Wie die Schweizer mit der Arbeitslosigkeit fertig geworden sind
Beschreibung
"In diesem Artikel werden am Beispiel Schweiz zwei Szenarien für die Beschäftigungspolitik in der Zukunft 1983-2003 fantasievoll ausgemalt. Beide Zukunftsbilder gehen von gleichen Prognoseannahmen aus. Das Szenarium 1 geht davon aus, daß bei den voll im Arbeitsprozeß integrierten Beschäftigten in der Schweiz nur kleine Arbeitszeitverkürzungen realisiert werden. Dafür werden zuhnehmend Bevölkerungsteile aus dem Arbeitsprozeß abgesplittert und müssen von der Gesellschaft als Arbeitslose unterhalten werden. Die sozialen Kosten der Arbeitslosigkeit - Lohnersatz, Kriminalität, Marginalisierung - werden im Jahre 2003 für die aktive Bevölkerung 20-25 Prozent der Löhne ausmachen.<br> Das Szenarium 2 unterstellt, daß in der Schweiz die gesellschaftliche Arbeitszeit im Ausmaß der Produktivitätssteigerungen gesenkt wird. Arbeitszeitpolitik ist ein wichtiges wirtschaftpolitisches Lenkungsinstrument. Nicht nur lineare Arbeitszeitverkürzungen, sondern auch neue Formen von Teilzeitarbeit, Job Sharing usw. werden praktiziert und begünstigt. Ziel ist eine Arbeitszeit-Einkommens-Souveränität für alle. Das vorhandene Arbeitsvolumen wird auf alle verteilt. Damit werden zusätzliche Ausgaben für Arbeitslosenversicherung ect. eingespart. "Weniger Staat" im Bereich der Sozialversicherungen und der Folgelasten wird mit "mehr Freiheit" des Einzelnen verbunden.<br> Beide Szenarien legen eine Produktivitätssteigerung von 2 1/2 Prozent pro Jahr zuigrunde. Konstante Produktivitätssteigerung, bedingt durch Automatisierung, Rationalisierung und Elektronisierung, ist die einzige sichere Prognose, die man zur Zeit treffen kann. Alles andere ist spekulativ.<br> Jährlich 21/2 Prozent Produktivitätszuwachs bedeutet, über 20 Jahre hinweg gerechnet, eine Zunahme der Gesamtproduktivität um zwei Drittel. Das heißt schematisch, es müßten 2/3 mehr Güter produziert und konsumiert werden; oder es müßte bei gleicher Produktion wie heute die gesamtgesellschaftliche Arbeitszeit entsprechend vermindert werden: in der Schweiz von 44 auf 26 Wochenstunden.<br> Beide Szenarien kosten etwa gleichviel. Die Inkaufnahme von Arbeitslosigkeit (Szene 1) ist die teuerste Form von Arbeitszeitverkürzung.<br> Im dritten Teil plädiert der Autor dafür, die Produktivitätssteigerung in Zukunft in Form von kürzerer Arbeitszeit, statt in Form höherer Löhne und höherem Konsum weiterzugeben. Der Artikel zeigt bildlich und anschaulich die Konsequenzen verschiedener Arbeitszeit-Politik-Modelle auf die Struktur der Gesellschaft und auf das politische Klima." (Autorenreferat)
Zitationshinweis
Strahm, Rudolf H. (1984): Wie die Schweizer mit der Arbeitslosigkeit fertig geworden sind. Zwei Blicke in die Zukunft - von der Gegenwart aus. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 17, H. 1, S. 88-93.