAB-Forschungsbereichsleiterin Yuliya Kosyakova. Die Beschäftigungsquote von Frauen mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren lag bei 21 Prozent, bei Frauen ohne Kinder bei 40 Prozent. Zudem schränken geringere Bildungsabschlüsse, die Konzentration auf reglementierte Berufe sowie fehlende soziale Netzwerke ihre Teilhabemöglichkeiten ein.

Steigende Verdienste – aber weiterhin hoher Anteil im Niedriglohnbereich

Sieben bis acht Jahre nach dem Zuzug arbeiteten 33 Prozent der geflüchteten Frauen und 26 Prozent der Männer in Engpassberufen. Männer waren vor allem in Verkehrs-, Logistik- sowie fertigungsnahen Berufen tätig, Frauen überwiegend in medizinischen und nicht-medizinischen Gesundheitsberufen. 2023 lag der mittlere Bruttomonatsverdienst aller erwerbstätigen Geflüchteten bei 2.297 Euro, bei Vollzeitbeschäftigten bei 2.675 Euro – rund 70 Prozent des Medianverdienstes aller Vollzeitbeschäftigten und nur knapp über der Niedriglohnschwelle (66 Prozent). 84 Prozent der abhängig Beschäftigten bestritten ihren Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit. Der Anteil der Leistungsbeziehenden unter den 2015 Zugezogenen sank auf 34 Prozent, blieb jedoch deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt.

Große regionale Unterschiede bei Beschäftigung und Verdiensten

Deutliche Unterschiede in Beschäftigungsquoten und Verdiensten zeigen sich auch zwischen den Bundesländern. Fünf bis neun Jahre nach Zuzug lag die mittlere jährliche Beschäftigungsquote in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt bei 49 Prozent, in Baden-Württemberg bei 66 Prozent. Die mittleren Bruttotagesverdienste reichten von 36 Euro in strukturschwachen ostdeutschen Ländern bis zu 63 Euro in Baden-Württemberg. In wirtschaftsstarken Bundesländern mit günstiger Arbeitsmarktlage wie Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Hamburg sind Beschäftigungsquoten und Einkommen höher. Neben der Wirtschaftskraft wirkt sich auch das gesellschaftliche Klima aus: Ein hohes Maß an rechtsextremer Mobilisierung steht in einem negativen Zusammenhang mit der Arbeitsmarktintegration. „Unsere Befunde zeigen, dass ein ablehnendes gesellschaftliches Klima die Integration zusätzlich erschwert – selbst dort, wo die wirtschaftlichen Voraussetzungen eigentlich gut sind“, so IAB-Forscher Philipp Jaschke.

Datengrundlage

Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten wird seit 2016 jährlich vom IAB gemeinsam mit dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin durchgeführt. Bei Zustimmung der Befragten wurden die tagesgenauen Sozialversicherungsdaten der Bundesagentur für Arbeit zu Beschäftigung und Leistungsbezug hinzugespielt. Die verknüpften Sozialversicherungsdaten liegen für die wesentlichen Merkmale bis Ende 2024 vor, für einige Merkmale jedoch nur bis Ende 2023. Mithilfe statistischer Hochrechnungsverfahren können repräsentative Aussagen über die Gruppe der Schutzsuchenden getroffen werden.

Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2025/kb2025-17.pdf. Vertiefende Analysen zu Faktoren, die Integration fördern oder behindern, finden sich zudem in diesem aktuellen Beitrag im IAB-Forum: https://iab-forum.de/10-jahre-fluchtmigration-2015-was-integration-foerdert-und-was-sie-bremst/