Betriebliche Dynamik und Flexibilität auf dem deutschen Arbeitsmarkt
Abstract
"Die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist das Ergebnis des Auf- und Abbaus von Arbeitsplätzen in den Betrieben. Über das Zusammenspiel von Einstellungen und Personalabgängen kann die Dynamik, die auf dem Arbeitsmarkt herrscht, beschrieben werden. Diese Personalbewegungen erfolgen sowohl mit als auch ohne Beschäftigungseffekt. Der deutsche Arbeitsmarkt zeigte in den vergangenen Jahren einen Rückgang an Dynamik. Zwischen 2005 und 2006 nahmen die Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt jedoch wieder zu. Dies lässt sich anhand verschiedener Indikatoren, mit denen Dynamik gemessen werden kann, nachweisen: der Labour-Turnover-Rate, der Job-Turnover-Rate und der Churning-Rate. Auch wenn es sich bei der Arbeitsmarktdynamik grundsätzlich um einen ambivalenten Indikator handelt, kann die aktuelle Entwicklung positiv bewertet werden. Zum einen ist das Mehr an Bewegung nicht durch ein Mehr an Abgängen entstanden, sondern durch höhere Einstellungsraten. Zum anderen hat bei den Abgängen der Anteil von Kündigungen seitens der Arbeitnehmer und damit die freiwillige Mobilität zugenommen. Die Zunahme der Churning-Rate spricht für eine zunehmende Durchlässigkeit betrieblicher Arbeitsmärkte. Die Analyse zeigt, dass die Arbeitsmarktdynamik in Ostdeutschland höher ist als in Westdeutschland. Westdeutsche Betriebe sind tendeziell größer und greifen häufiger auf interne Anpassungsmaßnahmen zurück. In Ostdeutschland sorgt zudem die stärkere Verbreitung von befristeten Arbeitsverträgen aufgrund von arbeitsmarktpolitischen Förderprogrammen für eine hohe Dynamik.<br> Neben der durch Einstellungen und Entlassungen bedingten Fluktuation tragen auch atypische Beschäftigungsformen zur Dynamik auf dem Arbeitsmarkt bei. Die verschiedenen Formen atypischer Beschäftigung erfüllen dabei unterschiedliche Funktionen. In erster Linie senken sie Personalkosten, indem sie die Flexibilität in der Arbeitsorganisation erhöhen und niedrigere Löhne gezahlt werden können. Zeitlich befristete Arbeitsverträge dienen zum Teil der Vermeidung des allgemeinen oder tarifvertraglichen erweiterten Kündigungsschutzes, der mit (Entlassungs-)Kosten verbunden sein kann. Diese Vermeidungsstrategie wird angewendet bei zeitlich bzw. finanziell befristeter Projektarbeit, bei Vertretungen des Stammpersonals, bei wirtschaftlicher Unsicherheit oder Saisonarbeit. Zudem werden befristete Verträge als verlängerte Probezeit genutzt. Leiharbeit wird häufig zur Deckung bei Personalengpässen außerhalb der Kernbereiche von Unternehmen eingesetzt und kann zur Senkung der Lohnkosten beitragen." (Textauszug, IAB-Doku)
Cite article
Bellmann, L., Fischer, G. & Hohendanner, C. (2009): Betriebliche Dynamik und Flexibilität auf dem deutschen Arbeitsmarkt. In: J. Möller & U. Walwei (Hrsg.) (2009): Handbuch Arbeitsmarkt 2009 (IAB-Bibliothek, 314), p. 359-401.