Aktuelle Folgen des Klimawandels für den deutschen Arbeitsmarkt
Beschreibung
"Der Klimawandel hat bereits spürbare Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Besonders der Temperaturanstieg und die Zunahme von Hitzewellen betreffen Branchen wie das Baugewerbe und die Landwirtschaft. Auch andere Branchen wie Dienstleistungen, Logistik, Tourismus und das Verarbeitende Gewerbe sind betroffen. Die empirische Evidenz legt nahe, dass es in der Folge zu gesundheitlichen Risiken, höheren Unfallzahlen, steigenden Krankheitstagen bis hin zu vermehrten Todesfällen kommt. Dies kann die Produktivität negativ beeinflussen und wirtschaftliche Kosten, Arbeitsplatzverluste sowie indirekte negative Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten haben. Neben der Hitze nehmen auch Dürren in Häufigkeit und Intensität zu, mit gravierenden Folgen für Lebensmittelproduktion und Energieversorgung. Die extremen Dürren und Hitzewellen der letzten Jahre haben die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen verdeutlicht. Sowohl technische Lösungen als auch wirtschaftliche Anreize sollten in den Blick genommen werden, um sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Stabilität zu sichern. Eine weitere Folge des Klimawandels ist die Zunahme von Extremwetterereignissen wie Stürmen, Starkregen und Überschwemmungen, die allein in Deutschland zwischen 2000 und 2021 Schäden in Höhe von rund 145 Milliarden Euro verursachten. Die Schäden und daraus resultierenden Wiederaufbauarbeiten haben direkte und indirekte Folgen für den Arbeitsmarkt. So treten diese insbesondere im Bausektor (z.B. durch Hochwasserschutzmaßnahmen, sowie im Hoch- und Tiefbau) und im Gesundheitswesen auf. In den kommenden Jahrzehnten dürften sich die Auswirkungen des Klimawandels weiter verstärken. Eine Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung prognostiziert für Deutschland bis 2050 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um bis zu elf Prozent. Laut der Studie werden die wirtschaftlichen Folgen regional unterschiedlich ausfallen, wobei veränderte Niederschlagsmuster lokal positive Effekte haben können. Insgesamt führt die Zunahme extremer Wetterereignisse jedoch zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden. Davon besonders betroffen sind diejenigen Berufsgruppen, die den Witterungsbedingungen direkt ausgesetzt sind, darunter Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft, im Baugewerbe sowie in schlecht hitzegeschützten Innenräumen. Befragungsdaten aus den Jahren 2006, 2012 und 2018 zeigen bislang allerdings nicht, dass die Beschäftigten in Deutschland Hitze als einen ausgeprägten Belastungsfaktor wahrnehmen. Interessanterweise nimmt die Zahl der Hitzetage zu, während sich der Anteil der Beschäftigten, die sich durch Witterungsbedingungen beeinträchtigt fühlen, verringert. Zu beachten ist, dass die Befragung lediglich allgemeine Witterungsbelastungen wie Kälte, Hitze, Nässe und Zugluft erfasst, die nicht ausschließlich durch den Klimawandel bedingt sind. Zudem ist unklar, ob etwa ein Anstieg der Belastung durch extreme Hitze durch einen Rückgang der Belastung durch Kälte ausgeglichen wird. Die Auswirkungen variieren auch nach Unternehmensgröße, da finanzielle Mittel entscheidend für die Resilienz gegenüber klimatischen Veränderungen sind. So sind kleinere Unternehmen im Schnitt stärker betroffen als größere. Internationale Forschung zu Naturkatastrophen liefert Erkenntnisse zu Arbeitsmarkteffekten, die auch für Deutschland relevant sind. So können klimabedingte Katastrophen langfristige Wanderungsbewegungen auslösen und kurzfristige Einkommensverluste verursachen, die nur langfristig kompensiert werden können. Dies zeigt zum Beispiel eine Studie zu den Folgen des Hurricanes Katrina in den USA. Gleichzeitig profitieren Unternehmen, die am Wiederaufbau beteiligt sind, wirtschaftlich von diesen Entwicklungen. Auch die Nutzung von Saison-Kurzarbeitergeld in Deutschland lässt Rückschlüsse auf wirtschaftliche Anpassungen an den Klimawandel zu: So ist der relative Anteil der Beschäftigten im Baugewerbe, die diese Leistung in Anspruch nehmen, zwischen 2012 und 2023 gesunken. Dieser Rückgang ist konsistent mit zunehmend milderen Wintern, die längere Arbeitszeiten ermöglichen können. Langfristig wird die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen und Beschäftigten entscheidend für die direkten Folgen des Klimawandels auf dem deutschen Arbeitsmarkt sein. Maßnahmen, um durch den Klimawandel ausgelöste Schäden zu beseitigen, oder wirtschaftliche Transformationsprozesse, die die Resilienz gegenüber dem Klimawandel erhöhen und dem Klimaschutz dienen, können auch zu positiven Effekten wie der Entstehung neuer Geschäftsfelder und der Schaffung neuer Arbeitsplätze führen." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Zitationshinweis
Fitzenberger, Bernd & Hack Florian (2025): Aktuelle Folgen des Klimawandels für den deutschen Arbeitsmarkt. (IAB-Forschungsbericht 08/2025), Nürnberg, 31 S. DOI:10.48720/IAB.FB.2508
Bezugsmöglichkeiten
Weitere Informationen
Interview zum IAB-Forschungsbericht im Online-Magazin IAB-Forum