Jugendliche ohne Berufsausbildung. Eine Literaturstudie unter besonderer Berücksichtigung bestehender und neu zu konzipierender Lösungsansätze und Maßnahmen.
Beschreibung
"Die vorliegende Literaturstudie wurde im Herbst 1975 im Auftrage des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft als Grundlage für eine Expertendiskussion erstellt. Für die jetzt vorgelegte Veröffentlichung wurden einige Abschnitte aufgrund neueren empirischen Materials überarbeitet. In den vergangenen 20 Jahren konnte der Anteil der Jugendlichen, die ohne Berufsausbildung ins Erwerbsleben eintreten, erheblich gesenkt werden, so daß eine Annäherung an die Zielwerte des Bildungsgesamtplans bis 1985 realistisch erschien und die "Jungarbeiter" keine besondere Problemgruppe für die Bildungsund Arbeitsmarktpolitik mehr darstellten. Unter dem Druck der ab 1977 ins Erwerbsleben eintretenden geburtenstarken Jahrgänge gewinnt jedoch das Problem der Jugendlichen ohne Ausbildungsvertrag erneut Bedeutung. Es steht zu befürchten, daß aufgrund der Kapazitätsengpässe auf allen Ausbildungsebenen keine weitere Reduzierung des Anteils der jugendlichen Ungelernten, sondern - im Gegenteil - eine erhebliche Ausweitung erfolgen wird. Während sich bisher die Jugendlichen ohne Ausbildungsvertrag vornehmlich aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten rekrutierten und ihre berufliche Karriere als Ungelernter durch familiale und schulische Sozialisation weitgehend vorherbestimmt war, wird in Zukunft dieser Personenkreis auch aus solchen Jugendlichen bestehen, die unter "normalen" Ausbildungs- und Arbeitsmarktbedingungen eine Berufsausbildung aufgenommen und auch einen Ausbildungsplatz bekommen hätten. Maßnahmen, die dazu beitragen sollen, den Anteil der Jugendlichen ohne Berufsausbildung zu reduzieren, müssen daher zwischen dem "traditionellen" Personenkreis der Jugendlichen ohne Berufsausbildung und jenen Jugendlichen, die derzeit und künftig aufgrund fehlender Ausbildungsmöglichkeiten ohne Berufsausbildung bleiben, deutlich unterscheiden. Im ersteren Falle bedarf es vor allem solcher Maßnahmen, die im Bereich der Familie, der Schule und der Arbeitswelt Sozialisationsdefizite ausgleichen bzw. gar nicht erst aufkommen lassen. Diese Maßnahmen müssen in erster Linie darauf abzielen, in der Lebenswelt der Jugendlichen die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß Jugendliche jene kognitiven und motivationalen Fähigkeiten entwickeln können, die für die Aufnahme einer Berufsausbildung unerläßlich sind. Jugendlichen, die ausschließlich aufgrund der derzeitigen und künftigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation keine Berufsausbildung beginnen können, ist hingegen nicht mit motivationsfördernden Maßnahmen zu helfen, sondern nur mit solchen Maßnahmen, die zusätzliche Ausbildungskapazitäten schaffen."
Zitationshinweis
Schober-Gottwald, Karen (1976): Jugendliche ohne Berufsausbildung. Eine Literaturstudie unter besonderer Berücksichtigung bestehender und neu zu konzipierender Lösungsansätze und Maßnahmen. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 9, H. 2, S. 174-196.