Neue Arbeitszeitpolitik und Arbeitsmarkt. Anhang: Gewünschte Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Sonderauswertung aus der Voruntersuchung des BiBB/IAB-Projektes "Qualifikationsverwertung und berufliche Mobilität"
Beschreibung
"Während traditionelle Arbeitsmarktpolitik sich mit Dauer und Lage standardisierter Arbeitszeiten befaßt, ist der Gegenstand der "neuen" Arbeitszeitpolitik die Ausdehnung individueller Spielräume bei der Entscheidung über Dauer und Lage der Arbeitszeit. Sowohl die traditionelle wie die "neue Arbeitszeitpolitik" bedürfen kollektiver Vereinbarungen, werfen - im Einzelfall unterschiedliche - Fragen ihrer Kosten und Finanzierung auf und können bei anhaltender Unterbeschäftigung Entlastungen am Arbeitsmarkt bewirken, deren Ausmaß allerdings umstritten ist. Traditionelle und "neue" Arbeitszeitpolitik sind also nicht als Alternativen zu sehen. Sie entwickeln sich vielmehr parallel und ergänzen einander. In den letzten Jahren sind in der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche verschiedenartige Erhebungen in der Bevölkerung, bei Arbeitnehmern und Betrieben über Wünsche, Möglichkeiten und Bedingungen bezüglich der Arbeitszeitentwicklung angestellt worden, deren Ergebnisse in dem Beitrag zusammengestellt werden. Dabei wird besonderes Gewicht auf Aussagen zur "neuen Arbeitszeitpolitik" gelegt. Die drei wesentlichen Aktionsfelder "neuer Arbeitszeitpolitik" sind die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer durch die Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze und das Angebot des Teilruhestands ("gleitender Ruhestand"), die Erweiterung der Teilzeitarbeitschancen und die Ermöglichung von Langzeiturlauben ("sabbatical"). Für alle drei Aktionsfelder gibt es erhebliche Arbeitnehmerpräferenzen: Für eine Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze votieren über ein Drittel (für die Möglichkeit des Teilruhestands sogar über 70%), für erweiterte Teilzeitchancen - vor allem im Bereich zwischen 30 und 40 Wochenstunden - über die Hälfte, und für einen Langzeiturlaub - vor allem im Bereich zwischen drei und sechs Monaten - ebenfalls über ein Drittel der Arbeitnehmer. Ließe sich jeweils ein Teil dieser Präferenzen in einem Teil der Betriebe befriedigen (Modellerfahrungen und Untersuchungen sprechen dafür, daß dies nicht unmöglich ist), so könnten gleichzeitig mit der Anhebung der individuellen Wohlfahrt auch arbeitsmarktpolitische Effekte erzielt werden, die denen standardisierter Arbeitszeitverkürzungen vergleichbar sind und die Arbeitslosenquote beachtlich (vielleicht auf Dauer um 1%) senken könnten." (Autorenreferat)
Zitationshinweis
Mertens, Dieter & Hasso von Henninges (1979): Neue Arbeitszeitpolitik und Arbeitsmarkt. Anhang: Gewünschte Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer. Sonderauswertung aus der Voruntersuchung des BiBB/IAB-Projektes "Qualifikationsverwertung und berufliche Mobilität". In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 12, H. 3, S. 263-275.