Ausländische Jugendliche nach der "Rückkehr"
Abstract
"Im Jahre 1984 wurde vom IAB eine Rückkehrerbefragung als Verlaufsuntersuchung der sozialen und beruflichen Aspekte des Reintegrationsprozesses vor allem türkischer Arbeitsmigranten und ihrer Familien mit einer Ausgangsbefragung in Deutschland unmittelbar vor der Rückkehr begonnen. In diesem Rahmen wurden in der Türkei bei der 1. Nachbefragung etwa zwei Jahre nach der Rückkehr auch Jugendliche interviewt, die in zeitlichem Zusammenhang mit ihren Eltern "zurückgekehrt" waren. Die Befragung richtete sich an Jugendliche, die bei der "Rückkehr" zwischen 12 und 18 Jahre alt waren. Diese Jugendlichen sind in der Regel entweder in Deutschland geboren oder hatten zumindest den größten Teil ihres Lebens bis zur "Rückkehr" hier verbracht, haben also ihre Sozialisation hier erfahren; das Land ihrer Eltern ist ihnen häufig nur über ihre Eltern oder vom Urlaub her bekannt. <br> Die Befragten sind nur zu einem kleineren Teil freiwillig in das Heimatland ihrer Eltern gegangen. Es handelt sich um Personen, die überwiegend in Deutschland vor der Ausreise noch in die Schule gegangen sind. Zum Zeitpunkt der Befragung geht noch gut die Hälfte zur Schule, erwerbstätig ist nur eine geringe Anzahl. Für die weiblichen Jugendlichen ist die Rückkehr offensichtlich zur Weichenstellung für's weitere Leben geworden, mit einer deutlichen Hinwendung zu Haushalt und Familie. <br> Beim schulischen Übergang - aber nicht nur hierbei - traten Probleme auf, die an die Seiteneinsteiger-Diskussion in Deutschland in den späten 70er Jahren erinnern: Seiteneinstieg - ein zweites Mal? Nur mit umgekehrten Vorzeichen? Während die schulischen Schwierigkeiten überwiegend als Anpassungsschwierigkeiten bewältigt werden (oder wurden sie durch Ausstieg aus der Schule erledigt?), haben die Jugendlichen offensichtlich in weiten Bereichen noch nicht ihren Weg im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System finden können. Im Vergleich mit der heutigen Situation wird die Zeit in Deutschland häufig verklärt. Viele Jugendliche träumen von einer Wiederkehr nach Deutschland, ohne auch die Realisierungsschwierigkeiten zu bedenken. Diese Wiederkehrillusion vieler Jugendlicher birgt die Gefahr in sich, daß Integrationsdefizite auf längere Zeit bleiben und daß der weitere - auch berufliche - Weg negativ beeinflußt wird." (Autorenreferat)
Cite article
Hönekopp, E. (1987): Ausländische Jugendliche nach der "Rückkehr". Wieder ein Seiteneinsteiger-Problem? In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Vol. 20, No. 4, p. 479-489.