Das Leben nach dem Studium: Biographieverläufe und Arbeitsverständnis von Hochschulabsolventen
Abstract
"Das Aufbrechen von 'Normalbiographien' zeigt sich vor allem da, wo Statuspassagen durchlaufen werden müssen. Dem vorgestellten Projekt ging es dabei um den Übergang von Hochschulabsolventen vom Bildungs- in das Beschäftigungssystem. Dieser Übergang ist aufgrund der strukturellen Verschiebung im Arbeitsmarkt keine problemlose Passage mehr, sondern erfordert eine Reihe von Entscheidungen zwischen Anpassungen an die tatsächlichen oder vermeintlichen Erfordernisse des Beschäftigungssystems und subjektive Ansprüche auf bestimmte Typen von Arbeit. <br> Um festzustellen, wie sich Erfahrungen, Entscheidungen und Risiken typischerweise miteinander verknüpfen können, wurden 67 Intensivinterviews mit Hochschulabsolventen geführt und interpretiert. Die Samplekonstruktion erfolgte nach einem vorgegebenen Schema, so daß einerseits 'Normalarbeitsverhältnisse' auf traditionellen Akademikerarbeitsplätzen in der Erwerbswirtschaft oder auch dem öffentlichen Dienst und andererseits befristete oder Teilzeitarbeitsverhältniss, echte oder scheinbare Selbständigkeit in neuen oder durch 'unnormale' Beschäftigungsverhältnisse charakterisierten Bereichen wie Erwachsenenbildung, Beratung, Medien und Wissenschaft berücksichtigt wurden. <br> Im Resultat zeigte sich eine Segmentierung von Chancen und Biographien je nach Sektor des Arbeitsmarktes und die Individualisierung von Risiken überall da, wo persönliche Ansprüche auf eine bestimmte Art zu leben und zu arbeiten, die Anpassungsbereitschaft begrenzten. Das galt für Frauen auf andere Weise wie für Männer, weil berufliches Engagement für Frauen in der Regel die gleichzeitige Realisierung auch ihre familiale Rolle einschränkt, wenn nicht verbietet. Es zeigte sich aber auch ganz allgemein eine Relativierung der Dominanz von Erwerbsarbeit in den biographischen Konzepten zugunsten größerer Zeitautonomie für Engagements, als Arbeit, die nicht Erwerbsarbeit ist. <br> Das 'Normalarbeitsverhältnis' und die ganze arbeitsrechtliche Architektur, die mit ihm zusammenhängt, reicht, so das Fazit der Studie, als Regulierungsinstrumentarium nicht aus, wenn der Pluralität von Ansprüchen an Arbeit und Tätigkeitsfelder, die sich durch Studium und frühe Berufserfahrung entwickeln, im Beschäftigungssystem Möglichkeiten beruflicher, materiell und sozial abgesicherter Arbeit entsprechen sollen." (Autorenreferat)
Cite article
Epskamp, H. (1992): Das Leben nach dem Studium: Biographieverläufe und Arbeitsverständnis von Hochschulabsolventen. In: M. Kaiser & H. Görlitz (Hrsg.) (1992): Bildung und Beruf im Umbruch. Zur Diskussion der Übergänge in die Hochschule und Beschäftigung im geeinten Deutschland (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 153.3), p. 42-55.