Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung seit 1989 auf die Arbeitsmarktperspektiven
Abstract
"In dem Beitrag werden die Ergebnisse eines Szenarios zur Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung der Bundesrepublik Deutschland (bzw. der entsprechenden künftigen Region innerhalb eines vereinten Deutschlands) bis zum Jahre 2000 dargestellt, das vom IAB gemeinsam mit Uwe Westphal (Universität Hamburg) als Ergänzung zu den bereits 1989 abgeschlossenen IAB/Prognos-Szenarien entwickelt wurde. Das zusätzliche Szenario sollte die anhaltend positive Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung aufgreifen und auch für die Zukunft von ausgeprägten Schwächephasen absehen sowie insbesondere der durch die Umwälzung in der DDR veränderten Situation Rechnung tragen. Die Modellsimulationen des Szenarios erfolgten mit einer von Westphal entwickelten IAB-Version des ökonometrischen gesamtwirtschaftlichen SYSIFO-Modells für die Bundesrepublik Deutschland. Sie basieren auf im einzelnen beschriebenen Annahmen zur Finanz-, Sozial-, Lohn-, Arbeitszeit-, Währungs- und Geldpolitik sowie zum Umfang staatlicher Finanztransfers und Lieferungen westdeutscher Unternehmen in die DDR. Die sektoralen Produktivitäten wurden exogen geschätzt, unter Anlehnung an die sektoralen Produktions-Produktivitäts-Relationen der IAB/Prognos-Projektionen und einer EG-Studie der Prognos AG.<br> Die wichtigsten Ergebnisse des IAB/Westphal-Szenarios sind:<br> - Für die 90er Jahre simuliert das Modell unter den gemachten Annahmen ein Wirtschaftswachstum von 3,1% p.a., bis 1995 im Vergleich zu 1987 sogar ein Wachstum von jährlich 3,3%.<br> - Die Zahl der Erwerbstätigen könnte 1995 mit rd. 29,1 Mio. um 1,4 Mio. und 2000 mit rd. 30,1 Mio. um 2,5 Mio höher sein als im Basisjahr 1989.<br> - Im Vergleich zu den IAB/Prognos-Projektionen ist die günstigere Beschäftigungsentwicklung vor allem eine Folge des merklich höheren Wirtschaftswachstums, aber auch eines etwas langsameren Produktivitätsfortschrittes. Im Verlauf der 90er Jahre kommt es jedoch im IAB/Westphal-Szenario wie bei IAB/Prognos zu einem deutlichen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungschwelle.<br> - Das Szenario berücksichtigt einen Zuwanderungsüberschuß in den Jahren 1990 bis 2000 von 3,7 Mio. Personen. Dem Beschäftigungsanstieg von rd. 2,5 Mio. stünde bei dieser Wanderungsannahme eine Zunahme des Erwerbspersonenpotentials von ca. 1,4 Mio. Personen gegenüber. Demzufolge wäre der Umfang der registrierten Arbeitslosigkeit und Stillen Reserve im Jahre 2000 um ca. 1,2 Mio niedriger als 1989, wobei ca. 0,7 Mio. auf den Rückgang der registrierten Arbeitslosigkeit entfallen könnten.<br> - Der Wachstumspfad ist unter den im Modell gemachten Annahmen ohne nennenswerte zusätzliche Zielkonflikte der Wirtschaftspolitik realisierbar, z.B. halten sich Preisauftrieb, Abnahme der Zahlungsbilanzüberschüsse und Zunahme der Staatsverschuldung in engen Grenzen. Allerdings könnten schon relativ geringe zusätzliche Nachfragesteigerungen ohne kompensierende Einschränkungen bei anderen Verwendungsbereichen des Sozialprodukts die projizierte Entwicklung sehr rasch gefährden, da die Kapazitätsauslastung bis Ende der 90er Jahre über dem "Normalniveau" bleibt." (Autorenreferat)
Cite article
Klauder, W. (1990): Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung seit 1989 auf die Arbeitsmarktperspektiven. Ein quantitatives Szenario bis 2000 unter veränderten Rahmenbedingungen. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Vol. 23, No. 1, p. 22-33.