Altersbilder und Altersgrenzen
Abstract
Die Autoren "untersuchen Strukturen und Verläufe der gesellschaftlichen Formation von "Alter", rekonstruieren ihre Geschichte in Beziehung zu Leistungsanforderungen im Alter ab etwa 1750. Den Konventionen darüber, wie lange jemand "tätig" zu sein habe, wie lange jemand im Erwerbsleben "seinen Mann zu stehen" habe, wird nachgegangen, mithin der Herausbildung von Altersgrenzen. Es wird gefragt, wie allgemeine Erwartungen an Alterserleben zu institutionellen Normalitätsunterstellungen werden und in welchem Spannungsverhältnis diese sich weiterentwickeln. Einmal geht es direkt um die Vorgeschichte der sozialen Rentenversicherung. Im Zentrum steht das Problem, wie überhaupt Lohnabhängige bei niedrigen Einkommen und häufig unsteten Arbeitsverhältnissen am Ende der Lebensarbeitsfähigkeit abgesichert werden können. Dabei ist das Risiko, mit Abschluß eines Arbeitslebens der Armenpflege anheimzufallen, immer der sozialpolitische Bezugspunkt. Wichtig ist herauszuarbeiten, unter welchen Bedingungen sich frühe Lösungsformen ausbilden und wie das Problem der Festlegung des Beginns der Unterstützung gelöst wird. Bei der Bearbeitung dieses Komplexes wird auch französisches Quellenmaterial herangezogen."<br> Darüber hinaus wird an der Geschichte des bäuerlichen Altenteils vom 17. bis zum 19. Jahrhundert nachvollzogen, wie konfliktreich Versuche verlaufen, einen zeitlich und inhaltlich fest umrissenen Lebensabschnitt "Alter" den Betroffenen auch nur plausibel zu machen. Für einen Bauern und seine Familie ist eine flexible Lebenszeitplanung unerläßlich. Sie mag lebenslanges Tätigsein verlangen - oder den Rückzug auf das Altenteil in noch jungen Jahren; sie variiert keineswegs ausschließlich nach der körperlichen Leistungsfähigkeit, sondern ist wirtschaftliches Kalkül in weit umfassenderem Sinne. Ebenfalls ökonomische Überlegungen veranlassen die Grund- und Landesherren, die Lebenszeitplanung der Bauern zu kontrollieren, schließlich zu standardisieren. Sie setzen Altersgrenzen fest, die den Rückzug auf das Altenteil erzwingen resp. erlauben, diskutieren alternative Formen der bäuerlichen Altersversorgung. (IAB2)
Cite article
Göckenjan, G., Taeger, A. & Haupt, H. (1990): Altersbilder und Altersgrenzen. Ihre Bedeutung insbesondere in der Frühgeschichte der Sozialpolitik. In: W. Dressel, W. R. Heinz, G. Peters & K. Schober (Hrsg.) (1990): Lebenslauf, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik (Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 133), p. 221-248.