Aktuelle Tendenzen der sektoralen und regionalen Beschäftigungsentwicklung
Abstract
"Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in Deutschland zwischen 1998 und 2006 um rund 3 % gesunken. Hinter dieser durchschnittlichen Entwicklungstendenz verbergen sich erhebliche regionale und sektorale Wachstumsunterschiede. Das Ziel dieser Untersuchung ist, die Bedeutung der Sektor- und Siedlungsstruktur sowie regionsspezifischer Standortbedingungen für die regionale Beschäftigungsentwicklung zu analysieren. Darüber hinaus sollen neue Erkenntnisse dazu geliefert werden, inwieweit sich branchenspezifische Lokalisationsvorteile auf das Beschäftigungswachstum in Deutschland auswirken. Und schließlich gehen wir auch der Frage nach, ob sich die sektorale Wirtschaftsstruktur der Regionen im Untersuchungszeitraum eher angeglichen hat oder eine Strukturdivergenz, also eine zunehmende Spezialisierung der Regionen festzustellen ist.<br> Die empirischen Befunde weisen darauf hin, dass die räumliche Struktur des Beschäftigungswachstums nach wie vor durch ausgeprägte Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gekennzeichnet ist. Erhebliche Ost-West-Disparitäten sind für das Beschäftigungswachstum ebenso wie für die Branchenstrukturen sichtbar. Diese Strukturunterschiede tragen neben ungünstigen regionsspezifischen Standortbedingungen zur schwachen Beschäftigungsentwicklung in Ostdeutschland bei. Allerdings lassen die Resultate unserer Regressionsanalyse vermuten, dass sich die Wirtschaftsstrukturen in Ost- und Westdeutschland langsam angleichen. Die Ergebnisse weisen weiterhin darauf hin, dass vor allem die Branchenstrukturen in den westdeutschen Agglomerationsräumen die Schaffung neuer Arbeitsplätze begünstigen. Diese Regionen sind auf Wirtschaftszweige spezialisiert, die sich zumeist dynamischer entwickelt haben als die Gesamtwirtschaft - dabei handelt es sich vorwiegend um Dienstleistungsbranchen. Zudem sind diese Branchen auch häufig durch einen positiven Spezialisierungseffekt gekennzeichnet, d.h. die Beschäftigung expandiert in diesen Wirtschaftszweigen vor allem an solchen Standorten besonders stark, für die bereits eine Spezialisierung festzustellen ist.<br> Die Resultate für die Regionen im norddeutschen Raum fallen sehr differenziert aus. Die Standort- und Siedlungsstruktureffekte sind in den meisten Regionen Schleswig-Holsteins positiv, während die Beschäftigungsentwicklung in Hamburg durch einen negativen Siedlungsstruktureffekt gedämpft wird. In Schleswig-Holstein und Hamburg existieren zudem recht gegensätzliche Wirtschaftsstrukturen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Beschäftigungsentwicklung. Während in Schleswig-Holstein in der Regel negative Beschäftigungsimpulse von der Branchenstruktur ausgehen, sind die Effekte in Hamburg positiv. Die Hansestadt profitiert sogar in doppelter Hinsicht von ihrer Wirtschaftsstruktur, weil sich sowohl Wirtschaftszweig- als auch Spezialisierungseffekt günstig auf die Beschäftigungsentwicklung auswirken. In den Regionen Mecklenburg-Vorpommerns fallen dagegen Branchenstrukturen, welche die Beschäftigungsdynamik dämpfen, mit negativen Siedlungsstruktureffekten und ungünstigen regionsspezifischen Standortbedingungen zusammen. Verschiedene Problemlagen bedingen im Nordosten des Bundesgebietes gemeinsam eine ungünstige Beschäftigungsentwicklung. Hoffnung auf eine nachhaltige Verbesserung des Brancheneffekts kann aus der festzustellenden Tendenz zur Strukturkonvergenz abgeleitet werden. Ungünstiger stellt sich die Situation bezüglich der negativen Siedlungsstruktureffekte dar, die vermutlich mit der sehr geringen Bevölkerungsdichte und der peripheren Lage zusammenhängen. Eine 'kritische Masse' und positive Agglomerationseffekte dürften daher vor allem im Osten Mecklenburg-Vorpommerns schwer zu realisieren sein. Aufgrund der demographischen Veränderungen steht zudem zu befürchten, dass sich diese Nachteile weiter verschärfen werden." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Cite article
Kowalewski, J. & Niebuhr, A. (2008): Aktuelle Tendenzen der sektoralen und regionalen Beschäftigungsentwicklung. (IAB regional. Berichte und Analysen. IAB Nord 01/2008), Nürnberg, 65 p.