Frauen in Pflegeberufen - eine Beschäftigtengruppe auf dem Weg zu einem eigenständigen Berufsfeld und zu aktiver Mitgestaltung der Qualität der Gesundheitsversorgung
Abstract
Der Beitrag analysiert die Auswirkungen der Kostendämpfungspolitik im Gesundheitswesen unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten. Die Autorinnen zeigen, daß sich durch die fast zwei Jahrzehnte lang praktizierte Kostendämpfungspolitik im Gesundheitswesen die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen nicht verbessert haben. Folge waren nämlich Einsparungen zu Lasten der frauendominierten nichtärztlichen Pflegeberufe. Dadurch kommt es zu einem Zurückbleiben der Zahl der Beschäftigten in Pflegeberufen hinter dem an sich weiter steigenden Bedarf. Verbunden mit den starken und gegeneinander abgeschotteten Hierarchistufen im Gesundheitswesen besteht die Gefahr der Deprofessionalisierung einer unter hohen physischen und psychischen Belastungen arbeitenden Beschäftigungsgruppe. Sowohl auf der horizontalen als auch auf der vertikalen Ebene sind die Möglichkeiten eines Wechsels der Ausbildungsrichtung oder des Berufs erschwert. Eine kontinuierliche und systematische Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung der Beschäftigten wird vor allem allein aufgrund der Personalknappheit nur unzureichend realisiert. Frauentätigkeiten im Pflegebereich befinden sich damit im Hinblick auf Aufstiegsmöglichkeiten in einer Sackgasse.<br> Geringe Möglichkeiten des Aufstiegs im Beruf, der Zersplitterung der Ausbildung und Tätigkeiten, geringe Übergangsalternativen in andere Berufe sowie hohe physische und psychische Belastung hatten in der Vergangenheit eine unterdurchschnittliche Verbleibsdauer im Beruf zur Folge. Hierzu kommt, daß es für die weiblich dominierte Gesamtgruppe der Pflegeberufe - anders als bei Ärzten - keinen übergreifenden Berufsverband als starke Interessenvertretung gibt. Reformmöglichkeiten bestehen also vor allem im Hinblick auf eine Aufwertung der Ausbildungsgänge im Pflegebereich und einer Erleichterung der Übergänge, z.B. mit Hilfe von Weiterbildungsbausteinen, in "verwandte" Berufe und höhere Berufsebenen. Die Abkehr vom tayloristischen Arbeitsteilungsprinzip hin zu mehr Autonomie könnte in einem Modell patientenorientierter ganzheitlicher Pflege erfolgen. Dadurch würde sich die Autonomie im Beruf und das berufliche Selbstwertgefühl stärken und diese Berufe für die Lebensplanung von Frauen - aber auch von Männern - attraktiver gestalten. (IAB2)
Cite article
Landenberger, M. & Lohr, K. (1994): Frauen in Pflegeberufen - eine Beschäftigtengruppe auf dem Weg zu einem eigenständigen Berufsfeld und zu aktiver Mitgestaltung der Qualität der Gesundheitsversorgung. In: P. Beckmann & G. Engelbrech (Hrsg.) (1994): Arbeitsmarkt für Frauen 2000 - Ein Schritt vor oder ein Schritt zurück? Kompendium zur Erwerbstätigkeit von Frauen (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 179), p. 319-353.