IAB-Betriebspanel Ost: Ergebnisse der neunten Welle 2004
Abstract
"Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) führt seit 1996 jährlich eine Arbeitgeberbefragung in ostdeutschen Betrieben durch (IAB-Betriebspanel Ost). Ziel dieser Arbeitgeberbefragung ist es, aktuelle repräsentative Daten über die Beschäftigungsentwicklung und deren Bestimmungsgrößen in den neuen Bundesländern zu erhalten. Für Auswertungen in Ostdeutschland liegen für das Jahr 2004 Interviews von 5.585 Betrieben vor. Mit der Stichprobe wurden 1,4 Prozent der Betriebe mit 10,9 Prozent der Beschäftigten erfasst. Die befragten Betriebe repräsentieren die Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Ostdeutschland.<br> Investitionen: Während die Investitionsbereitschaft der ostdeutschen Betriebe in den letzten Jahren deutlich rückläufig war, ist diese im Jahr 2003 erstmals wieder gestiegen. Das Investitionsvolumen verzeichnete einen Anstieg, die Investitionsintensität stabilisierte sich. Nach wie vor liegt das Gewicht der Investitionen im produzierenden und speziell im verarbeitenden Gewerbe Ostdeutschlands unterhalb der westdeutschen Vergleichswerte. Die öffentliche Förderung ist mit einem Viertel des Investitionsvolumens eine wesentliche Finanzierungsquelle. Ihre zielgerichtete Fortsetzung ist eine Bedingung für die Wiederaufnahme und die Fortsetzung des Aufholprozesses.<br> Innovationen: Die Innovationsaktivitäten waren in Ostdeutschland in den letzten Jahren relativ stabil, der Anteil innovativer Betriebe liegt bei 42 Prozent (in Westdeutschland 43 Prozent). Jedes vierte ostdeutsche Unternehmen ist produktinnovativ. Organisatorische Veränderungen (Verfahrensinnovationen) spielen in fast jedem dritten ostdeutschen Unternehmen eine Rolle. Eindeutiger Schwerpunkt ist dabei die Verbesserung der Qualitätssicherung. Insgesamt haben Innovationen positive Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Kennziffern der Unternehmen (Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung, Höhe der Umsatzproduktivität und Exportquote). Dies trifft sowohl auf produktinnovative Unternehmen als auch auf Unternehmen mit Verfahrensinnovationen zu. Nach starken Einbrüchen Anfang der 90er Jahre befassen sich wieder 4 Prozent aller Unternehmen Ostdeutschlands bzw. 11 Prozent aller Betriebe des ostdeutschen verarbeitenden Gewerbes kontinuierlich bzw. zeitweise mit Forschung und Entwicklung (in Westdeutschland 5 bzw. 14 Prozent). Auffällig ist eine stärkere Konzentration der FuE-Kapazitäten im ostdeutschen verarbeitenden Gewerbe auf die kleinen und mittleren Betriebe (unter 100 Beschäftigte 56 Prozent). In Westdeutschland betragen die vergleichbaren Werte 20 Prozent. Ca. 90 Prozent der ostdeutschen Betriebe mit FuE haben Kooperationspartner in der Wirtschaft bzw. im Hoch- und Fachhochschulbereich (Westdeutschland 80 Prozent).<br> Löhne und Gehälter: Der Bruttodurchschnittslohn je abhängig Beschäftigten betrug im Juni 2004 in Ostdeutschland 1.760 EURO. Während zwischen Juni 1996 und Juni 2000 die Angleichungsquote gleich geblieben ist, wurde seit Juni 2000 die Differenz zwischen den Bruttodurchschnittslöhnen Ost- und Westdeutschlands wieder etwas größer geworden. Die Angleichungsquote lag im Juni 2004 bei 77 Prozent. Unter Berücksichtigung der längeren Arbeitszeit in Ostdeutschland beträgt die Angleichung sogar nur 72 Prozent. In Ostdeutschland zahlen nur 16 Prozent aller Betriebe mit Tarifvertrag übertarifliche Löhne und Gehälter (Westdeutschland 41 Prozent). Die Verbreitung dieser Zahlungen ist somit in westdeutschen Betrieben deutlich höher. Die durchschnittliche Höhe der übertariflichen Bezahlung bewegt sich sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland bei 11 bis 12 Prozent.<br> Tarifbindung: Die Tarifbindung ist in Ostdeutschland deutlich niedriger als in Westdeutschland. Während in Ostdeutschland jeder vierte Betrieb tarifgebunden ist (Branchen- bzw. Haustarifvertrag), ist es in Westdeutschland fast jeder zweite. Darüber hinaus orientiert in Ostdeutschland aber jeder dritte Betrieb an einem Branchentarif. Unter Berücksichtigung dieser Orientierung an Tarifverträgen erhalten in Ostdeutschland immerhin 72 Prozent aller Beschäftigten eine dem Tarif entsprechende Bezahlung (in Westdeutschland 84 Prozent).<br> Produktivität: Der Produktivitätsrückstand der ostdeutschen Wirtschaft gegenüber Westdeutschland ist nach wie vor beträchtlich. Allerdings hat sich der Produktivitätsrückstand - nach einer langen Stagnationsphase zwischen 1997 und 2002 - im Jahr 2003 verringert. Die ostdeutschen Betriebe erreichten 2003 65 Prozent der westdeutschen Werte. Bei einem Vergleich auf Vollzeitäquivalenten würden sich die Relationen aufgrund der längeren Arbeitszeit in Ostdeutschland um 4 Prozentpunkte verschlechtern. Die Zweig- und Branchenstruktur der ostdeutschen Wirtschaft ist durch einen zu hohen Anteil relativ wertschöpfungsarmer Betriebe gekennzeichnet. Rückstände in der Forschungs- und Entwicklungsintensität wie in der Exportquote stehen vor allem mit dieser Grundstruktur im Zusammenhang. Die Betriebsgrößenstruktur ist durch einen deutlich geringeren Anteil von Großbetrieben charakterisiert. Die Betriebe in westdeutschem und ausländischem Eigentum gehören zu den Hauptträgern der Wirtschaftskraft in den neuen Bundesländern." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Cite article
Bellmann, L., Dahms, V. & Wahse, J. (2005): IAB-Betriebspanel Ost: Ergebnisse der neunten Welle 2004. Teil 3: Innovationen im Betrieb, wirtschaftliche Lage der Betriebe. (IAB-Forschungsbericht 22/2005), Nürnberg, 93 p.