Mit Lohnverzicht zur Vollbeschäftigung? Ein Zwischenbericht über Simulationsergebnisse mit einem makroökonometrischen Quartalsmodell für die Bundesrepublik Deutschland
Abstract
"Mit Hilfe eines makroökonometrischen Quartalsmodells für die Bundesrepublik Deutschland wird der vom deutschen Sachverständigenrat vertretenen These nachgegangen, wonach geringere Zuwächse der realen Stundenlöhne oder gar eine Senkung der Reallöhne zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen. Ceteris paribus - d.h. bei gegebenem Output - impliziert die für das Modell geschätzte Beschäftigungsfunktion einen negativen Zusammenhang zwischen Reallohn und Beschäftigung. werden die Kreislaufwirkungen berücksichtigt, so ist das Vorzeichen des Zusammenhangs nicht mehr eindeutig gegeben. Beim z.Zt. wirksamen Steuer- und Sozialversicherungssystem mit seinen hohen marginalen Abschöpfungsquoten und bei einer nominellen Planung der Staatsausgaben (inkl. Einkommensübertragungen) führt eine Politik der Lohnzurückhaltung dank einer geringeren Inflationsrate zu positiven Auswirkungen auf den realen privaten Verbrauch. Wird hingegen bei den öffentlichen Haushalten von einer Realplanung und einer progressionsvermindernden Steuerreform ausgegangen, gilt das Gegenteil. Auch im Falle der Investitionen ist keine eindeutige Aussage möglich, da deren Verhalten überwiegend von der Entwicklung der anderen Verwendungskomponenten des Bruttosozialprodukts, d.h. des privaten und öffentlichen Verbrauchs und der Exporte, bestimmt wird. Eines hingegen scheint gesichert zu sein. In einem System flexibler Wechselkurse zahlt sich eine Politik der Lohnzurückhaltung für die Exporte nicht aus. Das dank eines geringeren Tariflohnanstiegs realisierte weniger an Inflation wird zumindest kurz- bis mittelfristig durch das Mehr an Aufwertung ("Overshooting") überkompensiert."
Cite article
Koellreuter, C. (1978): Mit Lohnverzicht zur Vollbeschäftigung? Ein Zwischenbericht über Simulationsergebnisse mit einem makroökonometrischen Quartalsmodell für die Bundesrepublik Deutschland. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Vol. 11, No. 3, p. 308-311.