Im Januar 2023 hat in Deutschland das Bürgergeld das System der Grundsicherung abgelöst, begleitet von zahlreichen politischen und medialen Kontroversen. Der Beitrag nimmt nach rund einem Jahr Bürgergeldreform eine erste empirische Zwischenbilanz aus der Perspektive von Jobcenter-Beschäftigten vor.
Auf der Basis einer standardisierten Online-Befragung (n=2.008) unter den Beschäftigten in acht Jobcentern in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2024 beleuchten wir in dem Beitrag eine Vielzahl verschiedener Indikatoren, die von Einschätzungen zu Sanktionen, Schonvermögen, Leistungsanreizen, Weiterbildung bis hin zu übergeordneten Fragen als wirksam erachteter Maßnahmen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit reichen.
Die empirischen Befunde zeigen zwar eine Reihe positiver Einschätzungen zu vereinzelten Reforminhalten wie Bagatellgrenzen und den neuen Coaching-Maßnahmen, offenbaren in Summe aber eine recht reformaverse Beurteilung der Bürgergeld-Reform. Dabei legt die Analyse offen, dass dies vor allem die antizipierten negativen Effekte der Reform auf die Bürgergeldbeziehenden und weniger die individuelle negative Betroffenheit betrifft und zudem grundlegend aktivierende Workfare-Maßnahmen wie die Pflicht zur Aufnahme gemeinnütziger Arbeit bei erfolgloser Stellensuche eine unvermutet hohe Zustimmung finden.
Vor dem Hintergrund der Befragungsergebnisse diskutiert der Beitrag abschließend Erklärungsansätze für die breite Reformaversion unter Jobcenter-Beschäftigten sowie die zukünftigen Herausforderungen der Governance des Bürgergeldes und die Bedeutung der Evaluationsforschung wie auch der politischen Kommunikation in diesem Zusammenhang.
Termin
18.7.2024
, 13:30 bis 14:30 Uhr
Ort
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Regensburger Straße 104
90478 Nürnberg
Raum Re100 E10
oder online über MS Teams
Anmeldung
Forschende, die teilnehmen möchten, senden bitte eine E-Mail an IAB.Colloquium@iab.de