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Die Erwerbstätigkeit von Älteren ab 50 nimmt seit 20 Jahren deutlich zu. Dabei dominiert der Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, insbesondere bei den 60- bis 64-Jährigen. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

So ist die Beschäftigungsquote Älterer deutlich stärker gestiegen als die Beschäftigungsquote insgesamt: Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren stieg zwischen 2006 und 2021 von 37 Prozent auf 47 Prozent, bei den 55- bis 59-Jährigen sogar von 43 Prozent auf 64 Prozent.

Auch im Vergleich zu anderen Beschäftigungsformen gewinnt die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung besonders bei Älteren an Bedeutung. Während in der Gesamtbevölkerung die ausschließlich geringfügige Beschäftigung relativ zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung seit 2001 um gut 20 Prozent zurückgefallen ist, beträgt der relative Bedeutungsverlust bei den 60- bis 64-Jährigen über 80 Prozent. Die Selbstständigkeit geht insgesamt von 2001 bis 2021 relativ zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung um 20 Prozent zurück, für die 60- bis 64-Jährigen sogar um gut 60 Prozent.

„Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass es gelingen kann, mehr Ältere im Arbeitsmarkt zu halten“, erklärt IAB-Direktor Bernd Fitzenberger. „Der hohe Arbeitskräftebedarf sollte genutzt werden, um Ältere mit individuellen Arbeitszeitregelungen, Maßnahmen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und geeigneten Tätigkeitsprofilen für eine längere berufliche Aktivität zu gewinnen“, so Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“.

Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://www.iab-forum.de/der-starke-anstieg-der-erwerbstaetigkeit-von-aelteren-ist-ganz-ueberwiegend-dem-wachstum-der-sozialversicherungspflichtigen-beschaeftigung-geschuldet.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer sinkt mit 0,1 Punkten minimal und liegt im April bei 103,0 Punkten. Der Frühindikator des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verbleibt damit aber weiter klar über der neutralen Marke von 100 und deutet auf eine positive Entwicklung des deutschen Arbeitsmarkts in den nächsten Monaten hin. Das europäische Barometer verzeichnet den vierten Anstieg in Folge: Es liegt mit 102,0 Punkten deutlich über der neutralen Marke von 100 Punkten.

Die Beschäftigungskomponente des Barometers steigt im April um 0,4 Punkte auf 105,9 Punkte und lässt weitere deutliche Beschäftigungszunahmen erwarten.  „Der Arbeitsmarkt befindet sich weiter im Aufwind“, berichtet Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit fällt um 0,7 Punkte auf die neutrale Marke von 100,0 Punkte. Damit liegt sie zwar nicht im negativen Bereich, im Vergleich zur Beschäftigung aber weiter schwächer. Die Ursachen könnten darin liegen, dass noch viele Menschen aus der Ukraine an Maßnahmen und Sprachkursen teilnehmen und im Jahresverlauf auf Arbeitsuche gehen werden. Zudem sind die Entlassungen zwar gering, aber die Dauer der Arbeitslosigkeit hat sich in der langanhaltenden Krisenphase erhöht. „Die Arbeitslosigkeit kann noch weiter sinken, aber das wird nicht einfach“, erklärt Weber.

Das European Labour Market Barometer steigt zum vierten Mal in Folge. Im April legt es im Vergleich zum Vormonat um 0,3 Punkte auf 102,0 Punkte zu. Die Komponenten für Beschäftigung und für Arbeitslosigkeit sind jeweils leicht gestiegen: um 0,3 Punkte auf 103,4 Punkte sowie um 0,2 Punkte auf 100,5 Punkte. Die Beschäftigungsperspektiven sind gut. Die Komponente zur Vorhersage der Arbeitslosigkeit lässt nun wieder einen leichten Abbau der Arbeitslosigkeit erwarten. „Die Arbeitsmarktperspektiven in Europa sind zwar noch nicht wieder so stark wie vor einem Jahr, aber haben sich nach der Energiekrise deutlich erholt“, so Weber. Besonders in Osteuropa gibt es im April Verbesserungen.

Datengrundlage

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist ein seit November 2008 bestehender Frühindikator, der auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen lokalen Arbeitsagenturen basiert.

Das European Labour Market Barometer ist ein monatlicher Frühindikator, der auf einer seit Juni 2018 gemeinsam von den 18 Arbeitsverwaltungen und dem IAB durchgeführten Befragung unter den lokalen oder regionalen Arbeitsagenturen der teilnehmenden Länder basiert. Dazu zählen: Belgien (Deutschsprachige Gemeinschaft, Flandern, Wallonien), Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Island, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, Tschechien und Zypern.

Während Komponente A des IAB-Arbeitsmarktbarometers und des European Labor Market Barometers die Entwicklung der saisonbereinigten Arbeitslosenzahlen für die nächsten drei Monate prognostiziert, dient Komponente B der Vorhersage der Beschäftigungsentwicklung. Der Mittelwert aus den Komponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ bildet den Gesamtwert der beiden Barometer. Dieser Indikator gibt damit einen Ausblick auf die Gesamtentwicklung des Arbeitsmarkts. Da das Saisonbereinigungsverfahren laufend aus den Entwicklungen der Vergangenheit lernt, kann es zu nachträglichen Revisionen kommen. Die Skala des IAB-Arbeitsmarktbarometers reicht von 90 (sehr schlechte Entwicklung) bis 110 (sehr gute Entwicklung).

Zum Download stehen bereit:

- eine Zeitreihe des IAB-Arbeitsmarktbarometers einschließlich seiner Einzelkomponenten „Arbeitslosigkeit“ und „Beschäftigung“ unter www.iab.de/presse/abzeitreihe (xlsx).  

- eine Grafik mit den aktuellen Werten des IAB-Arbeitsmarktbarometers und seiner Komponenten sowie eine Zeitreihengrafik unter https://iab.de/daten/iab-arbeitsmarktbarometer-2/

Eine Zeitreihe des European Labour Market Barometer einschließlich seiner Einzelkomponenten für alle 18 beteiligten Arbeitsverwaltungen ist unter www.iab.de/Presse/elmb-components (xlsx) abrufbar. 

Mehr zum Europäischen Arbeitsmarktbarometer findet sich unter https://iab.de/en/daten/european-labour-market-barometer/.

Weitere Information zum Arbeitskräfteknappheits-Index des IAB finden Sie unter https://iab.de/daten/arbeitskraefteknappheits-index/

Von allen formalen beruflichen Aufstiegen im Jahr 2019 entfielen 59 Prozent auf Männer und 41 Prozent auf Frauen. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Von allen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männern gelang damit 3,8 Prozent ein formaler Aufstieg, bei den Frauen waren es mit 3,1 Prozent erkennbar weniger.

Geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen auch beim Ausgangsniveau, von dem aus ein Aufstieg vollzogen wird: Für Frauen und Männer gilt gleichermaßen, dass mehr als die Hälfte aller formalen Aufstiege aus  Helfer- und Anlerntätigkeiten erfolgen. Allerdings wurden 41 Prozent der Aufstiege von Frauen in 2019 aus Fachkrafttätigkeiten vollzogen, während das bei 35 Prozent der Aufstiege von Männern der Fall war. In 13 Prozent der Aufstiege sind Männer aus Spezialisten- hin zu Expertentätigkeiten aufgestiegen, bei Frauen traf dies auf 8 Prozent zu.

Gerade Beschäftigen in Berufen mit einem hohen Frauenanteil gelingt mit 5 Prozent aller formalen Aufstiege der Aufstieg von einer Spezialisten- in eine Expertentätigkeit selten. Zum Vergleich: In Berufen mit einem hohen Männeranteil und in geschlechtergemischten Berufen, in denen der Frauenanteil zwischen 30 und 70 Prozent beträgt, ist das in 13 beziehungsweise 15 Prozent aller Aufstiege der Fall. „Die geschlechtersegregierte Berufswahl spielt bei den Karrieremöglichkeiten eine wichtige Rolle, denn in frauendominierten Berufen gibt es weniger Stellen mit komplexeren Spezialisten- und Expertentätigkeiten“, erklärt IAB-Forscherin Basha Vicari. „Kampagnen wie der Girls‘ Day können helfen, Mädchen schon frühzeitig auf Berufe aufmerksam zu machen, in denen es bessere Aufstiegschancen gibt“, so Vicari weiter.

Die Studie beruht auf den den Daten der Integrierten Erwerbsbiografien, die Informationen zu Erwerbsläufen ermöglichen. Die IAB-Studie ist online abrufbar unter https://www.iab-forum.de/frauen-ueben-seltener-als-maenner-taetigkeiten-mit-hohen-anforderungsniveau-aus.

Im internationalen Vergleich ist die Kurzarbeit in Deutschland in Folge der Corona-Krise weniger schnell zurückgegangen. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor, die am Mittwoch veröffentlicht worden ist. Zunächst war die Inanspruchnahme im Vergleich zu anderen OECD-Ländern mit 15,5 Prozent der Beschäftigten im April/Mai 2020 eher niedrig. Andere Länder haben Sonderregelungen bei den Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung eher aufgegeben und somit sank der Anteil von Kurzarbeit dort rascher.

„Vor allem in der frühen Phase der Coronakrise hat der starke Einsatz von Kurzarbeit in Verbindung mit Möglichkeiten des erleichterten Zugangs einen massiven Rückgang der Beschäftigung verhindert und zur Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen“, berichtet Bernd Fitzenberger, Direktor des IAB. Die zunächst vielfach befürchtete Zombiefizierung von Firmen mit einer anschließenden Pleitewelle sei nicht eingetreten.

Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass der massenhafte Einsatz der Kurzarbeit mit in der Spitze bis zu sechs Millionen Kurzarbeitenden in Deutschland zu einem sehr hohen Verwaltungsaufwand führt. Das bedeutet auch, dass es vergleichsweise lange dauert, bis alle Abrechnungen abschließend bearbeitet werden können. Andere europäische Länder haben die Möglichkeiten zur Kurzarbeit stärker als Deutschland vereinfacht und kamen so auf einen höheren Anteil von Kurzarbeitenden. Spanien konnte mit dem starken Einsatz von Kurzarbeit die Effekte eines Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts auf die Beschäftigung deutlich abbremsen. Lohnkostensubventionen wie in den USA oder wie in Australien waren wenig zielgenau und mit hohen Mitnahmeeffekten verbunden. „Sie sind daher nicht als bessere Alternative zur Kurzarbeit einzustufen“, erklärt IAB-Vizedirektor Ulrich Walwei.

„Trotz der insgesamt positiven Einschätzung der Kurzarbeit   kann Deutschland aus den internationalen Erfahrungen einiges lernen. Wir sollten die Zeit nun nutzen, um uns für eine neue Krise zu rüsten“, so Fitzenberger. Bei einem Krisen-Kurzarbeitergeld mit größeren administrativen Erleichterungen muss die Notwendigkeit fortwährend überprüft werden. So spricht die Erfahrung der anderen Länder, wie Spanien, dafür, in einem Zwei-Wochen-Rhythmus weitreichende Sonderregelungen, etwa durch ein Fachgremium, zu überprüfen. Außerdem sollten geeignete Kofinanzierungsmodelle genutzt werden, um Betriebe im Verlauf einer Krise stärker an den Kosten der Kurzarbeit zu beteiligen und Anreize zu setzen, Kurzarbeit nur im notwendigen Maß zu nutzen. Bei einer langen Nutzung von Kurzarbeit, könnten Unternehmen in normalen Zeiten Rückzahlungen zu leisten haben oder höhere Beiträge als Umlage zahlen müssen. Die Einnahmen könnten dann als Rücklage für kommende Krisen dienen. Des Weiteren sollte die Nutzung von Kurzarbeit eine notwendige Transformation nicht behindern. Erreicht werden könnte dies über mehr Anreize zur Weiterbildung und einem Arbeitsplatzwechsel, wenn die Kurzarbeit länger als 6 Monate dauert. Die IAB-Studie ist online abrufbar unter: https://doku.iab.de/forschungsbericht/2023/fb0523.pdf.

Der technologische und digitale Wandel hat zu strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt geführt, die neue Chancen und Herausforderungen mit sich bringen.

Der technologische und digitale Wandel hat zu grundlegenden strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt geführt, die neue Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich bringen, wie die Polarisierung von Beschäftigung und Löhnen. Während sich frühere Studien auf die nationale oder berufliche Ebene konzentrieren, ist jedoch wenig über die Auswirkungen von Digitalisierung auf der Mikroebene bekannt, einschließlich des Zugangs Jugendlicher zum Berufsbildungssystem. Die Gruppe der Berufsbildungssuchenden ist nicht nur im Hinblick auf die Sicherung hochqualifizierter Arbeitskräfte von besonderem Interesse, sondern auch, weil der Übergang in die erste Berufsbildung die Weichen für das spätere Arbeitsleben stellt.

Darüber hinaus ist angesichts der Heterogenität von Regionen davon auszugehen, dass Digitalisierungsprozesse nicht überall in gleichem Tempo stattfinden, sondern durch gesellschaftliche und regionale Strukturen geprägt sind. Obwohl bisherige Forschungen auf die entscheidende Rolle lokaler Arbeitsmarktbedingungen für Berufsbildungssuchende hinweisen, wurde die Relevanz regionaler Unterschiede in der Digitalisierung bisher weitgehend vernachlässigt. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt könnte regionalspezifische Digitalisierung jedoch insbesondere für Ausbildungsberufe relevant sein, da die betriebliche (duale) Ausbildung weit verbreitet und die Unternehmen in lokale Strukturen eingebettet sind.

Neben der Vorstellung eines neu entwickelten Digitalisierungsindex auf der Ebene von Landkreisen und kreisfreien Städten, stellen wir erste Ergebnisse aus zwei Teilprojekten vor, in denen der Index als Prädiktor Anwendung findet. Das erste Projekt beschäftigt sich mit regionalspezifischen Verdrängungsprozessen geringqualifizierter Ausbildungssuchender und geht der Frage nach, welche Mechanismen diesen Verdrängungsprozessen zugrunde liegen. Ist es nur der Wettbewerb zwischen Schulabgängern auf dem Ausbildungsmarkt, die veränderte Berufsstruktur durch die Digitalisierung oder beides? Das zweite Teilprojekt geht der Frage nach, ob regionalspezifische Digitalisierung mit Zugängen zu statushöheren Berufen verbunden ist und somit eine neue Bruchlinie sozialer Ungleichheit darstellt. Für beide Teilprojekte werden Subgruppenanalysen nach ungleichheitsrelevanten Schlüsselkategorien vorgestellt, um tiefere Einblicke in relevante Mechanismen zu gewinnen.

In der Panelstudie “Wege in die Zukunft” haben wir Muster von Stabilität und Wandel von Berufs- und Bildungsaspirationen Jugendlicher in Wien untersucht.

Am Ende der Pflichtschulzeit müssen Jugendliche an Neuen Mittelschulen entscheiden, ob sie eine Berufsausbildung beginnen oder eine weiterführende Schule besuchen. Die Entscheidungen an diesem Übergang werden von Aspirationen geformt, die sich aber selbst am Übergang verändern und anpassen. In der Mixed Methods Panelstudie “Wege in die Zukunft” an der Universität Wien haben wir Muster von Stabilität und Wandel von Berufs- und Bildungsaspirationen Jugendlicher in Wien untersucht. Basierend auf drei Wellen qualitativer Längsschnittbefragungen haben wir eine Typologie zu Verlaufsmustern in Berufs- und Bildungsorientierungen entwickelt und das soziale Umfeld, den Möglichkeitsraum und Selbstkonzepte als wichtige Faktoren herausgearbeitet. In statistischen Analysen von drei Panelsurvey-Wellen haben wir darüber hinaus den Einfluss soziodemographischer Merkmale und Schulleistungen auf diese Verlaufsmuster beleuchtet und in einem Joint Display in die Typologie integriert. Die Kombination qualitativer und quantitativer Daten führte zu komplementären Erkenntnissen und einem nuancierteren Verständnis von Bildungs- und Berufsorientierungsprozessen. Generell haben Mixed Methods Längsschnitt-Studien viel Potential für die Untersuchung von Prozessen, sie sind aber voraussetzungsreich und herausfordernd. Neben inhaltlichen Erkenntnissen aus der Studie werde ich daher auch methodische Grundlagen, Konzeptualisierungen und Praktikalitäten von Mixed Methods Längsschnittforschung präsentieren.