Grenzen aktivierender Sozialpolitik in der erodierenden Erwerbsgesellschaft
Abstract
"Die aktivierende Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland und die im Aktivierungsdiskurs' postulierten Deutungsmuster von 'Arbeit' sind Gegenstand dieses Textes. Dabei ist der Entstehungskontext dieses Diskurses für die Erklärung des Arbeitsbegriffes von Bedeutung: eine Arbeitsgesellschaft, die sich mit struktureller Arbeitslosigkeit konfrontiert sieht. <br> Im ersten Untersuchungsschritt wird die Formation des Aktivierungsdiskurses analysiert. Im Aktivierungsdiskurs wird Integration in den ersten Arbeitsmarkt an Gesellschaftsinklusion gekoppelt. Es wird angenommen, dass jeder Staatsbürger (bei entsprechender Qualifikation und Motivation) nicht nur erwerbstätig werden, sondern auch sozial teilhaben könne. Im zweiten Untersuchungsschritt wird das Praxisfeld des Aktivierungsdiskurses im Bereich der Durchführung des Beschäftigungsförderungsinstruments Arbeitsgelegenheiten (AGH) nach § 16 SGB II analysiert. Angenommen wird, dass der Widerspruch zwischen dem im Aktivierungsdiskurs vertretenen Vollerwerbsprinzip und einem strukturellen Stellenmangel dazu führt, dass in der institutionellen Umsetzung des Diskurses bei der Vermittlung von Personen des SGB II-Regelkreises in Erwerbstätigkeit Irritationen entstehen: Es wird untersucht, ob die Deutungen von Arbeit und Vorstellungen vom Funktionieren der Gesellschaft als Arbeitsgesellschaft trotz innerdiskursiver Widersprüche aufrecht erhalten sowie das Erwerbsprimat des Aktivierungsdiskurses gewahrt werden kann. Die Rekonstruktion der Deutungsmuster im Praxisfeld basiert auf einer Sekundäranalyse von Experteninterviews aus dem Forschungsprojekt 'Ein-Euro-Jobs in Deutschland. Fallstudien zur Auswirkung der SGB II-Arbeitsgelegenheiten auf Beschäftigungsstruktur und Arbeitsmarktverhalten von Organisationen.' <br> Zunächst wird der Entstehungskontext als Voraussetzung und konstituierendes Moment des Aktivierungsdiskurses skizziert, das untersuchte Praxisfeld im Bereich der institutionellen Umsetzung der Arbeitsgelegenheiten eingeführt und die Problemstellung expliziert. Im zweiten Abschnitt werden theoretische und methodische Implikationen meiner Untersuchung dargelegt, dem folgt die Analyse der Aktivierung in der Bundesrepublik erstens auf Ebene der Aktivierungsdiskurs-Formation und zweitens in seinem Praxisfeld." (Textauszug, IAB-Doku)
Cite article
Freier, C. (2011): Grenzen aktivierender Sozialpolitik in der erodierenden Erwerbsgesellschaft. In: M. Gubo, M. Kypta & F. Öchsner (Hrsg.) (2011): Kritische Perspektiven: "Turns", Trends und Theorien (Diskursive Produktionen, 10), p. 385-405.