Jahr: 2025
Eingewanderte verdienen in Deutschland im Schnitt 19,6 Prozent weniger als Einheimische
Eingewanderte in Deutschland und acht weiteren Ländern – Kanada, Dänemark, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden und den USA – erzielen im Durchschnitt deutlich geringere Einkommen als Einheimische. In Deutschland beträgt der Einkommensunterschied bei der ersten Generation 19,6 Prozent. Der Hauptgrund liegt nicht in ungleicher Bezahlung bei gleicher Tätigkeit, sondern in eingeschränktem Zugang zu besser bezahlten Branchen, Berufen und Unternehmen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie für die Fachzeitschrift „Nature“, in der Mitautor Malte Reichelt, Forscher im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), und ein internationales Team von Kolleg*innen Daten von 13,5 Millionen Einwanderern und einheimischen Arbeitnehmenden in neun Ländern analysierten.
Drei Viertel des Lohnunterschieds lassen sich darauf zurückzuführen, dass Eingewanderte seltener in hochbezahlten Branchen oder Positionen beschäftigt sind. Etwa ein Viertel des Unterschieds ergibt sich aus ungleicher Bezahlung innerhalb desselben Unternehmens und derselben Position. „Bei der Integration geht es nicht nur um gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Es geht vor allem darum, strukturelle Zugangsbarrieren in gut bezahlte Beschäftigungsbereiche abzubauen“, so IAB-Forscher und Mitautor der Studie Malte Reichelt. „Gezielte Maßnahmen – etwa Sprachförderung, Anerkennung ausländische Abschlüsse, Ausbau beruflicher Netzwerke und bessere Informationsvermittlung – sind wichtig, um strukturelle Barrieren abzubauen“, so Reichelt weiter.
In Deutschland besteht auch bei der zweiten Generation eingewanderter Personen eine Lohnlücke – sie beträgt im Schnitt 7,7 Prozent. Zwar ist diese Differenz geringer als bei der Elterngeneration, doch insbesondere Nachkommen von Personen aus Afrika und dem Nahen Osten sind weiterhin benachteiligt. Auch bei der zweiten Generation ist der Großteil des Lohngefälles auf unterschiedliche Berufs- und Branchenverteilungen zurückzuführen; die innerbetriebliche Lohnungleichheit liegt bei 1,1 Prozent.
Über alle untersuchten Länder hinweg verdienen Eingewanderte im Schnitt 17,9 Prozent weniger als Einheimische. Die Differenz fällt je nach Land unterschiedlich aus: Die größten Lohnlücken bei der ersten Generation wurden in Spanien mit 29,3 Prozent und Kanada mit 27,5 Prozent festgestellt, gefolgt von Norwegen mit 20,3 Prozent, Deutschland mit 19,6 Prozent, Frankreich mit 18,9 Prozent und den Niederlanden mit 15,4, Prozent. Deutlich geringer waren die Unterschiede in den USA mit 10,6 Prozent, Dänemark mit 9,2 Prozent und Schweden mit 7 Prozent. Auch für die zweite Generation zeigen sich Einkommensunterschiede – im Schnitt liegt die Lohnlücke hier bei 5,7 Prozent. Am größten ist das Lohngefälle in der zweiten Generation in Norwegen mit 8,7 Prozent, am niedrigsten in Kanada mit 1,9 Prozent.
Die Studie wurde von einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Are Hermansen (Universität Oslo) und unter Beteiligung von Wissenschaftler*innen aus Europa und Nordamerika durchgeführt, darunter Malte Reichelt, Forscher im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und Juniorprofessor für Computational Social Science an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Studie vergleicht erstmals systematisch über mehrere Länder hinweg Lohnunterschiede zwischen Eingewanderten und Einheimischen und deren Ursachen mithilfe von administrativen Daten. Insgesamt wurden Daten von 13,5 Millionen Personen aus neun Einwanderungsländern (Kanada, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Spanien, Schweden, USA) untersucht. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Nature“ erschienen und abrufbar unter: https://doi.org/10.1038/s41586-025-09259-6
Project MARS: Mentoring for Disadvantaged Adolescents at Real Scale – a project design
Reform der Hinzuverdienstregeln könnte bis zu 170.000 zusätzliche Vollzeitkräfte mobilisieren
Die derzeitigen Hinzuverdienstregelungen im Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag bieten vielen Haushalten nur begrenzte finanzielle Anreize zur Arbeitsaufnahme oder -ausweitung. Die neue Bundesregierung kündigt in ihrem Koalitionsvertrag an, die finanziellen Arbeitsanreize für Beziehende von Bürgergeld und den angrenzenden bedarfsgeprüften Leistungen Wohngeld und Kinderzuschlag zu verbessern. Modellrechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen: Durch gezielte Änderungen an Freibeträgen und Anrechnungsregeln könnte das Arbeitsangebot um bis zu 170.000 Vollzeitäquivalente steigen - jedoch zu unterschiedlichen fiskalischen Kosten und verbunden mit einem Anstieg der Sozialleistungsempfänger*innen.
In allen untersuchten Reformszenarien steigt das Arbeitsangebot, gemessen in zusätzlichen Vollzeitäquivalenten, zwischen 70.000 und 170.000 Personen. Besonders starke Effekte zeigen sich bei Reformen, die geringe Erwerbseinkommen stärker anrechnen. Solche Varianten erzielen stärkere Arbeitsangebotszuwächse bei vergleichsweise niedrigen fiskalischen Kosten, sind aber für viele Haushalte kurzfristig mit Einkommensverlusten verbunden. Dagegen führen Reformen mit umfassender Entlastung aller Einkommensgruppen zwar ebenfalls zu mehr Beschäftigung, verursachen jedoch vergleichsweise hohe fiskalische Mehrausgaben von bis zu 5 Milliarden Euro jährlich.
Die Zahl der Haushalte, die Bürgergeld beziehen, sinkt in einigen untersuchten Szenarien um bis zu 390.000 – allerdings nimmt gleichzeitig die Zahl der wohngeld- und kinderzuschlagsbeziehenden Haushalte um 1,2 Millionen deutlich zu. Dieser Anstieg der Sozialleistungsbeziehenden ist ein unvermeidbarer Effekt bei einer Absenkung der Transferentzugsraten über den gesamten Einkommensbereich, in dem Haushalte Leistungsansprüche haben. „Reformen der Hinzuverdienstregelungen können höhere Arbeitsanreize schaffen“, betont IAB-Forscher Jürgen Wiemers. „Sie erfordern aber eine klare Abwägung zwischen Zielkonflikten wie fiskalischer Belastung, Empfängerstruktur und kurzfristigen Einkommenseinbußen für Haushalte mit niedrigen Einkommen.“
Untersucht wurden 54 Reformszenarien, bei denen die Regeln zur Anrechnung von Erwerbseinkommen auf die Sozialleistung im Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag systematisch verändert wurden. Die Modellrechnungen basieren auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und dem IAB-Mikrosimulationsmodell. Die Studie ist abrufbar unter: https://iab-forum.de/reformen-der-hinzuverdienstmoeglichkeiten-bei-buergergeld-wohngeld-und-kinderzuschlag-ein-balanceakt-zwischen-vielen-zielkonflikten
Rekordwert bei Kurzzeitkonten: Beschäftigte haben 473 Millionen Arbeitsstunden angespart
Die Stunden auf Gleitzeit- und Kurzzeitkonten erreichten mit 473 Millionen Stunden im vierten Quartal 2023 einen Höchststand. Dies entspricht 140 Millionen Stunden mehr als noch im Jahr 2013. Die zunehmende Bedeutung von Arbeitszeitkonten zeigt sich im stark wachsenden Anteil der Betriebe und Verwaltungen, die diese nutzen. In der am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden erstmals gesamtwirtschaftlich repräsentative Daten über die Stundenzahl auf den Arbeitszeitkonten deutscher Beschäftigter vorgelegt.
Die 473 Millionen angesparten Arbeitsstunden entsprachen einer geschätzten Nettolohnsumme von insgesamt 9,45 Milliarden Euro und rund 0,9 Prozent des gesamten Jahresarbeitsvolumens. Anders ausgedrückt: „Alle Beschäftigten mit einem Kurzzeitkonto könnten fast sechs Tage freinehmen, dann wären die gesamten Stundenbestände abgebaut“, berichtet Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB.
2013 gab es in 15 Prozent aller Betriebe Vereinbarungen über Kurzzeitkonten. Dieser Anteil hat sich bis zum Jahr 2023 auf 29 Prozent verdoppelt. So hatten 2023 rund 37 Prozent aller Beschäftigten ein Kurzzeitkonto. 2013 war es nur ein Viertel gewesen. „Die steigende Zahl der Beschäftigten, die ein solches Konto nutzen, und der gewachsene gesamtwirtschaftliche Stundensaldo zeigen die zunehmende Bedeutung flexibler Arbeitszeitgestaltung“, so IAB-Forscherin Susanne Wanger. „Die Herausforderung ist, Arbeitszeitflexibilität so zu gestalten, dass betriebliche Abläufe mit den Wünschen der Beschäftigten vereinbart werden können.“
Im Durchschnitt hatten im vierten Quartal 2023 alle Beschäftigten mit einem Kurzzeitkonto gut 30 Plusstunden gutgeschrieben. Im Jahr 2013 waren es noch 35 Plusstunden gewesen. „Für die Beschäftigten können flexiblere Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern. Dies kann das Angebot an Arbeitskräften stärken“, so IAB-Forscherin Anja Warning.
Mit rund 84 Millionen sind im Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur die meisten Stunden auf Arbeitszeitkonten verbucht, gefolgt vom Gesundheits- und Sozialwesen mit 65 Millionen Stunden, den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen mit 43 Millionen Stunden und der öffentlichen Verwaltung mit 38 Millionen Stunden.
Die Studie beruht auf Daten der IAB-Stellenerhebung, einer repräsentativen Arbeitgeberbefragung. Der hier zugrunde liegende Datensatz für den Zeitraum 2013 bis 2023 enthält Daten von insgesamt rund 157.000 Betrieben, von denen 152.000 Angaben dazu gemacht haben, ob und gegebenenfalls wie sie Arbeitszeitkonten nutzen. 2023 haben 16.171 Betriebe an der Erhebung teilgenommen, von 15.759 Betrieben liegen Angaben zu Arbeitszeitkonten vor. Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2025/kb2025-12.pdf.
Bildung in Zeiten von Transformation und beruflichem Wandel
Die Anforderungen an Bildung verändern sich rasant: Digitalisierung, demografischer Wandel und Dekarbonisierung prägen Arbeitsmärkte und Berufsprofile tiefgreifend. Damit wächst der Druck auf unser Bildungssystem, Menschen auf den Wandel vorzubereiten – in Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung.
Wie kann Bildung in diesem Spannungsfeld Orientierung geben, Chancen eröffnen und die nötigen Kompetenzen vermitteln? Welche Fähigkeiten benötigt der Arbeitsmarkt der Zukunft?
Diesen Fragen widmet sich das Bildungspolitische Forum 2025 des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale (LERN). Wir laden Sie ein, mit uns zu diskutieren.
Im Zentrum stehen empirisch fundierte Perspektiven auf Bildungsprozesse im Wandel, konkrete Handlungsoptionen zur Weiterentwicklung des Bildungssystems und der Dialog zwischen Bildungsforschung, -politik und -administration.
IAB-Arbeitsmarktbarometer verzeichnet dritten Anstieg in Folge
Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) legt im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Punkte zu und liegt damit im Juni bei 99,1 Punkten. Das European Labour Market Barometer setzt mit einem minimalen Rückgang um 0,1 Punkte auf 99,6 Punkte die Stagnationsphase der vergangenen drei Jahre fort.
Auch mit dem dritten Anstieg in Folge bleibt das IAB-Arbeitsmarktbarometer im Juni weiterhin unter der neutralen Marke von 100 Punkten. „Das Arbeitsmarktbarometer kämpft sich mühsam aus dem Tal, in das es bis März gerutscht war“, berichtet Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am IAB. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit in Deutschland bleibt trotz eines Anstiegs um 0,3 Punkte im Vergleich zum Vormonat mit 97,8 Punkten weiter klar im negativen Bereich. Die Beschäftigungskomponente ist hingegen wieder etwas positiv – sie steigt um 0,2 Punkte auf 100,4 Punkte im Juni. „Der Arbeitsmarkt festigt sich etwas. Dennoch wird die Arbeitslosigkeit im Sommer wohl vorübergehend die 3-Millionen-Marke überschreiten“, so Weber.
Das European Labour Market Barometer tritt auf der Stelle und fällt im Juni im Vergleich zum Vormonat minimal um 0,1 Punkte auf 99,6 Punkte. „Die Erwartungen der Europäischen Arbeitsmarktservices bleiben stabil, aber es überwiegt ein flaues Gefühl“, erklärt Weber. Lettland nimmt im Juni zum ersten Mal teil – wobei der Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen und des IAB ohne Lettland diesen Monat um 0,1 Punkte schlechter ausgefallen wäre.
Datengrundlage
Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert.
Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 18 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Spanien und Zypern. Lettland nimmt seit Juni 2025 teil.
Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers und des European Labour Market Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus diesen beiden Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala der Barometer reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).
Zum Download stehen bereit:
- eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe (xlsx).
- eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter https://iab.de/daten/iab-arbeitsmarktbarometer/.
Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components (xlsx) abrufbar.
Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://iab.de/en/daten/european-labour-market-barometer/.
Weitere Information zum Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB finden Sie unter https://iab.de/daten/arbeitskraefteknappheits-index/
Misperceptions of inequality and local contexts
Alt, älter, arbeitsmarktrelevant – Wie der demografische Wandel Jobs und Wachstum prägt
Der demografische Wandel wird in vielen OECD-Ländern den strukturellen Fachkräftemangel noch einmal deutlich verschärfen und stellt eine große Herausforderung für die wirtschaftliche Entwicklung und die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme dar.
Modellrechnungen im aktuellen OECD-Beschäftigungsausblick zeigen, dass aufgrund der Geburtenentwicklung und der steigenden Lebenserwartung die Anzahl der produktiven Beschäftigten zurückgehen und gleichzeitig der Anteil der Rentenbeziehenden stark wachsen wird.
Im ZOOM-Webinar wird diskutiert, wie sich trotz dieser Trends eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung erreichen lässt, die Wohlstand auch im Alter zusammen mit einer funktionsfähigen Gesundheitsversorgung sichert.
Bonuszahlungen in Betrieben: Persönliche Leistung zählt wieder stärker
Beschäftigte in Deutschland müssen für eine erfolgsabhängige Bonuszahlung wieder stärker mit persönlicher Leistung überzeugen. Erfolge im Team verlieren hingegen an Bedeutung. Großbetriebe treiben diese Entwicklung maßgeblich voran. Ergebnisse aus dem Linked Personnel Panel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen: Ein zu starker Fokus auf die persönliche Leistung verringert unter anderem die Jobzufriedenheit und erhöht die Krankheitstage. Demgegenüber steigt die Arbeitsqualität der Belegschaft, wenn Betriebe die Bonuszahlungen stärker an die Teamleistung knüpfen.
Während der Anteil der persönlichen Leistung an Bonuszahlungen für Beschäftigte ohne Führungsverantwortung bis 2020 noch stetig sank, stieg er bis 2023 auf 49 Prozent. Gleichzeitig verlor die Teamleistung an Bedeutung und machte zuletzt 19 Prozent der Bonuszahlungen aus, der Unternehmenserfolg 32 Prozent. Bei Führungskräften bestimmte hingegen der Unternehmenserfolg 50 Prozent der Bonuszahlungen. Gleichzeitig stieg die Bedeutung der persönlichen Leistung bei Boni in dieser Gruppe 2023 auf 31 Prozent. „Individuelle Leistung gewinnt mittlerweile wieder an Bedeutung. Betriebe setzen sowohl bei Führungskräften als auch bei Mitarbeitenden wieder vermehrt auf die Bewertung persönlicher Leistung und damit weniger auf Teamleistung“, so IAB-Forscher Philipp Grunau.
Großbetriebe treiben diese Entwicklung maßgeblich voran: In Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten kletterte der Anteil der Betriebe, die Boni nutzen, seit Beginn der Pandemie von 59 Prozent auf 77 Prozent im Jahr 2023 – was einem Anstieg um mehr als 30 Prozent entspricht. Im selben Zeitraum stieg die Bedeutung von persönlicher Leistung bei Bonuszahlungen in Großbetrieben um 8 Prozentpunkte. „Dieser Trend deckt sich mit kürzlichen Aussagen von Konzernmanager*innen, die wieder verstärkt eine Leistungskultur durch eine engere Verzahnung von individueller Leistung und monetärer Vergütung einfordern“, so Patrick Kampkötter von der Universität Tübingen.
Die Wirkung von Bonuszahlungen hängt wesentlich davon ab, welche konkreten Erfolgsziele Betriebe und Beschäftigte vereinbaren. „Leistungsorientierung lohnt sich, aber nur im Kollektiv“, so IAB-Forscher Kevin Ruf. Mitarbeitende, bei denen Teamerfolge im Vergütungsmix dominieren, melden sich bis zu zwei Tage seltener krank. Zudem steigern Bonuszahlungen die Jobzufriedenheit und die Bindung an den Arbeitgeber - allerdings nur dann, wenn Teamleistung und gemeinschaftlicher Erfolg im Vordergrund stehen. Wird die erfolgsabhängige Vergütung vorwiegend anhand der individuellen Leistung gemessen, weisen Beschäftigte mehr Krankheitstage auf und die Arbeitsqualität sinkt, etwa die Jobzufriedenheit, das Engagement und die Bindung an den Betrieb.
Die IAB-Studie beruht auf dem Linked Personnel Panel (LPP), einer Befragung von Betrieben und deren Beschäftigten, die alle zwei Jahre stattfindet. Die Studie ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2025/kb2025-11.pdf