Zweite Chance im Schulsystem?
Abstract
Der Beitrag betrachtet Bildungsungleichheiten für eine ganze Reihe möglicher Bildungspfade in einer zeitlichen Perspektive. Im Mittelpunkt steht dabei die soziale Herkunft als eine Ungleichheitsdimension, bei der die Unterschiede in der Sekundarschulbeteiligung besonders ausgeprägt sind. Zunächst werden verschiedene Übergänge im allgemein bildenden Schulsystem betrachtet, um dann zu hinterfragen, welchen Einfluss das Bildungsniveau der Eltern sowohl bei der regulären Übergangsentscheidung nach der Grundschule, als auch für die eher ungewöhnlichen 'späteren' Übergänge und Bildungswege hat. Schließlich wird anhand der Veränderung der aggregierten Bildungsbeteiligung vom Übergang nach der Grundschule bis zum letztmaligen Verlassen des Schulsystems untersucht, ob die verschiedenen Möglichkeiten zur Korrektur der ursprünglich getroffenen Entscheidung Auswirkungen auf die soziale Bildungsverteilung haben. Auf der Grundlage von Längsschnittdaten wird nachgewiesen, dass von einem 'Verschwinden' oder einer 'Umkehrung' der sozialen Selektivität bei 'späteren' Bildungsentscheidungen keine Rede sein kann. Ob nach der Grundschule, bei Wechseln während der Sekundarstufe I, bei der Wahl von 'Aufbau-Schulzweigen' nach einem ersten Schulabschluss oder bei nachgeholten Schulabschlüssen: Mit jeder Stufe ergeben sich weitere Verschlechterungen der Chancenverhältnisse zwischen Kindern mit hohem und geringen Bildungshintergrund. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass das gegliederte deutsche Schulsystem auch langfristig sozial selektiv wirkt und die 'zweite Chancen' eher 'ungleichheitsverstärkend' sind. (IAB)
Cite article
Hillmert, S. & Jacob, M. (2005): Zweite Chance im Schulsystem? Zur sozialen Selektivität bei 'späteren' Bildungsentscheidungen. In: P. A. Berger & H. Kahlert (Hrsg.) (2005): Institutionalisierte Ungleichheiten : wie das Bildungswesen Chancen blockiert, p. 155-176.