Berufs- und Arbeitsmarktorientierungen der Studierenden
Beschreibung
"Angesichts der wechselnden Konjunktur auf dem akademischen Arbeitsmarkt ist Wissen um die Orientierungen von Studierenden gegenüber Studium, Beruf und Arbeitsmarkt von großer Bedeutung, nicht zuletzt um bei ihrer beruflichen Beratung berücksichtigt werden zu können. Die in dieser Studie vorgelegten studentischen Stellungnahmen zu diesem vielschichtigen Themenkomplex basieren im wesentlichen auf zwei umfangreichen Erhebungen im WS 1992/93 und WS 1994/95, bei denen jeweils ca. 9.000 Studierende an 22 Hochschulen in den alten und neuen Ländern befragt wurden.<br> Die leitenden Fragestellungen des Berichtes beziehen sich auf die Stabilität oder den Wandel studentischer Sichtweisen und auf Unterschiede und Angleichungen zwischen den Studierenden in den alten und neuen Ländern. Unter den vielfältigen und differenzierten Befunden sind zwei Veränderungen hervorzuheben, weil sie erhebliche Folgen für die Studierenden und das Studium haben.<br> Die individuellen Berufsaussichten wie die allgemeine Arbeitsmarktentwicklung werden von den Studierenden zunehmend als schlechter beurteilt, besonders auch von Studierenden an Fachhochschulen und in natur- und ingenieurwissenschafltichen Studiengängen. Die Belastungen im Studium aufgrund der als schlechter eingeschätzten Berufsperspektiven haben stark zugenommen. Sie tragen zur Lösung der Fachidentifikation bei und verstärken die Neigung zum Studienabbruch.<br> Die Erwerbstätigkeit der Studierenden in der Vorlesungszeit ist weiter angestiegen, zum Teil weil sie vermehrt zur Finanzierung des Studiums darauf angewiesen sind. Die Erwerbstätigkeit geht zu Lasten der Teilnahme an Lehrveranstaltungen und des Zeitaufwandes für das Selbststudium. Bei umfänglicher Erwerbstätigkeit, von mehr als acht Stunden pro Woche im Semester, wird der Studienabschluß häufiger hinausgeschoben und die Studienzeit verlängert sich.<br> Beide Entwicklungen enthalten einige hochschul- und gesellschaftspolitische Brisanz. Denn sie führen zu Auflösungen und Brüchen in der Studentenrolle und vermindern die Konsistenz des Hochschulstudiums. Bei Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt wollen die Studierenden in den alten und neuen Ländern zwar weiterhin flexibel reagieren; sie akzeptieren finanzielle Einbußen und zusätzliche Belastungen, wenn sie dadurch ihre beruflichen Vorstellungen verwirklichen können. Dennoch ist für immer mehr Studierende die Grenze des "Zumutbaren" überschritten. Deshalb nimmt nicht nur ihre Nachfrage nach beruflicher Beratung zu, sondern die Studierenden fordern auch dringlicher günstigere Arbeitsmarktbedingungen für Hochschulabsolventen." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Ramm, Michael & Tino Bargel (1997): Berufs- und Arbeitsmarktorientierungen der Studierenden. Entwicklungen in der ersten Hälfte der 90er Jahre. (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 212), Nürnberg, 374 S.