Liebst Du für mich oder für dich? Ehe und Familie aus dem Blickwinkel einer türkischen Migrantin
Abstract
Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen sind sowohl für Einwanderungs- als auch für Integrationsprozesse von Migrant/innen von erheblicher Bedeutung. Die Wirkung der Familie reicht von der Beeinflussung der Partnerwahl bis zur Bestimmung des Wohnorts und der Beeinflussung der Bildungs- und Berufswege der nachfolgenden Generation. In der im Mittelpunkt des Aufsatzes stehenden Fallrekonstruktion des Lebenslaufs einer in Mittelanatolien geborenen und später nach Deutschland zum Vater (einem frühen 'Gastarbeiter') migrierenden Frau wird eine solche wirkmächtige Beziehung zu den Eltern deutlich gemacht. In der Auseinandersetzung mit familiären Erwartungen und reglementierten Geschlechterrollen, in der Hinwendung zu einer strikten Religiosität, in einem weiteren freiwilligen Schulbesuch in Deutschland und schließlich durch die Beteiligung an einer Qualifizierungsmaßnahme lernt sie den Konflikt zwischen traditionaler Lebensführung und Autonomiebestrebung zu bewältigen. Die Vermutung, dass bei Migrantinnen größere Autonomisierungspotenziale angelegt sein können als bei Männern und sie sich auf lange Sicht eher von kulturellen Normen distanzieren können, auch wenn sie an einem traditionellen durch Familie und Mutterschaft geprägten Frauenbild festhalten, welche weiteren Transformations- und Identitätsbildungsprozesse sich in Migrantenfamilien vollziehen und welche langfristigen Auswirkungen diese auf die Prozesse einer Integration im Aufnahmeland haben, sind mit einem Forschungsansatz zu beantworten, der Migrationsprozesse aus einer familiensoziologischen Mehrgenerationenperspektive untersucht, für die der Beitrag plädiert. (IAB)
Cite article
Gellermann, J. (2014): Liebst Du für mich oder für dich? Ehe und Familie aus dem Blickwinkel einer türkischen Migrantin. In: S. Hering (Hrsg.) (2014 ): Werkstattberichte aus dem interdisziplinären Doktorandinnenkollegium 2010/2012 zu den Themen 'Biographie' und 'Familie/Elternschaft', p. 144-169.