Lohndämpfung sichert keine Investitionen
Beschreibung
"Aus der Konjunkturkrise 1974/75 haben sich inzwischen Strukturdiskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage entwickelt. Die langjährige Investitionsschwäche hat zu einer Erstarrung der Angebotsstrukturen geführt. Die potentiellen Nachfragestrukturen haben sich demgegenüber weiter gewandelt. Die Kopplung von Angebots- und Nachfragestrukturen über den Markt ist gestört. Es gibt ein Defizit an Strukturwandel. Eine Problemlösung alleine über keynesianische Nachfrageimpulse ist nicht mehr möglich, weil auf diese Weise der Aufbau von Produktionskapazitäten induziert würde, die der Struktur der Endnachfrage nicht entsprechen. Den keynesianischen Instrumenten fehlt das Such- und Selektionssystem des Marktes. Eine neoklassisch orientierte Strategie der Lohndämpfung und Gewinnsteigerung ist schon deshalb fragwürdig, weil die ökonomischen Kreislaufbedingungen eine wesentliche Veränderung der Verteilungsrelationen auf kurze Sicht nicht zulassen und eine Überwindung der Arbeitslosigkeit in absehbarer Zeit gesellschaftspolitisch geboten ist. Eine Steigerung der Gewinne zu Lasten der Löhne ist jedoch auch ungeeignet, um arbeitsplatzschaffende Investitionen im notwendigen Umfang zu erreichen. Ein wesentlicher Teil der notwendigen Investitionen liegt außerhalb der Risikogrenzen, die von den Unternehmen akzeptiert werden. Durch höhere Gewinne und Gewinnchancen läßt sich die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nicht beliebig steigern. Staatliche Wirtschaftspolitik muß deshalb schwerpunktmäßig bei der Senkung der Risikobarrieren durch Risikobeteiligung ansetzen. Dabei kommt es entscheidend auf die Einbeziehung des Such- und Selektionssystems des Marktes an. Nötig ist eine staatliche Wagnisfinanzierung in gesamtwirtschaftlichem Maßstab. Das ist auf der Basis gesamtwirtschaftlicher Verteilungsneutralität möglich." (Autorenreferat)
Zitationshinweis
Kunze, Jürgen (1978): Lohndämpfung sichert keine Investitionen. Für einen arbeitsplatzschaffenden Strukturwandel durch staatliche Risikobeteiligung. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 11, H. 3, S. 327-333.