In Berufen, für die ein Hochschulabschluss notwendig ist, ist das relative Automatisierungspotenzial durch Künstliche Intelligenz am höchsten. Dagegen betrifft der Einsatz von Software eher Tätigkeiten von Beschäftigten mit geringen oder mittleren Qualifikationen. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
„Berufe, die keine oder eine formale berufliche Ausbildung voraussetzen, erfordern derzeit in der Regel keinen Umgang mit großen Datenmengen, der durch den Einsatz von KI erleichtert werden kann“, erklärt IAB-Forscherin Verena Malfertheiner. „Softwarebasierte Systeme hingegen können repetitive, weniger qualifizierte Tätigkeiten übernehmen oder zumindest unterstützen“.
Die relativen Automatisierungspotenziale durch Künstliche Intelligenz und Software sind im Verarbeitenden Gewerbe sowie in der Informations- und Kommunikationstechnik besonders hoch. Dagegen sind die Bereiche Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, der Handel inklusive Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie der Gesundheits- und Pflegebereich weniger betroffen. Dabei könnte das relative Automatisierungspotenzial durch Künstliche Intelligenz und Software in Berufen mit Fachkräfteengpässen eher eingesetzt werden als in Berufen ohne Engpässe. „Nicht alle Potenziale werden jedoch jetzt oder in der nahen Zukunft ausgeschöpft“, erläutert IAB-Forscher Michael Stops. „Ganze Berufe sind eher selten vollständig automatisierbar, da viele KI- und Software-Anwendungen einerseits noch in ihren Fähigkeiten begrenzt sind und andererseits ohnehin nur spezifische Tätigkeiten unterstützen“, so Stops weiter.
Berufe mit höherem Frauenanteil wie beispielsweise im Verkauf und in der Gesundheits- und Krankenpflege weisen zudem geringere relative Automatisierungspotenziale auf als Berufe mit höherem Männeranteil. „In Berufen mit einem hohen Frauenanteil sind häufiger umfassende soziale, zwischenmenschliche und kommunikative Fähigkeiten gefragt, da können digitale Technologien bislang nicht mithalten“, führt Ko-Autorin Marie-Christine Fregin von der Universität Maastricht aus.
Inwiefern sich Automatisierungspotenziale auf Beschäftigung und die Lohnentwicklung auswirken, müsse weiter untersucht werden, so die Studienautor*innen. Unternehmen und Beschäftigte sollten unterstützt werden, damit Produktivitätssteigerungen durch technologische Innovationen möglichst breit zur Wirkung kommen. Mögliche Maßnahmen seien die Förderung von Umschulungs- und (Weiter-)Bildungsangeboten.
Die Studie greift auf die Indikatoren des Ökonomen Michael Webb zur Messung der Automatisierungspotenziale in Berufen zurück. Diese erfassen anhand von Patentdaten separat für KI und Software, inwiefern berufliche Tätigkeiten übernommen werden könnten.
Die Studie ist abrufbar unter: https://doku.iab.de/kurzber/2023/kb2023-21.pdf